DM der Männerballette
Gestählte Kerle auf der Bühne
Bonn - Die „Tornados“ aus Rheinhessen fegten mit Action und Power über
die Bühne und ließen als Wikinger die Fäuste fliegen. Getanzte
Traumbilder vor spannenden Bühnenbildern der Pfälzer Ballettgruppe
„Gefühlsecht“, als sie zu Barbies Geburtstag und zeigten, wie es
aussieht „Wenn Wünsche fliegen lernen“. Fulminant und ästhetisch
das getanzte Märchen „Des Kaisers neue Kleider“, mit dem die
„Turedancer“ erstmals Deutscher Meister wurden und mit 1.300 Fans
bei der Siegerehrung die Nationalhymne sangen.
Gänsehaut pur bei den Zuschauern und vor allen Dingen bei den
Veranstaltern der 15. Deutschen Meisterschaft der Männerballette in
der Hardtberghalle. Sogar Arno Schatz, Karneval-Papparazzi aus
Leidenschaft, der gemeinsam mit Jürgen Klasen, Präsident der
„Durschlöscher“ in ihrer Eigenschaft Vorstände des Bundesverband
Deutscher Männerballette e. V. die besten Männerballette zum 6. Mal
in Bonn begrüßen konnte, hatte Tränen in den Augen.
Zwei Tage erlebten er und leider nur wenige Bonner rasierte,
muskulöse, gebräunte Unterschenkel in Sneakers statt behaarter
weißer Waden in Pumps. Sixpack- statt Waschbärbauch. Gestylte
Frisuren statt zotteliger Perücken und kunstvoll geschminkte
Gesichter statt Bartstoppeln aber aufgeklebte Wimpern. Professionell
Inszeniert und mit atemberaubenden Choreografie-Bildern in Szene
gesetzt.
Dynamik, synchrone Acts mit Akrobatik, Showeffekte in herrlich bunten
Kostümen sowie ganz viel Comic und Präzision wurden beim Finale der
besten 20 Gruppen gleichermaßen vorgeführt. Die siebenköpfige Jury
hatte Schwerstarbeit zu leisten, um die insgesamt 41 Auftritte
regelkonform zu bewerten.
Männerballette, im ursprünglichen Sinne für Auftritte in
Frauenkleidern oder als Mariechen gebucht, waren nicht anzutreffen.
Heute treten diese Gruppen, meist aus Karnevalsvereinen entstanden,
immer noch auf. Sie tragen jetzt viel Schminke, kreisen nur noch
selten mit den Hüften, hüpfen im Tutu auf der Bühne rum und machen
sich selbst zum Narren.
Die fantasievollen Männerballette, die erstmals 2002 in Bonn ihre
Meister ermittelten, legen Wert auf erstklassige Unterhaltung,
perfekte Show, beste Inszenierung und einmalige tänzerische
Leistungen. Die abwechslungsreichen Shows zeichnen die Wettbewerbe,
auch auf Landesebene, aus. Wie die Ergebnisse schon seit einigen
Jahren zeigen, war auch das aktuelle Teilnehmerfeld wieder
überwältigend und Unterschiede nur noch minimal zu registrieren. So
gab es insgesamt 21 Sieger.
Am Ende konnten die „Turedancer“ aus dem Frankenland als 1. Sieger
484 Punkte sammeln. Nur drei Zähler weniger gab es jeweils für das
„Männerballett Finsterwalde“ aus Brandenburg und die „Asseler
Schneeflöckchen“ von der Mosel, die punktegleich 2. Sieger wurden.
Letzter Sieger wurde das „Männerballett Suleiman“ mit 342
Punkten. Die Sieger wurden wie in jedem Jahr mit Auszeichnungen
belohnt, die von der Behindertenwerkstatt ZOAR Alzey als Unikate in
Handarbeit gefertigt wurden.
Aus NRW waren lediglich zwei Gruppen am Start. Das „Männerballett
Ihnetal“ aus dem Sauerland wurde mit 400 Punkten 15. Sieger und die
„Wild Boys“ aus Jülich 19. (377 Wertungspunkte).
Die Meisterschaft zeichnete sich vor allem durch das Miteinander unter
den einzelnen Tanzgruppen und dem Sportsgeist aus. Die Stimmung im
Saal kochte bei allen Auftritten und jede mitgereiste Fangruppe
unterstützte die gerade auftretenden Mitbewerber. Selbstverständlich
gab es auch den Fanpokal für die besten Fans. Mit einem Buddha wurden
die angereisten Fans der Pfälzer „Gassebuwe“ dekoriert, da sie
alle anderen mitrissen. Mit dem Jurypokal wurden die „Legendarios“
(12. Sieger) von der Jury geehrt. Für den eigenen Tanzstil, die
Freude an der Präsentation, des besonderen Humors und vor allem einer
hervorragenden Show & Unterhaltung wurde der Auftritt der Tänzer aus
Brandenburg entsprechend gewürdigt.
Die „Eichezeller Schreckschruwe“ erhielten den Freundschaftspokal.
Symbolich einen Beethovenkopf, da Musik und Tanz verbinden und den
Gewinnern somit ein Stück Bonn mitgegeben wird.
Es war vermutlich die letzte Meisterschaft, die in Bonn ausgetragen
wurde. Enttäuscht sind die Veranstalter über mangelnden Zuspruch der
Rheinländer. Reisen die Fans der Teilnehmer in Bussen und meist über
zwei bis drei Tagen an, oder nehmen am Finaltag Anreisen von bis zu
200 Km in Kauf, sind die Öffentlichen Verkehrsmittel in Bonn leer und
die Parkplätze vor der Hardtberghalle frei.
Eine Überlegung der Veranstalter, die DM in Zukunft aus der
Karnevalshochburg Rheinland in die Bundesländer zu verlegen, in denen
der Karneval nicht kommerziell sondern in seiner Urform gefeiert wird,
könnte die Folge sein.
- Helmut Müller
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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