Medinetz
Seit 15 Jahren helfen die Mitglieder von MediNetz kostenlos Patienten
Bonn - Sie kümmern sich um die, die durch das Raster des sozialen Netzes
gefallen sind: Das sind zum Beispiel Menschen, die trotz Ablehnung
ihres Asylantrags hier in Deutschland geblieben sind. Gemeint sind
nicht die sogenannten EU-Ausländer. Sondern die vielen Gestrandeten,
denen keiner hilft. Auch diese Menschen werden krank. Ohne
Krankenkasse sind die Gesundheitsvorsorge und -fürsorge aber rasch am
Ende. Unser gesamtes Wirtschaftssystem baut darauf, dass Dienstleister
für ihre Leistungen bezahlt werden. Das gilt selbstverständlich auch
für Ärzte.
Guter Rat ist also teuer. Es sei denn, man wendet sich an das MediNetz
Bonn. „Wir haben in Bonn und Umgebung etwa 90 Ärzte, die ihre
Leistungen für Menschen ohne Papiere kostenfrei erbringen“, sagt
Ulrich Kortmann, Geschäftsführer des gemeinnützigen Vereins, der
mit 15 Aktiven und ebenso vielen Passiven die Geschäfte von MediNetz
führt. „Wir sind ein allgemein anerkannter Verein, haben schon
viele Preise gewonnen. Und wir sind in eine Lücke gestoßen. Um
unsere Klientel kümmert sich außer uns kein Mensch. Warum man ohne
Asyl und weitere Legitimation in Deutschland bleibt, kann viele
Ursachen haben, zum Beispiel die Angst, Zuhause verfolgt zu werden.
Oder der Wunsch, in Deutschland das Geld zu verdienen, das die Familie
im fernen Heimatland braucht.“
Die Ursachen für den Bedarf an Geld, etwa für einen
Krankenhausaufenthalt, sind dieselben wie bei einem
Krankenversicherten: „Da sind Schwangere, die ein Kind bekommen. Das
kostet, vielleicht mit Kaiserschnitt, zwischen 3000 und 5000 Euro.
Ganz normale Krankheiten kommen hinzu. Oder auch psychische Probleme.
Rechtliche Probleme, etwa für das Asylverfahren, werden angesprochen.
„Wir bieten für Betroffene einmal wöchentlich eine Beratung in der
Heerstraße 205, im Oscar Romero Haus. Montags von 17.30 Uhr bis 19
Uhr. Und vermitteln gegebenenfalls weiter zu Fachleuten.“
Momentan kommen die meisten Betroffenen aus den Philippinen und aus
Lateinamerika. 2018 kamen 200 Patienten zur Beratung. Die Anzahl der
Fälle beträgt durch Mehrfachbehandlung rund 5000. Die Hälfte der
etwa 4000 in Bonn und Umgebung vom Nichtvorhandensein von Papieren
Betroffenen sind weniger als vier Jahre hier, die andere Hälfte zum
Teil länger als zehn Jahre.
Die größte Ungerechtigkeit besteht nach Meinung von MediNetz darin,
dass es für ihre Klientel keinen anonymen Krankenschein gibt. NRW
hinkt da hinterher. In Thüringen und Niedersachsen gibt es ihn
bereits. Der anonyme Krankenschein ist eine rechtliche Krücke, mit
der Menschen ohne Papiere das Recht auf eine ärztliche Behandlung
erwirken. „Das Recht auf eine ärztliche Behandlung ist ein
Menschenrecht“, sagt Ulrich Kortmann, der übrigens nichts gegen
Geldspenden für seinen Verein hat. „Dafür gibt es auch eine
Spendenbescheinigung.“ Den Jubiläumsabend zum 15-Jährgien
verbrachten die MediNetzer im Haus der evangelischen
Studierendengemeinde Bonn.
- Harald Weller
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.