Eins für alle oder jeder eins?

Bei mir im Klassenraum macht sich ein Schülerhandy bemerkbar. Und es entspinnt sich folgender Dialog: "Fritz (nennen wir ihn Fritz), Fritz, mach dein Handy aus." Fritz pusselt am Handy: "Hab ich." Einige Sekunden später meldet sich sein Handy wieder. "Du solltest doch das Handy ausmachen." "Hab ich doch." "Kann nicht sein, ich höre es." "Ich habs aber auf lautlos gestellt." "Ich höre es aber." Fritz pusselt an seinem Handy herum. Sekunden später meldet sich das Handy wieder. "Fritz, dein Handy klingelt!" "Ich habs aber wirklich auf lautlos gestellt." "Fritz, dein Handy klingelt." "Ich habs aber auf lautlos gestellt." "Fritz, du schaltest dein Handy jetzt aus." "Hab ich doch, auf lautlos." (Fritz' Handy klingelt immer weiter.) "Du machst jetzt sofort dein Handy AUS!" "Hab ich doch." "Nein, hast du NICHT. Du behauptest, du hättest das Handy auf lautlos gestellt. Hast du aber nicht. Deshalb machst du es jetzt ganz aus." "Versteh ich nicht, lautlos ist doch aus." "NEIN, AUS IST OFF!" Dann ist die Stunde vorbei.

Und kürzlich habe ich mich mit einer Bekannten verabredet. Weil die aber noch nicht genau wusste, wann sie aus dem Büro kommt, habe ich das Handy angelassen. Als sie anruft, geht mein Traummann ran und reicht dann weiter an mich. Am anderen Ende die Stimme meiner Bekannten: "Warum, bitteschön, geht dein Mann an dein Handy?" Darauf ich: "Wir haben zu zweit nur eins." Darauf betretenes Schweigen am anderen Ende. Da wurde mir schlagartig klar: Mein Mann und ich sind die einzigen Menschen auf diesem Planeten, die sich ein Handy teilen.

Ich komm deshalb drauf, weil letzte Woche meine Tochter zu mir sagte, dass man sein Handy nie ausschaltet. Und klar, wo ich jetzt sechzig geworden bin, hab ich natürlich die nackte Panik, dass sich bei mir der Altersstarrsinn breit macht. Logisch, dass ich da jetzt nachgegeben habe. Ich vergaß zu erwähnen, die Diskussion kam nur auf, weil ich ihr abgelegtes Handy geerbt habe. Ja, und was soll ich sagen, mein Traummann und ich waren in der Stadt - mit dem Handy und in Geschäften, die es noch gab. Auch nicht selbstverständlich! Wie oft ich schon in die Stadt gefahren bin, auf dem "Stadtzettel" die ein oder andere Besorgung, und stehe dann vor einem neuen Fresstempel oder vor abgeklebten Schaufenstern, hinter denen gerade ein neuer Fresstempel eingerichtet wird.

Also mein Traummann und ich waren bei Deichmann, das Smartphone eingeschaltet in der Tasche. Und als wir uns einige Minuten später auf dem Marktplatz auf der Gebäudekante vom Görtz-Schuhladen so richtig gemütlich eingerichtet haben und eine Fischfrikadelle verkasematuckeln, macht's plötzlich Pling. Ich hol das Handy raus und schau aufs Display. Da fragt mich doch tatsächlich der Herr Google, wie es mir bei Deichmann gefallen hat! Hallo, geht’s noch? Es gab dann Aufklärungsgespräche mit meinem Betreuungspersonal, also mit meinem Traummann und meinen Töchtern. Das sei nun auch kein Weltuntergang, man könne nicht bei jeder Kleinigkeit alles grundsätzlich in Frage stellen. Überhaupt sei alles nur eine Frage der Einstellung - der Grundeinstellung am Smartphone, und die könne man ja so ändern, dass der Herr Google über meinen Aufenthalt im Dunkeln tappe. Langer Rede, kurzer Sinn: Ich trau dem Braten nicht. Ich schalte mein Handy lieber wieder aus.

Apropos Grundeinstellung. Meine ist ja nach wie vor die: Wenn ich draußen bin, also weg, bin ich weg. Was ja auch kein Wunder ist, wenn man bedenkt … Zeitreise, vor fast 50 Jahren: Eine Doppelhaushälfte in der Eifel, genauer gesagt, in Vussem, im Rosenweg. In der anderen Hälfte wohnt der Pastor mit seiner Haushälterin. Ich erinnere mich, dass meine Mutter sagte, ich solle mir beim Sonnen auf der Terrasse ein Bikinioberteil anziehen, ich wisse ja, wer neben uns wohnt. Damals habe ich schon als Teenager gedacht, soll der doch nicht rausgucken.

Was ich aber eigentlich sagen will, als ich im jugendlichen Alter war, also in der Pubertät, hing bei uns zuhause das Telefon an der Wand, fest (daher das Wort Festnetz!), im Wohnzimmer, an der Schnur! Es erübrigt sich, Gründe zu nennen, warum ich mit diesem Telefon gefühlt nie kommuniziert habe - während mein Vater vor dem Fernseher saß. Wie lange ist das her, als mehrere Menschen sich einen Festnetzanschluss teilten? Während heute jeder Mensch ein eigenes Handy hat. Wobei, ich höre ja immer mal wieder in den Medien, dass es auf dem Land (also in der Eifel?) Probleme mit dem Digitalen gibt. Ich stelle mir jetzt vor, dass ich immer noch in dem Haus wohne, der Festnetzanschluss im Wohnzimmer. Um mich herum die Nachbarn haben alle nur noch Handys und keinen Festnetzanschluss - und immer wieder keinen Empfang - auf dem Land, in der Eifel, im Tal, am Hang. Und dann stehen die alle bei mir Schlange, um zu telefonieren.

Apropos Smartphone. Neulich las es sich in meinem SCHAUFENSTER folgendermaßen: Welche Vorteile hat ein Smartphone? Die BEA lade zu dem Vortrag "Smartphone" ein, um alles Wissenswerte über sinnvolle Einsatzmöglichkeiten von modernen Steuerungssystemen im Haus zu erfahren. Aus welchen Gründen sollte man sich heute damit auseinandersetzen, die Wohnung oder das Haus - hallo, Konzentration beim Lesen! - als Smart Home zu gestalten oder zumindest "Smart Home-ready" zu machen? Welche Vorteile bringt die neue Technologie? Wie kann man konkret Wohn- und Lebensqualität, Sicherheit und effiziente Energienutzung verbessern? Was passiert mit meinen Daten? Im Anschluss an den Vortrag haben die Zuhörer ausführlich Gelegenheit, eigene Fragen zu stellen (welche auch sonst, wenn nicht die eigenen Fragen?) Dazu gab es die Abbildung eines Hauses im Querschnitt und um das Haus herum Piktogramme. Man sah eine Waschmaschine, einen Computer, eine Heizung und ein Garagentor. Gut, ich hätte da jetzt hingehen und Fragen stellen können. Da wäre dann aber außer mir keiner mehr zu Wort gekommen. Weil, wenn ich im Urlaub bin, warum sollte ich gerade dann Wäsche waschen oder das Garagentor öffnen?

LeserReporter/in:

Adelheid Bennemann aus Bonn

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