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Ein Konvolut an guten Vorsätzen

Mein aktuelles Lieblingswort - Konvolut! Und weil ich gerade bei Lieblingswort bin. Einer meiner Lieblingssprüche ist ja auch: „Du gehst mir auf den Sack.“ Weil ich aber bis jetzt dachte, dass dieser Spruch nicht wirklich gesellschaftsfähig ist, dass es sich bei dem Sack um das Gemächt (auch so ein tolles Wort!) handelt, habe ich den Spruch nur in Ausnahmefällen benutzt und noch „auf den nicht vorhandenen“ hinzugefügt. Aber horch! Dieser Spruch stammt aus der Zeit, als es noch keine richtigen Türen gab. Stattdessen wurden Säcke vor den Türrahmen (der damals noch nicht so hieß) gelegt. Auf diese Sitte weist unter anderem der Ausspruch „Haben wir etwa Säcke vor der Tür?” hin. Witterungsbedingt wurden die Säcke natürlich auch nass und mussten getrocknet werden. Bei schönem Wetter legte der Hausbesitzer daher die Säcke in die Sonne. Die leeren Säcke wurden sorgfältig auf den meist kleinen Grundstücken ausgebreitet. Sie markierten auch die Grenzen zum Nachbargrundstück. Wenn nun jemand fremdes auf diese Säcke trat, hatte er damit schon die Grundstücksgrenze verletzt. Der Eigentümer des Hauses rief dann meist „Geh mir nicht auf den Sack!”, womit er zum Ausdruck brachte, dass der Fremde sich auf seinem Grundstück befand. Zudem waren die Säcke zu kostbar, als dass sie achtlos als Fußabtreter verwendet werden konnten. Wenn also heutzutage, wo es zum Glück anständige Türen gibt, jemanden sagt, dass ein anderer ihm nicht auf den Sack gehen soll, meint er damit, dass dieser ihn in Ruhe lassen soll. Meist hat dieser vorher durch sein Verhalten auch eine Grenze überschritten und fängt zu nerven an. - Weisse Bescheid, Schätzelein!

Ich war aber ja bei meinen Vorsätzen fürs neue Jahr. Deine Vorsätze kenne ich ja. Sport zum Beispiel. Da bietet dir das Werbeblättchen deines Lieblingsdiscounters (der ist ja nicht blöde, dein Lieblingsdiscounter, der kennt das ja mit deinen guten Vorsätzen). Und deshalb bietet der dir jedes Jahr im Januar sämtliches Sportgerät an. Obwohl der weiß, dass du vom letzten Jahr noch den Ruderergometer unausgepackt im Keller stehen hast. Das einzige, was du da an sportlicher Aktivität reingesteckt hast, war, selbiges Sportgerät erst einmal in den Keller zu wuchten, damit es nicht im Weg steht.

Oder auch so ein immer wiederkehrender Vorsatz von dir: fasten. Jedes Jahr dieselbe Prozedur. Im Januar fängst du an, wegen Vorsätze fürs neue Jahr und so – und schwächelst. Aber kein Problem, denkst du. Die zweite Möglichkeit, fastenmäßig einzusteigen, steht ja quasi schon mit dem moralischen Zeigefinger vor der Tür. Jetzt aber! Genau, die Fastenzeit. Und wenn du da den Einstieg verpasst hast, macht auch nichts. Denn aller guten Dinge sind bekanntlich drei: Ab jetzt zeigt dir die Bunte, wahlweise auch die Gala, wie du deine Bikinifigur in nur wenigen Wochen erreichst. Aber wenn du dich dann endlich durchgerungen hast, es mal mit dieser Diät zu probieren, stellst du fest, dass es bis zum Urlaub eh nur noch drei Wochen sind. Da lohnt es sich dann auch nicht mehr!

So, jetzt aber! Mein erster Vorsatz: Zum Thema Abtreibung werde ich erst einmal nichts mehr sagen, darüber ging es ja schon in meinem letzten Beitrag. Nur noch eins: Das Thema Abtreibung steht nach wie vor im Strafgesetzbuch, zwischen Mord und Völkermord. Das ist ein absolutes Unding! Dort muss es endlich raus!

Noch ein Vorsatz: Möglichst nichts mehr zum Thema Gendern schreiben. Nur noch eine witzige Geschichte. So las es sich in den Medien: Mit der Entscheidung, nur noch das sogenannte generische Femininum zu nutzen, will Rotenburgs Landrat Marco Prietz eine Debatte anstoßen. Regelmäßig müssen die allgemeinen Geschäfts- und Dienstvorschriften des Landkreises angepasst werden. Gemeinsam mit der Personaldezernentin Silke Fricke hat Landrat Prietz in dem Zuge beschlossen, dass es mit der rein männlichen Form nicht weitergehen könne. Denn mehr als die Hälfte der Beschäftigten in der Verwaltung und auch mehr als die Hälfte der Führungskräfte seien mittlerweile Frauen. "Mir sind Lesbarkeit und hohe Verständlichkeit wichtig. Deshalb bin ich kein Befürworter von Sonderzeichen. Auch immer beide Formen zu nennen, sorgt nicht dafür, dass man es besser versteht. Wir wollten daher nur eine Form nutzen." Personaldezernentin Silke Fricke sagt, die Resonanz der Belegschaft sei überwiegend positiv, vor allem von den Frauen in der Landkreisverwaltung. "Die fühlen sich nun besonders wertgeschätzt. Und alle Personen im Haus werden ja auch künftig weiterhin korrekt mit ihrem Geschlecht und ihrer dazugehörigen Amtsbezeichnung angesprochen." Hier gebe es also keine Probleme. In der Großen Straße in Rotenburg, der Fußgängerzone der Kreisstadt, wird die Entscheidung des Landrats mit gemischten Gefühlen zur Kenntnis genommen. Er lehne jede Form von Gendern ab, sagt ein älterer Herr. Eine jüngere Frau beklagt hingegen, der Vorstoß ginge nicht weit genug. Denn non-binäre Personen würden ausgeschlossen. Vielen aber ist das Thema schlicht egal, oder es ist ihnen zu hoch gehängt und politisch aufgeladen. Nicht zufrieden ist ausgerechnet der Landesfrauenrat Niedersachsen. Für die Vorsitzende Barbara Hartung ist die Nutzung der rein weiblichen Form zu unpräzise. "Man kann die Einführung des Femininums als Ausgleich betrachten, als ausgleichende Gerechtigkeit nach Jahrhunderten des generischen Maskulinums. Es könnte sein, dass Männer merken und nachfühlen können, wie es ist, wenn 'Mann' mitgemeint ist. Aber als generelle Regelung würden wir das nicht befürworten. Wir plädieren für eine geschlechtergerechte Sprache, wo Frauen und Männer sichtbar werden." - Die Landfrauen, wie witzig!

Wie viele Vorsätze müssen es eigentlich sein, damit ich von einem Konvolut sprechen darf? Sicherheitshalber noch zwei. Im neuen Jahr weniger Dubai-Schokolade essen und mehr lüften. Von beidem hätte ich ja nichts mitbekommen, wenn es Tiktok und Instagram nicht gäbe. Beide Themen gingen ja so was von viral. Ein wenig stolz war ich da schon auf uns, uns Deutsche, wie die Influencerin ihren amerikanischen Followern einmal das richtige Lüften erklärt hat. Die Vereinigten Arabischen Emirate und wir - viral auf gleicher Höhe, Wahnsinn!

LeserReporter/in:

Adelheid Bennemann aus Bonn

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