Friedensforschung
„Frieden“ bleibt aktuell
Bonn (red). Das Zentrum für Historische Friedensforschung der Universität Bonn feiert Jubiläum: Am 26. Juni 2013 wurde es offiziell gegründet. Nun blickt das Zentrum schon auf ein Jahrzehnt erfolgreicher Forschung zurück. Und sein Thema könnte heute aktueller nicht sein.
Mit seiner durch die Universität Bonn zur Verfügung gestellten Infrastruktur dient das Zentrum für Historische Friedensforschung als Ankerpunkt für vielfältige Projekte zur Erforschung von Frieden und Sicherheit in der Geschichte. Das Zentrum wird durch den Lehrstuhlinhaber für Geschichte der Frühen Neuzeit und Rheinische Landesgeschichte, Prof. Dr. Michael Rohrschneider, geleitet und von einem wissenschaftlichen Beirat beraten und unterstützt. Das Zentrum setzt im Bereich der Historischen Friedensforschung die Arbeit der 2013 aufgelösten Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte e. V. fort und hat auch dessen Spezialbibliothek, ihren Mikrofilmbestand und eine umfangreiche Sammlung zeitgenössischer Presseberichte zum Westfälischen Friedenskongress übernommen.
Ein zentraler Friedensschluss der europäischen Geschichte
Noch heute ist der „Westfälische Frieden“ von 1648 ein gefragter Forschungsgegenstand, weiß Prof. Rohrschneider zu berichten: „Der Westfälische Frieden zählt zu den zentralen Friedensschlüssen der europäischen Geschichte und zu den Meilensteinen zur Bildung des neuzeitlichen Staatensystems und Völkerrechts.“ Vor dem Hintergrund fortwährenden Kriege und Konflikte in der gegenwärtigen Staatenwelt – etwa in Ukraine, Nahem und Mittleren Osten usw. – ist der historische Friedensschluss nicht nur ein Hoffnungssymbol, sondern auch als mögliches Vorbild für heutige Friedensstiftungsprozesse von Bedeutung. Prof. Rohrschneider sagt: „Er ist eine spannende Analysefolie in der Frage, wie es die Zeitgenossen früherer Jahrhunderte geschafft haben, nach scheinbar nicht enden wollenden Kriegen schließlich doch noch zu einem Friedensschluss zu gelangen.“
Das Zentrum hat in den vergangenen zehn Jahren vor allem die Editionsarbeit („Acta Pacis Westphalicae“) vorangetrieben und mit Veranstaltungen, Publikationen und Wissenschaftskommunikation dazu beigetragen, die Universität Bonn als traditionell starkem Standort der Historischen Friedensforschung fester in der wissenschaftlichen Community und interessierten Öffentlichkeit zu verankern. Dazu haben neue digitale Angebote wie „APW digital“ maßgeblich beigetragen, wie sie zusätzliche Perspektiven in Forschung, Lehre und universitärer Sammlung eröffnet haben. „Verwiesen sei in diesem Zusammenhang beispielsweise auf die aus dem ZHF hervorgegangenen Untersuchungen zu den vielfältigen kulturellen Facetten frühneuzeitlicher Friedenskongresse und -stiftung wie Sprache, Alltag, Fremdwahrnehmung, zeremonielle Fragen usw., die in hohem Maße interdisziplinär und international anschlussfähig sind“, sagt Prof. Rohrschneider.
Historische Dimensionen von Krieg und Frieden verstehen
Immer wieder wird der Leiter des Zentrums gefragt, was die Menschen von heute aus den Ereignissen von damals lernen können. „Die Erforschung des Westfälischen Friedens liefert uns zwar keine konkreten Rezepte und Werkzeuge zur Beilegung der Kriege und Konflikte der Staatenwelt des 21. Jahrhunderts, erlaubt aber mit dem Blick in das ,fremde‘ und ,ferne‘ 17. Jahrhundert, Krieg und Frieden sowie die entsprechende Übergänge und Mechanismen mit größerer Tiefenschärfe zu analysieren.“ Mit einem Bild bringt er es auf den Punkt: „Der Historischen Friedensforschung geht es nicht vorrangig darum, die über der Wasseroberfläche sichtbare Spitze des Eisbergs zu untersuchen und damit unmittelbar zur Konfliktlösung beizutragen. Vielmehr geht es ihr darum, die unter der Wasseroberfläche verborgenen Tiefenstrukturen ausfindig zu machen und somit zu einem besseren Verständnis der historischen Dimensionen von Krieg und Frieden beizutragen.“
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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