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Kirche im Rheinland und in der Welt – „KURZ VOR 12“ im Kapitelsaal von St. Remigius

Informationsblatt zu „KURZ VOR 12“ | Foto: privat
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Die Veranstaltergemeinschaft „KURZ VOR 12“ 

Unter dem Titel „KURZ VOR 12“ wurde an sechs Samstagen jeweils um 11.55 Uhr „Provokantes und Inspirierendes in der Fastenzeit“ – so die Ankündigung – im Kapitelsaal von St. Remigius in der Bonner Brüdergasse präsentiert. Zur Veranstaltergemeinschaft der Reihe gehörten Jürgen Becker und Ulrike Dümpelmann (Brotfabrik), Oberbürgermeister a. D. Jürgen Nimptsch, Hubert Arnold (Ev. Kirchengemeinde Bonn-Beuel), Markus Karas und Sebastian Stiewe (Münsterpfarre/Stadtdekanat Bonn), Rainer Tigges (Aktion Neue Nachbarn Bonn) sowie Dr. Johannes Sabel (Kath. Bildungswerk Bonn).

Die Initiatoren der Reihe stellten die Frage, was Kirche, Kommune und Kultur mit dem „Rheinischen Grundgesetz“ und aktuellen Brennpunktthemen gemeinsam haben und luden dazu ein, es bei Musik, Kabarett und Gespräch herauszufinden.

Themen

Im Fokus standen vielfältige Themen von der Gestaltung der Gesellschaft und vom Mangel an bezahlbarem Wohnraum über Bildung, Billigfleisch, die Toleranz der Bonner gegenüber fremden Kulturen bis hin zur Kirche als Arbeitgeber. Dieser letzte Teil der Veranstaltungsserie in der Fastenzeit trug folgenden Titel: „Arbeitgeber Kirche – Von Nächstenliebe keine Spur?“ Der Frage nach ethischen Grundsätzen des zweitgrößten Arbeitgebers in Deutschland, der Kirche, gingen Jürgen Nimptsch und Prof. Friedhelm Hengsbach SJ nach. Der angekündigte Bundesminister a. D. Dr. Norbert Blüm war leider krankheitsbedingt verhindert. Markus Karas sorgte für den üblichen musikalischen Rahmen der „Kurz vor 12“-Reihe; er bot das „Rheinische Grundgesetz“ vertont dar.

Gastreferent: Prof. Friedhelm Hengsbach SJ

Der Jesuit Hengsbach (Jahrgang 1937), ehemaliger Leiter des Nell-Breuning-Instituts für Wirtschafts- und Gesellschaftsethik, sprach zunächst äußerst fundiert und im Frage/Antwort-Stil mit Jürgen Nimptsch vor den zahlreich erschienenen Gästen. Er beschrieb mit ein paar biografischen Eckdaten, wie es dazu kam, dass er seine Dissertation in den frühen 1980er Jahren über das Thema Vorrang der Arbeit („Die Arbeit hat Vorrang. Eine Option katholischer Soziallehre“) verfasste und zum ausgewiesenen Experten seines Fachgebiets wurde. Prof. Hengsbach erklärte, er habe sich über die Sonderrechte gewundert, die der Kirche in arbeitsrechtlichen Fragen durch das Bundesverfassungsgericht eingeräumt wurden...

Sonderrechte der Kirche kontra Gewerkschaft

Anhand von Fällen der neueren Zeit wurde aufgezeigt, wie die Kirche sich als Arbeitgeber verhält. Im Detail eingegangen wurde auf den Fall des Düsseldorfer wiederverheirateten Arztes, der über Jahre gerichtlich bis hin zum europäischen Gerichtshof verhandelt wurde. Der Arzt hat gewonnen. Die deutschen Bischöfe sind laut Hengsbach zurückhaltend damit, den Fall vor das Bundesverfassungsgericht zu bringen. In einem ähnlichen Fall habe die evangelische Kirche diesen Schritt unternommen. Es wurde diskutiert, inwiefern sich die Politik einschalten müsse was an gewerkschaftlicher Organisation innerhalb der Kirche möglich sei usw. Prof. Hengsbach sprach sich klar gegen das „Paralleluniversum der Kirche“ und für eine solidarische, gewerkschaftliche Vertretung aus.

Erzieherinnen, Krankenschwestern und Altenpflegerinnen in kirchlicher Beschäftigung – mehrheitlich sind eben immer noch Frauen in diesen Berufsfeldern tätig – sind bisher nur zu einem geringen Anteil gewerkschaftlich organisiert; dies war der Veranstaltung zu entnehmen. Dass die genannten Berufe zudem unterbezahlt sind, und die Kirche offenbar keine Notwendigkeit für eine Kooperation mit ver.di sieht, könnte meiner Meinung nach durchaus etwas mit einem tief im Katholizismus verwurzelten einseitigen Frauen- und Marienbild zu tun haben, nämlich mit dem der demütig dienenden Frau ohne Ansprüche. (Die Bibel zeichnet beispielsweise im Magnificat auch ein ganz anderes Marienbild, das Vorbildfunktion haben kann.)

Ist Veränderung möglich?

Damit sich in Sachen Arbeitsrecht etwas deutlich ändert, sei eine Rebellion von unten nötig; diese Position vertrat Prof. Hengsbach. Er sah kaum eine Möglichkeit dafür, dass die politischen Parteien sich dafür stark machen; der Schulterschluss zwischen kirchlichen und politischen Eliten sei vielfach zu eng. Die Wahrscheinlichkeit für Veränderungen auf juristischem Weg schätzte der Jesuit höher ein. „Kurz vor 12“ zeigte, dass der Komplex „Kirche als Arbeitgeber“ ein weites und nicht gerade triviales Feld ist.

Mit einer im Text abgeänderten Version des „Rheinischen Grundgesetzes“ wurde die Veranstaltung beendet. Eine Fortsetzung der Reihe „Kurz von 12“ in der ein oder anderen Form ist nicht ausgeschlossen.

(dcbp, 17.04.2019)

LeserReporter/in:

Damiana C. Bauer-Püschel aus Bonn

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