Kinderarmut in Bonn
Diskussionsrunde will Aufmerksamkeit erzielen
Bonn - Dass die Zahlen seit Jahren auf einem erschreckend hohen Niveau sind,
will so recht keiner wahrhaben. Tatsache ist dennoch, dass 20 Prozent
aller Kinder – übrigens in Bonn sind es absolut 20.000 – arm
sind. Zu arm, um sich angemessen zu kleiden, zu ernähren, sich zu
bilden, kurz: Vernünftig in der Gesellschaft groß zu werden.
Dass dieser Prozentsatz seit Jahren unverändert hoch ist, und das
trotz aller im Laufe der Zeit immer wieder getroffenen
Gegenmaßnahmen, liegt vor allem daran, dass die Familieneinkommen
nicht angemessen sind. Die steigen nicht, die reichen nicht zum
Lebensunterhalt. Denn Kinderarmut ist gleich Familienarmut, wie Ulrich
Hamacher, Geschäftsführer der hiesigen Diakonie, weiß. Gemeinsam
mit anderen Meinungsbildnern stellte er sich einer Podiumsdiskussion
mit gut 100 Zuhörern im Woki.
Lösungsansätze sind nicht, Armut zu beklagen, sondern konkret etwas
zu tun, sagt Bonns Familiendezernentin Carolin Krause. Sie setzt sich
für eine verbesserte Schulausstattung und für mehr öffentliche
geförderte Wohnungen ein. Und dafür, dass etwa ein höheres
Kindergeld nicht dadurch aufgezehrt wird, dass es dem Hartz IV-Satz
gegengerechnet wird.
Fee Linke, die im Publikum die Podiumsdiskussion gespannt verfolgt,
ist Betroffene: „Als Alleinerziehende hat man es schwer“, sagt die
Mutter von zwei Kindern. „Erst musste ich einen Halbtagsjob
annehmen, weil ich mich um die Kinder kümmern musste. Und jetzt, wo
ich auf Vollzeit gehen möchte, bekomme ich nichts mehr, obwohl ich
studiert habe und alles dafür tue, wieder voll arbeiten zu gehen.“
Doro Schmitz, Grüne Stadträtin und Mitglied des städtischen Runden
Tisches gegen Kinderarmut, glaubt, einen Ausweg aus der Misere zu
kennen: „Wir brauchen eine Kindergrundsicherung.“
Die ist auch Thema auf dem Podium. Katja Dörner ist froh, dass die
Grünen im Bundestag nach langer Diskussion ein Konzept für eine
Kindergrundsicherung haben. Auch Carolin Krause ist dafür, merkt aber
an, das dieses Geld auch bei den Kindern ankommen müsse.
„Chancengleichheit“, so die Dezernentin, „werden wir nie
erreichen. Aber Chancengerechtigkeit ist ein erstrebenswertes
konkretes Ziel, auf das wir hinarbeiten können.“
Ulrich Hamacher wirbt derweil um eine Erhöhung bei den öffentlich
geförderten Wohnungen. Es werde, so der Diakonie-Mann, in Bonn viel
getan. Trotzdem sei das Ergebnis, wie zudem Moderator Markus Schnapka
anmerkt, „skandalös für eine so reiche Stadt wie Bonn.“
Zuvor hatte OB Ashok Sidharan die Bedeutung der Thematik hervorgehoben
und die positive Rolle des Runden Tisches der Stadt betont.
- Harald Weller
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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