Gedenkfeier
Gedenkfeier an Reichspogromnacht am ehemaligen Synagogen-Standort
Bonn - (we) An die sogenannte Reichspogromnacht, die 1938 die Gewalt der
Nationalsozialisten und ihrer Schergen gegen Menschen jüdischen
Glaubens zum Ausbruch kommen ließ, erinnerten am 8. November wieder
zahlreiche Bonner am Standort der 1938 abgebrannten Synagoge am
Moses-Hess-Ufer. Seinerzeit bedeutete die auch so genannte
„Reichskristallnacht“ das Anzünden von Synagogen und den Beginn
einer Verhaftungs- und anschließenden Vernichtungswelle von
Zigtausenden Juden in Dachau. Die Synagogen aller Stadtteile wurden
damals in Bonn abgebrannt. Die Reichskristallnacht war damals
deutschlandweit.
Bürgermeister Reinhard Limbach legte einen Kranz nieder als
„Erinnerung und um Aufmerksamkeit zu erzielen“. Denn heute sei
erneut antisemitisches Gedankengut dafür verantwortlich, dass Juden
verfolgt und getötet würden. Yvonne und Susanna aus der 12 des
Hardtberg-Gymnasiums trugen den Gedenk-Kranz. „Wir finden es
wichtig, sich zu erinnern. Ich persönlich habe Geschichts-LK. Da
spricht man ohnehin ausführlich über die damalige Zeit. Sowas wie
damals darf sich nicht wiederholen“, meint Yvonne. Susanna sagt, sie
fühle sich schon berührt von den Verbrechen der damaligen Zeit,
obwohl sie natürlich keinerlei Schuld trifft.
Bedenklich stimmt alle Beteiligten die Zunahme antisemitischer
Strömungen. Jüdische Einrichtungen müssen wieder polizeilich
gesichert werden. Rechtspopulisten mäkeln und nörgeln. Das weckt die
Erinnerung an damals, als es auch nicht nur Nazis waren, die in die
Judenhetze einstimmten. Es gab viele Mitläufer, die ihre Hände
anschließend in Unschuld wuschen.
Wieder vor Ort war auch in diesem Jahr Michael Dallmann. Der
76-jährige hatte sich beim Bau des Hilton-Hotels auf den Grundmauern
der Synagoge vergebens für eine Gedenkstätte an gleicher Stelle
eingesetzt. 50 Meter von der heutigen Erinnerungsstätte entfernt
steht er auf der ehemaligen Ostmauer der Synagoge. Stumm. Ein
aufrechter Jude. Der nicht vergisst, was ihm die Bilder von damals
erzählen.
„Wehret den Anfängen“, mahnt auch Margaret Traub, die Vorsitzende
der jüdischen Gemeinde in Bonn. Sie zitiert aktuelle internationale
Vorkommnisse, die verstehen lassen, was viele der heutigen jüdischen
Bürger umtreibt: Angst.
Zumindest die knapp 100 Anwesenden der Feier waren sich einig, dass
viele aus der Geschichte nicht viel begriffen haben. Umso wichtiger
ist und bleibt es, die damaligen Geschehnisse im Gedächtnis zu
behalten und zu reflektieren.
Kantor Barry Mehler sang und betete den Kaddisch. Und die Anwesenden
blickten nachdenklich und still auf den Rhein.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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