Bürgerdialog zur Seilbahn
Fazit: Machbar und sinnvoll
Bonn - Kommt sie oder kommt sie nicht? Die Seilbahn auf den Venusberg ist bei
den Bonnern umstritten. Vehementen Befürwortern wie Wolfgang
Holzgreve vom Uni-Klinikum und den Anwohnern auf dem Venusberg kann es
nicht schnell genug gehen, bis sie endlich da ist. Andere haben
gewichtige Argumente dagegen. Sie zweifeln Zahlen an, argumentieren
mit mangelndem Umweltschutz.
Zur Objektivität des Verfahrens trug der jüngste Bürgerdialog in
Kessenich bei. Vor voll besetztem Saal trugen die seitens der Stadt
beauftragten Fachleute in Form einer Informationsveranstaltung vor,
was sie in Sachen Machbarkeit und Sinnhaftigkeit einer möglichen
Seilbahn herausgefunden haben.
Demnach gibt es grünes Licht für die geplante Bahn. Wobei man sagen
muss, dass es einen ausgearbeiteten Plan noch gar nicht gibt. Man
rechnet in Visionen, Szenarien. Das ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt
auch nicht anders möglich. Gegenüber früheren Planungen verfolgt
man nunmehr ein abgespecktes Konzept. Weil man gemerkt hat, dass man
eine so aufwändige Lösung wie beispielsweise in Koblenz für Bonn
gar nicht braucht.
Die Vorteile einer Seil-Bahn sind evident: Der Individualverkehr wird
verringert. Der übrige ÖPNV - sprich: Busse und Bahnen - wird
deutlich entlastet. Und der Weg hinauf zum Venusberg wird für den
Nutzer kürzer. Die Befürworter waren an dem Infoabend anscheinend in
der Überzahl: "Endlich passiert mal was in Bonn", sagte eine
Besucherin. Und vertiefte sich in die aushängenden Pläne. "Wir
sind dafür", schallte es aus einer anderen Richtung.
Wie auch immer, eine Verringerung des Aufwands beim Bau gegenüber
früheren Entwürfen senkt natürlich die zu erwartenden Kosten. Wenn
man ohne Rheinquerung auskommt und sich nur auf den Weg von der
Rheinaue vom/zum Venusberg beschränkt, reichen 20 Millionen Euro für
den Bau, so die Planer. Wobei zu berücksichtigen ist, dass das Land
NRW die zu erwartenden Kosten in Höhe von 90 Prozent trägt.
Wie geht's weiter? Am 22. Juni gibt es eine Diskussionsveranstaltung
mit den Bürgern. Dann antworten die Planer auf deren Einwände. Wo
das Treffen sein wird, ist noch offen.
Dann, wenn man bauen will, kommt es zur Planung. Dazu wird es einen
Stadtratsbeschluss geben. Wahrscheinlich im laufenden Jahr.
Anschließend erfolgt das Planfeststellungsvefahren. Das dauert, weil
auch hier Einwände zu berücksichtigen und eventuelle Klagen
abzuarbeiten sind, wohl um die zwei Jahre. Anschließend werden die
Gewerke für den Bau ausgeschrieben. Die ausführenden Firmen werden
ausgewählt. Und der Bau beginnt. Bauzeit gut 1 1/2 Jahre. Soweit die
Theorie. Selbst wenn die Einwände erfolgreich abgearbeitet werden
können: Bis die Seilbahn dann läuft, wird noch viel Wasser den Rhein
herunterlaufen.
Die Nordtrasse
Grundsätzlich weist die Analyse der Umweltaspekte einer Seilbahn auf
keine unüberwindbaren Hindernisse hin. Zunächst hatten die Gutachter
im Jahr 2016 neun verschiedene Verbindungsoptionen in zwei Korridoren
ermittelt und die dafür zu erwartenden Verkehrsmengen und
Entlastungseffekte berechnet. Einmal hinauf zum Venusberg und zum
anderen die Weiterführung über den Rhein nach Beuel-Ramersdorf. Zwei
Verbindungsoptionen – eine nördliche und eine südliche – sind im
Anschluss genauer untersucht worden. Da die Nordtrasse die verkehrlich
bessere wäre, hat das Experten-Team diese Variante durchgeprüft und
mit Kosten hinterlegt.
Für diese Trasse ergibt die Nachfrageberechnung ein Fahrgastpotential
zum Venusberg von ungefähr 7000 Fahrgästen pro Tag. Dieses könnte
durch weitere Maßnahmen - wie betriebliches Mobilitätsmanagement des
Universitätsklinikums sowie eine öffentliche Parkraumbewirtschaftung
- auf circa 9400 Fahrgäste täglich gesteigert werden. Durch die
Seilbahn würde somit eine Verkehrsentlastung auf der
Robert-Koch-Straße von mehr als 8 Prozent beziehungsweise knapp 20
Prozent erreicht werden. Das entspricht 1700 bzw. 4100 Fahrten am Tag.
1-S-Bahn mit 10er Kabinen
Die Gutachter sehen eine so genannte 1-S-Bahn vor. Diese bietet zehn
Personen Platz; alle 30 Sekunden könnte eine Kabine fahren. In der
Hochlastzeit ist sie mit einer Geschwindigkeit von bis zu 22
Stundenkilometern unterwegs, in der Schwachlastzeit langsamer. Eine
1-S-Bahn ist ausreichend, benötigt den geringsten Raum (eine 22 Meter
breite Gesamttrasse) und ist für bis zu 12.000 Fahrgäste pro Tag
dimensioniert.
Die Kosten
Die Investitionskosten auf der Seilbahn betragen für den ersten
Abschnitt "Bergstation Venusberg – Hindenburgplatz - Talstation am
neuen DB-Haltepunkt UN Campus" 19,5 Millionen Euro. Für den zweiten
Abschnitt "UN-Campus – Zwischenstation Rheinaue – Station
Ramersdorf" würden Investitionskosten von 22,3 Millionen Euro
anfallen. Die reinen Betriebskosten beziffern sich auf etwa 1,4
Millionen Euro für den ersten und 1,2 Millionen Euro pro Jahr für
den zweiten Abschnitt.
Unter Einbeziehung der Investitionskosten sowie von Fahrgelderlösen
und ohne Berücksichtigung zusätzlicher noch zu aktivierender
Potentiale erzeugt die Seilbahn ein jährliches Defizit in der
Größenordnung von einer Million Euro für den ersten Abschnitt bzw.
drei Millionen Euro für die Gesamtstrecke. Nach dem ÖPNV-Gesetz NRW
wäre eine 90-prozentige Förderung der Baukosten möglich. Dies
könnte das Defizit der Gesamtstrecke auf unter eine Million Euro
jährlich absenken. Der erste Abschnitt wäre dann wahrscheinlich
betriebswitschaftlich sogar ausgeglichen zu betreiben. Darüber hinaus
könnten Einsparungen im Busangebot umgesetzt sowie auf
Straßenausbauten verzichtet werden.
Reisezeit
Die Reisezeit wird bei einer Gesamt-Trassenlänge von 4,30 Kilometern
(Venusberg – Beuel) circa 12 bis 15 Minuten betragen. Die
vergleichbare Autostrecke von Beuel auf den Venusberg mit circa 10
Kilometern Länge ist bei einer Reisezeit von durchschnittlich etwa 30
Stundenkilometern außerhalb von Stauzeiten mit circa 20 min.
anzusetzen.
- Harald Weller
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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