100 Jahre finnische Unabhängigkeit

Faszination Finnland

Bonn - Was macht einen Finnen finnisch? Zur Feier der 100-jährigen
Unabhängigkeit der Republik Finnland im Alten Rathaus ging es
indirekt wohl auch um diese Frage. 99 Prozent aller Finnen gehen
mindestens einmal pro Woche in die Sauna. Finnland gilt – je nach
Studie – als die zweitglücklichste Nation der Welt. Außerdem ist
es das Land, das die meisten Weltmeisterschaften ausrichtet, in für
Nicht-Finnen manchmal auch skurril anmutenden Sportarten. Spannend bis
kurios waren die Fakten, mit denen Riku Vogt, 1. Vorsitzender der
Deutsch-Finnischen Gesellschaft (DFG), die Feierlichkeiten eröffnete
und damit teils auch unter den zahlreich erschienen Finnen und
Finnlandkennern für Staunen sorgte.

Nach der Begrüßung durch Bezirksbürgermeisterin Angelica Maria
Kappel, die das grundsätzliche Ziel „voneinander zu lernen und sich
auszutauschen“ betonte, kam Finnlands amtierender Präsident Sauli
Niinistö zu Wort – mit einer Videobotschaft aus der Heimat.
Besonders gefühlvoll ging es nach den Grußworten mit den Musikern
von Uusikuu zu, die eigentlich für ihren Finnischen Tango Bekanntheit
genießen. An diesem Abend gingen Sie auf eine kurze Reise durch die
Jahrhunderte alte Volksmusik.

Merja Vogt (nicht verwandt mit Riku Vogt), eine der vielen Gäste an
diesem Abend, hat auf die Frage, was einen Finnen ausmacht, keine
Patentlösung. „Wie soll man das beantworten? Ich bin und bleibe
Finnin, nur mit der Muttersprache kann man sich genau ausdrücken.
Daher spreche ich mit meinen drei Jungs auch fast nur Finnisch“. Die
59-jährige arbeitet als Kundenbetreuerin und zog 1984 für die Liebe
nach Deutschland. Ihren Mann Gerd hat sie in Prag kennengelernt. Wohl
eher nicht typisch finnisch. Die Natur spielt für Merja eine große
Rolle: „Die Natur in Finnland, egal ob im Sommer oder Winter, ist
sehr wichtig, weil sie ganz anders ist als in Deutschland“.

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Finnische Sprache, Landschaft, Musik, Zufriedenheit – damit allein
lässt sich Finnland nicht zusammenfassen. So wurde der Abend auch
politisch, als im weiteren Verlauf der große Finnlandfreund Norbert
Blüm auf die Bühne trat. Zusammen mit Dr. Hartmut Krug, dem
stellvertretenden Vorsitzenden der Bonner DFG-Ortsgruppe, rief Blüm
die Bedeutung der Helsinki-Konferenz 1975 und die anschließende
Entspannungspolitik in Erinnerung. So war es mit ein großer Verdienst
der „Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa“
(KSZE), dass sich Finnland gegenüber der ehemaligen Sowjetunion
behaupten konnte und sich für Abrüstung im kalten Krieg eingesetzt
hat.

Und natürlich gab es auch private Anekdoten des ehemaligen
Arbeitsminister zu hören: In bekannt lockerem Ton erzählte Blüm von
seiner jahrzehntelangen Begeisterung für Land und Leute. Schon als
Pfadfinder habe er mit seiner späteren Frau Marita und im Laufe der
Jahre auch immer wieder mit den gemeinsamen Kindern das Land besucht
– mittlerweile bereits 38 mal. Bei seinen Erzählungen wurde den
Besuchern schnell klar, dass es Blüm die über große Teile
unberührte Natur Finnlands besonders angetan hat – sonst würde es
ihn mit seiner Frau nicht seit Jahrzehnten in das immer gleiche
Ferienhaus ziehen, „umgeben von Beeren und Bären“. Und natürlich
ist für Blüms eine Sauna unverzichtbar.

Die zahlreichen Gästen genossen die familiäre Atmosphäre an diesem
Abend, an dem nicht nur die Besonderheiten der finnischen Mentalität
im Mittelpunkt standen, sondern auch die Freundschaft zu Deutschland
gestärkt wurde. Was einen Finnen Finnisch macht, lässt sich
vielleicht nicht so einfach beantworten. Aber ein Ferienhaus an einem
von Finnlands 188.000 Seen und eine Sauna helfen vielleicht dabei, der
Antwort etwas näher zu kommen.

- Michael Thelen