Ausstellung
Modernes Mittelalter

Foto: Harald Weller
39Bilder

Bonn - Unter dem Titel „Ritter & Burgen“ lädt das LVR-Museum noch bis
zum 25. August 2019 zur Zeitreise in die Ära von Rittern und
Burgfräuleins ein. Dabei kommt das Mittelalter mit modernster
Digitaltechnik daher. Sie ist hier ausschließlich Mittel zum guten
Zweck und nicht Selbstzweck für Computer-Nerds. Sie hilft
verblüffend einfach zu zeigen, wie es damals war. So wechselt die
Burgherrin wie von Zauberhand per Wischtechnik das Kleid, schon kann
man mittels einer Lanze den Tjost reiterisch ausfechten. Oder sich
eine Burg per virtuellem Rundgang fotorealistisch bauen. Ach ja: Alte
und neue Haushaltsgeräte tauchen täuschend echt auf. Und wer wissen
will, wie unsere Altvorderen ihr Rheuma behandelt haben, findet alle
möglichen Kräuter und kann sie zuordnen. Ein Schwert schmieden kann
man auch. Und zwar so gut digital aufbereitet, dass man wirklich das
Gefühl hat, ein echtes Schwert geschmiedet zu haben und in den
Händen zu halten. Höfische Tänze kann man ebenfalls nachtanzen. Und
ebensolche Musik spielen und komponieren.

„Die Ausstellung ist für Leute von 3 bis 99 plus“, ist
Ausstellungsleiter Lothar Altringer selbst ganz begeistert vom
Gezeigten, das ruck zuck zum Ausprobieren führt. Bevor er schnell zum
„Bullenreiten“ muss und sein Geschick beim Tjost beweist, indem er
per Lanze elektronische Ziele wegschießt, erzählt er noch schnell,
dass neben dem spielerischen Lernen ohne erhobenen Zeigefinger einige
mittelalterliche Originale gezeigt werden. Das Erlebnis des
Mittelalters vermittelt sich naturgetreu durch die sieben Themeninseln
mit 32 Mitmachstationen. Dazu gibt es noch eine liebevoll aufgebaute
Kinderspielfläche mit Burgen und kriegerisch aussehenden
Herrschaften. Aber die Gewalt steht gar nicht im Vordergrund. Das ist
vielmehr der Alltag. Welche Kleidung trugen die Leute im Mittelalter.
Wie schmiedet man? Was war eigentlich mit der Landwirtschaft? Wie
funktioniert die damals geübte Dreifelderwirtschaft? Keine Angst, es
ist die erste Ausstellung, die wir sehen, bei der nicht nur behauptet
wird, sie funktioniere ohne erhobenen pädagogischen Zeigefinger. Hier
stimmt das tatsächlich.

Spielerisch und mit steigender Neugier ist man Teil der
mittelalterlichen Welt. Auf einmal will man wirklich wissen, wie so
ein Schwert geschmiedet wird. Und wie das geht mit dem Tanzen.
Faszinierend, wie die Technik hier Werkzeug der Vorstellungskraft ist.
Übrigens auch und gerade auch für die Vorstellungskraft von Kindern,
die mit einem umfangreichen Rahmenprogramm verwöhnt werden. Aber auch
ohne Programm ist das Mittelalter Programm genug. Die Ausstellung ist
in Bonn zum ersten Mal aufgebaut. Zuvor war sie in Den Haag zu sehen.
Mit einer Vielzahl von Museen und Partnern ist sie realisiert worden.
Und wer einmal die Zofe mit der Satanshaube gesehen hat, vergisst sie
nie wieder. Versprochen!

Jede Station hat einen elektronischen Guide. Das ist mal ein Ritter
nebst Burgherrin, die Händlerin, ein Spielmann, ein Handwerker, ein
Mönch oder der Bauer. Und die führen in ihre Themenwelten ein. Das
Konzept ist deshalb so gut, weil man sich vollständig selbst in der
Welt des Mittelalters bewegt. Das Zusammenspiel von virtueller Welt
und realem Erleben verschwimmt. Kurzum: Ein klasse Konzept, ein
überlegtes und intelligentes Zeigen des Mittelalters, das
offensichtlich nicht nur sinister Gestalten wie Raubritter und
Wegelagerer hervorbrachte. Ob man zur damaligen Zeit hätte leben
wollen? Keine Ahnung, aber die Entscheidungen beispielsweise in einem
Dorf wurden per Gespräch getroffen. Man versammelte sich und sprach
über die Probleme. Eine frühe Form der Demokratie? Das ist sicher zu
hoch gegriffen. Aber die Menschen der damaligen Zeit lassen den
Besucher von heute an ihrem Leben teilhaben. Man merkt gar nicht, dass
und wie man staunt. So sehr ist man damit beschäftigt, das richtige
Kraut gegen Rheuma zu finden...

Mehr Informationen gibt es unter
www.landesmuseum-bonn.lvr.de.
Man kann die Ausstellung beispielsweise als Kindergeburtstag buchen.
Sie ist Erwachsenen aber ebenso uneingeschränkt zu empfehlen.
Wissenschaftlich exakt im Anspruch und hoch modern in der Ausführung.
Da sollte sich jedermann erschließen, wie es denn so war: Das
Mittelalter.

Infos kompakt

Rheinisches Landesmuseum Bonn
Colmantstraße 14-16, 53115 Bonn
Öffnungszeiten
Di bis So: 11 bis 18 Uhr
Sa: 13 bis 18 Uhr

Eintrittspreise:
Erwachsene 8 Euro
ermäßigt & Studenten 6 Euro
Kinder & Jugendliche bis 18 Jahre kostenlos

#alleartikel

- Harald Weller

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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