Mythos zum Anfassen
Germanen: Eine archäologische Bestandsaufnahme im LVR-Museum Bonn

Foto: we

Bonn - (we) Man darf wieder - das LVR-Museum in Bonn besuchen. Mit einem
online gezogenen Ticket als Voranmeldung, aber unter Verzicht auf
irgendwelche Tests. Und bis Ende Juni eintrittsfrei. Nach langem
coronabedingtem Verzicht gibt es im Museum aktuell auch wieder was
neues Altes zu sehen: ‚Germanen - eine archäologische
Bestandsaufnahme‘ heißt die bis zum 24. Oktober 2021 währende
Ausstellung, die vor allem dadurch beeindruckt, dass sie nicht
beeindrucken im Sinne von Blenden will.

Der Titel „archäologisch“ besagt hingegen ganz richtig, dass man
sich in der Ausstellung auf Tatsachen kapriziert. Die sind
wissenschaftlich sauber, aber auch volkstümlich dokumentiert. Gezeigt
wird das, was jedermann versteht und was deshalb umso eindrucksvoller
belegt, was an der Geschichtsklitterung vergangener Zeiten Unsinn ist
und was nicht.

Fangen wir beim Begriff an: Die Germanen gab und gibt es nicht.
Gemeint sind immer einer Vielzahl von einzelnen Stämmen, die östlich
des Rheins und nördlich der Donau lebten. Das waren Stämme, die
nicht vom Export, sondern aus sich heraus lebten. Das mag man
‚Subsistenz‘ nennen, meint aber Selbstversorgung. Jede Familie
sorgte für sich selbst, lebte also von der Hand in den Mund. Es gab
wie immer Reiche, bei den germanischen Stämmen immer Bauern. Fürsten
hingegen oder ein glanzvolles Hofleben gab es nicht. Und die
Heldenverehrung, die wir aus Wagner-Opern oder aus düsterten Zeiten
der deutschen Geschichte kennen, die fand überhaupt nicht statt.

Erwartet man also eine Germania mit Flammenschwert, die mit wehenden
Haaren und Bündnisflagge mit vor Wut und Kampfeslust schäumenden
Walküren ihre Feinde gnadenlos niedermacht, dann erwartet man das
Falsche. Will man hingegen wissen, wie einzelne als germanisch
bezeichnete Stämme in ihrer kulturellen Vielfalt lebten, liebten,
arbeiteten und ja, auch wie sie kämpften, der ist richtig in der
LVR-Ausstellung.

Es ist absolut verblüffend, was etwa in Mooren an authentischen
Gegenständen bis heute erhalten und im Museum zu bestaunen ist. Die
als germanisch bezeichneten Stämme werden in all ihrer
Unabhängigkeit von Rom gezeigt. Selbstverständlich gab es vieles,
was von den Römern übernommen worden ist. Schließlich lebte man
quasi Tür an Tür. Dennoch bewahrten die Germanen ihre
Eigenständigkeit. Die Begriffe wie „Germania“ stammen aus der
römischen Geschichtsschreibung von Tacitus oder von Cäsar. Diese
beiden hatten allerdings vieles vor, nur nicht, die Geschichte neutral
und objektiv zu dokumentieren. Ihre Texte sind demnach mit Vorsicht zu
genießen.

Mit aller Vorsicht aber kann man sagen: Die Ausstellung „Germanen“
im LVR-Museum bietet mehr als nur ein paar alte zufällig zusammen
gewürfelte Gegenstände: Sie macht viel mehr deutlich, woher wir
Deutschen stammen, hilft also bei der eigenen Identifikation. Bezogen
auf die bewegte Geschichte vom 1. bis zum 4. nachchristlichen
Jahrhundert. Dazu gibt es eine lebendige und zeitnahe Dokumentration
per Video.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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