BENNEMANNs BLOG
Offenhörlich geht’s mit der Drau bergab

Wo ich letztens wieder bei meinem Lieblingsdiscounter war: Der bot für Kleinkinder UV-Schutzkleidung an. Quasi ein Ganzkörperkondom bestehend aus Oberteil, Radlerhose und Cap, 83% Polyamid, 17% Elasthan an. Mein spontaner Gedanke: Da hat der kleine Schatz definitiv in Zukunft keine Probleme mit Hautkrebs. Und Apfelschnitze wird es auch keine mehr brauchen. Dafür muss es sich aber auch nie wieder konzentrieren. Der kleine Schatz ist nämlich in der Sommerhitze an einem Hitzschlag gestorben.

Wo ich gerade bei Kleinkindern bin. Ich komm deshalb drauf. Ich sag nur Innichen. Du weißt, eins meiner Lieblingsthemen: der Mensch und sein E-Bike. Mein Traummann und ich sind ja jetzt im Sommer, wenn es mal gerade nicht regnet, wieder viel mit dem Rädchen unterwegs. Apropos Regen. Ich weiß nicht, ging es dir in den letzten Monaten auch so? Entweder hast du Unkraut gezupft oder du hast dich mit der Machete zu deinem Hauseingang vorgekämpft. Ich habe jedenfalls noch nicht wirklich oft im Garten tiefenentspannt einfach mal so rumgesessen. Entweder es hat geregnet oder es musste der Rasen gemäht werden. Was ich aber eigentlich erzählen wollte. Wir waren in Österreich und sind dort den Drauradweg entlang gefahren. Das nette Städtchen Lienz liegt an der Drau. Dort haben wir ein paar Tage verbracht und Sternfahrten gemacht. Einmal entlang der Isel, einem Gletscherfluss. Und dann natürlich entlang der Drau. Was wir vorher nicht so auf dem Schirm hatten: Wir würden von Lienz aus Richtung Toblach nach Italien radeln. Was wir auch nicht wussten. Für den Italiener ist Österreich ein günstiges Urlaubsland. Mein Göttergatte und ich brechen ja immer früh auf und so überquerten wir gegen 10:00 Uhr mit unseren Rädchen die Grenze und kamen nach Innichen und Toblach, unserem Ziel. Und nun zurück, so was hatte ich noch nie erlebt. In den Sommermonaten machen sich täglich bis zu 8500 Italiener von Toblach und Innichen Richtung Lienz auf (nur damit du mal eine Vorstellung hast: Lienz hat nur knapp 12.000 Einwohner). Viele mit E-Bikes, die sie in diesen beiden Städtchen mieten, weil es retour hoch geht.

Und jetzt stell dir einen normal breiten Fahrradweg vor! Ein Schauspiel bot sich uns für ömsöns: Da radeln jetzt Menschen, die zuvor noch nie auf einem E-Bike, vielleicht sogar noch nie auf einem Fahrrad, gesessen haben. Die sind so damit beschäftigt, sich mit der Maschine auseinanderzusetzen, dass die aber so was von nicht auf andere achten können. Frauen und Männer sitzen teilweise auf Rädern, die ihnen viel zu groß, viel zu klein sind. Und überhaupt, das Thema Sattelhöhe wird sowieso absolut überbewertet. Männer machen lauthals ihre Frauen lang, weil sie zu blöde sind, spontan mit der neuen E-Bike-Schaltung zurechtzukommen. Fahrradhelme werden nicht geschlossen, weil eh schon geschwitzt wird wie Sau in dieser sengenden Hitze. Und dann die Kinder, die Kleinkinder. Ein klitzekleiner Junge auf einem klitzekleinen E-Bike. Die Pedalen drehen sich rücksichtslos, die Beinchen kommen nicht hinterher, die Schienbeine schon lädiert. Armer Junge, wirst du sagen. Oder geht es ihm trotzdem immer noch besser als zwei anderen Kleinkindern? Ein Vater hat an seinem E-Bike einen Kinderfahrradanhänger. In dem sitzen offenhörlich zwei kleine Kinder. Sehen tust du sie nicht unter der Plane, dafür hörst du sie aber lauthals brüllen. Kein Wunder, es ist sehr heiß und dann kannst du dir vorstellen, wie heiß es in dem verschlossenen Teil ist. Quasi Zelt. Und da bin ich wieder beim Thema Sonnenschutz. Dieses Problem haben die beiden jetzt gerade nicht. Die haben eher ein anderes Problem. Ich sag nur Hitzschlag. Was so witzig an der Situation ist (entschuldige bitte, dass ich das Leid der Kleinen gerade mal ausblende), was so dermaßen urkomisch ist. Du hast den Eindruck, dass den Papa das Leid seiner Brut gar nicht interessiert, weil der so was von mit der Schaltung seines E-Bikes beschäftigt ist.

Wo ich gerade bei Kindern bin. Also dieser Job hätte mich so was von interessiert. Da las es sich folgendermaßen: Jobs +Ausbildung im Wildpark Schwarze Berge - Spielplatzaufsicht (520 € - Basis m/w/d). Wir suchen ab sofort eine Spielplatzaufsicht (m/w/d) auf 520 €-Basis. Wenn Du mindestens 18 Jahre alt bist … Ich sagte schon, genau das Richtige wäre das für mich gewesen. Zumal es neulich in den Medien hieß: Work-Life-Balance - Warum zu viel Freizeit auch nicht gut ist. Mehr Freizeit macht nicht automatisch glücklicher, berichtet das Wissenschaftsmagazin „Spektrum“. Ganz im Gegenteil: Wer zu viel Freizeit hat, ist unzufrieden. Das zeigt eine Studie eines Forschungsteams der University of Pennsylvania, die im „Journal of Personality and Social Psychology“ veröffentlicht wurde und über die Spektrum berichtet. „Für diejenigen, die unglücklich sind, weil sie zu viel zu tun haben, ist die Antwort nicht, alle ihre Verpflichtungen aufzugeben“, schreiben die Forschenden in der Studie. Die Ergebnisse deuteten darauf hin, dass es ebenso unglücklich mache, den ganzen Tag frei zu haben.

In den Sommerferien total nichts zu tun? Ist nichts für mich. Da wäre das der passende Ferienjob für mich gewesen. Hätte gleichzeitig zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Hätte zu einem Mikroprozent auf die Erziehung kommender Generationen einwirken können. Was es bei mir zum Beispiel nicht geben würde: diesen Bällebad-Blödsinn. Du weißt, was ich meine? Bei Ikea kannst du deine Brut im Kinderparadies, im Bällebad, parken, wenn du das willst oder die Brut das will. Wie oft aber habe ich durch den Lautsprecher gehört: Der kleine Torben - setze einen Namen deiner Wahl ein - möchte bitte von seiner Mama abgeholt werden. So was gäbe es bei mir auf dem Spielplatz nicht. Eine Stunde Minimum ohne Wenn und Aber. Und keine Apfelschnitze. Und wenn die Frida dem Mirko vors Schienbein tritt, Pech gehabt. Und wenn du zu klein bist, um dich allein auf die Schaukel zu setzen, kannst du halt nicht schaukeln.

LeserReporter/in:

Adelheid Bennemann aus Bonn

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