BENNEMANNs BLOG
Mehr raus als rein!
Wo ich ja neulich bei der Dubai-Schokolade war. Dass ich das noch einmal erleben würde! Ich weiß nicht, wie lange das her ist, als es noch kein Amazon gab, dreißig Jahre? Und dann bot neulich das Werbeblättchen meines Lieblingsdiscounters Selbige feil: Bis zu 60% sparen. Hol dir die Dubai-Schokolade! Tiefpreis-Highlight, 100-g-Packung 4,29 €. Ich mich also wie vor 30 Jahren in aller Frühe mit dem Rädchen aufgemacht, mich gewundert, dass die Straße in Richtung Lieblingsdiscounter nicht schon verstopft war. Komm da um 10 vor acht an, kein Mensch auf dem Parkplatz. Auch keine parkenden Autos, in denen je mindestens fünf Menschen hätten warten können. Ich sichere mir einen Einkaufswagen und stehe als Erste in der Schlange – und als Einzige. Okay, als um acht die Tür aufgeht, stehen hinter mir dann doch noch ein paar Kunden, aber das Feeling, es als Erste in den Laden geschafft zu haben, fehlt. Und dann weiß ich nicht, wo ich das Produkt meiner Begierde suchen soll. Es gibt ja mittlerweile eine Fülle von Sonderposten. Nachdem ich etwas herumgeirrt bin, rufe ich quer durch den Laden in Richtung Kassiererin: „Wo gibt es denn die Dubai-Schokolade?“ Darauf sie: „An der Kasse!“ Und da habe ich erstmals wieder dieses Gefühl von vor vielen, vielen Jahren. Richtig, damals gab’s das richtig Wertvolle, das Limitierte auch nur an der Kasse.
Damals waren Wochen der Recherche vorausgegangen. Was müsste ein Notebook alles haben, um in die engere Wahl zu kommen? Die Eckdaten waren gesammelt und dann war es soweit: Aldi hatte Notebooks und sie erfüllten alle Anforderungen. Alles war von langer Hand geplant und jetzt in der Endphase sollte nichts mehr schief gehen. Ich als professionelle Barzahlerin hatte genügend Bargeld im Portemonnaie. Das Auto war voll getankt, der Zweitwecker gestellt. Nichts wurde dem Zufall überlassen. Am Abend vorher wurde noch mal die Vor-Aldi-Stehzeit festgelegt. Das war ja immer so eine Gewissensfrage. Übrigens nicht nur im Aldi-Schlangen-Stehbereich. Auch wenn du für die Alternativkarnevalssitzung im Pantheon Karten haben wolltest, musstest du dir ein Zeitlimit setzen. Jetzt aber nicht nach hinten, sondern nach vorne. Denn sind wir mal ehrlich, auf der 100% sicheren Seite warst du nur, wenn du bereits ab Mitternacht vorm Aldi Wegelagerei betrieben hast. Das kam für mich persönlich jetzt aber nicht in Frage. Ich entschied mich für eine Nachtruhe von sieben Stunden. An diesem Morgen würde ich mir die Haare nicht waschen, auf Schmuck verzichten und Schuhe mit Klettverschluss anziehen. Das Einzige, worauf ich nicht verzichten wollte, war der Lippenstift. Auftragen des Lippenstifts, der schon strategischerweise am Vorabend in die Manteltasche gesteckt wurde, würde an der ersten roten Ampel stattfinden. Ich würde nur geringfügig abbremsen, sollte ein Fußgänger Anstalten machen, den Zebrastreifen zu überqueren. Ich würde für mich persönlich kurzfristig das Tempolimit von 50 (damals waren es noch 50, heute sind es 30!) auf 80 anheben. Und alle, die davon nichts mitbekommen hätten, würden mit Hilfe von ein ganz klein wenig Lichthupe zur Seite abgedrängt werden. Kurz gesagt, halb acht war machbar! Um Punkt halb acht biege ich also in den Aldi-Parkplatz ein. Hurra, meine Strategie hat sich gelohnt. Ich bin die Erste, habe die Qual der Wahl, aus welcher Einkaufswagenreihe ich meinen rausrupfe, und stelle mich vor die Eingangsglastür. Ganz entspannt verbringe ich die nächsten Minuten - vollkommen alleine. Um kurz vor acht trudeln dann immer mehr Leute ein. Mutig, mutig kann ich da nur bewundernd sagen. Die Nerven möchte ich haben. Da geht auch schon die Türe auf, und ich stürze mit meinem Einkaufswagen auf die erstbeste Verkäuferin zu und fordere fragend ein Notebook. Sie dreht sich ganz ruhig um, um mir mit einem Lächeln im Gesicht zu sagen: „Notebooks? Die gibt es morgen - an der Kasse."
Ich war ja aber neulich bei meinem Lieblingsdiscounter wegen der angesagten Dubai- Schokolade. Habe auf dem Weg zur Kasse noch zweimal Klopapier, à acht Rollen, in den Einkaufswagen geschmissen, weil Klopapier geht ja bekanntlich immer (wenn nicht zum Eigenbedarf, dann als Währung, quasi Zahlungsmittel auf dem Schwarzmarkt). Und bekam dann eine Packung Schokolade. Ich geb zu, die Freude hielt sich in Grenzen. Weil, weder vor mir noch hinter mir interessierte sich jemand für Selbige. Und da merkst du schon, wie primitiv der Mensch, im Speziellen ich, gestrickt ist. Die eine Sache ist die, dass du eine Tafel bekommst, aber die andere Sache ist die, dass der hinter dir keine mehr bekommt, weil du eben schneller warst! Und dann kam ich nach Hause, wie gesagt, die Freude hielt sich so was von in Grenzen, und mein Göttergatte teilte mir mit, dass es bei Lidl auch Dubai-Schokolade gab.
Was soll ich sagen, alles hat seine Zeit. Die Schlangen vor Aldi und, wo ich doch gerade bei Klopapier war, offensichtlich auch mein SCHAUFENSTER aus Papier. Schon lange hat keins mehr in meinem Briefkasten gelegen. Und so fühle ich mich ab und an schon ein wenig von der Außenwelt abgeschnitten. Und komm mir altem Menschen nicht mit E-Paper. Was soll das, E und Papier passt nicht zusammen, schließt sich geradezu aus!
Wo ich aber gerade bei Papier bin, bei echtem Papier: Was ich bei meinem SCHAUFENSTER an Papier vermisse, habe ich auf der anderen Seite zu viel an Papier. Und da hatte ich bis zum Ende des Jahres die Challenge am Laufen, mehr raus als rein zu tragen. Noch am Silvestertag lag ich mit einer knapp vorne – bis nachts vor der Haustür wieder eine stand. Ja, mein Göttergatte sieht das genau wie du – einfach wegschmeißen! Kann ich aber nicht! Deshalb habe ich in 2024 jedes Mal, wenn es darum ging, eine Flasche irgendwelchen Inhalts zu verschenken, daran gedacht. Okay, ich gebe zu, es gab weit häufiger weihnachtliche Motive, was in den Sommermonaten bei den Beschenkten erstaunte Blicke hervorrief. Aber Hauptsache, ich hatte sie aus den Füßen. Ich vergaß zu erwähnen, wovon die Rede ist, oder ahnst du es schon? Genau, ich spreche von den Flaschen-Geschenktaschen.
LeserReporter/in:Adelheid Bennemann aus Bonn |
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