Dorothea von Stetten Kunstpreis 2018
Und? War da was?

Masar Sohail (rechts) freut sich zusammen mit seinen Freunden über den Dorothea von Stetten-Preis. | Foto: rth
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Bonn - Der 18. Dorothea von Stetten Kunstpreis ist vergeben. Masar Sohail
konnte den mit 10.000 Euro dotierten Preis aus den Händen von Johan
Holten, Intendant der Kunsthalle Baden Baden und Mitglied der
entscheidenden Jury, für seinen Beitrag „The Republik of T.M.“ in
Empfang nehmen.

In diesem Film zeigt er die Bestrebungen eines jungen Mannes aus
seiner individuellen, aus der aufgrund von sozialer Ausgrenzung als
negativ empfundenen Situation, auszubrechen, um „irgendwann und
irgendwo im strukturellen Aufbau eines politischen Systems“
anzukommen, wie es der Intendant des Kunstmuseums Bonn, Prof. Dr.
Stephan Berg, in seiner Rede anlässlich der Preisverleihung
erläuterte. Dieser Wunsch nach Teilhabe an einer Gemeinsamkeit wird,
so die Begründung von Johan Holten und der Jury, auch dokumentiert
durch die „vielen kulturellen Referenzen von Brian de Palmas
‚Scarface‘ bis hin zu Mark Twains ‚Huckleberry Finn‘“. Die
weitere Begründungen wie visuelle Opulenz, hohe technische
Fertigkeit, kongruente narrative Struktur sollten eigentlich
Voraussetzung für eine Nominierung zu einem solchen Preis sein.

Masar Sohail wurde 1982 in Bukarest geboren und studierte von 2003 bis
2009 Bildende Kunst an der Royal Danish Art Academy. Zusammen mit
Amalie Smith und Amitai Romm vertrat Sohail die junge dänische
Kunstszene beim diesjährigen Dorothea von Stetten Kunstpreis.

Der Preis, der jungen Künstlern vorbehalten ist, wurde vor 35 Jahren
etabliert, als es jungen Künstlern kaum möglich war, sich in
namhaften Kunsteinrichtungen zu präsentieren. Diese Situation hat
sich zwischenzeitlich relativiert und eine Vielzahl von
Kunsteinrichtungen stellen jungen Künstlern
Ausstellungsmöglichkeiten zur Verfügung - nicht zuletzt auch die
benachbarte Kunst- und Ausstellungshalle. Deshalb, so Berg, und
aufgrund der fortschreitenden Globalisierung und der damit
einhergehenden Schnelligkeit der Datenübertragung besteht heute eine
vollkommen geänderte Rezeption der Kunst zur Verfügung, die jedoch
das unmittelbare Erlebnis vor dem originalen Kunstwerken nicht
ersetzen kann.

Paradox ist darüber hinaus die Tatsache, dass trotz aller technischen
Möglichkeiten kaum einer Kenntnis hat von den jeweiligen
Kunstbestrebungen, die junge Künstler in den benachbarten Staaten von
Deutschland haben. So entschied man sich, den Dorothea von Stetten
Kunstpreis in einen europäischen Rahmen zu stellen. Standen in diesem
Jahr dänische Künstler im Mittelpunkt, so waren es in den Jahren
zuvor Künstler aus Tschechien und den Niederlanden.

Ein Gremium von Fachleuten schlägt eine Anzahl von Künstlern für
den Preis vor. Eine davon unabhängige Jury ermittelt dann aus diesen
Vorschlägen die Preisträger, die dann die Möglichkeit erhalten,
einen Raum in Städtischen Kunstmuseum „zu bespielen“, wie es
kunstkritisch-neudeutsch heißt.

Amalie Smith schuf mit ihrem Beitrag am Beispiel des technischen
Fortschritts in Bereich der Weberei einen interessanten Einblick in
die Vernetzung der Welt. Ausgangspunkt ist die von J. M. Jacquard,
Seidenweber in Lyon, 1805 entwickelte Lochkartensteuerung der
Webstühle, bei der die Kettfäden mit Hilfe dieser Lochkarten gezielt
einzeln gehoben und gesenkt werden konnten und somit erlaubten,
großflächige gemusterte Stoffe zu weben. Von diesem Ausgangspunkt
einer Vernetzung der Fäden spinnt sie ihren Gedanken fort über die
Telefonie und Telegrafie, wo die „Fräuleins vom Amt“ die Fäden,
also die Leitungen verbunden und somit eine flächendeckende
Verbindung - Vernetzung - herstellten, bis hin zur leider von ihr
nicht zu deutlich gekennzeichneten, weitergehenden vernetzten
Gegenwart. Ein im Grunde interessanter Ansatz, der leider an einer
ziemlich biederen visuellen Präsentation leidet und von der man auch
etwas mehr als Wikipedia-Erläuterungen und vor allem etwas mehr
„Power“ erwartet hätte angesichts der Brisanz der sich zeigenden
Gegenwart.

Amitai Room zeigt in seinen Beiträgen Funktionsweisen organischer
Stoffwechselsysteme anhand eines großformatigen Objektes, das seltsam
isoliert zur benachbarten Installation zweier an menschliche Körper
erinnernden Figuren steht, die mittels Schlauchverbindungen Substanzen
aufnehmen oder absondern. Eine rätselhafte Installation, die fordert.
Ganz im Sinne von Dorothea von Stetten: „Man muss sich mit dem Neuen
auseinandersetzen, muss sich den Zugang erkämpfen - es ist nichts
umsonst.“ (Zitiert nach: Dorothea von Stetten: Man muss sich mit dem
Neuen auseinandersetzen. Thomas Kliemann, General Anzeiger Bonn,
9.4.2008)

Die Ausstellung der Preisträger ist bis zum 30. September im
Kunstmuseum Bonn, Museumsmeile, Friedrich-Ebert-Allee 2, 53113 Bonn,
zu sehen.

Weitere Infos unter
kunstmuseum@bonn.de
Öffnungszeiten:
Samstag und Sonntag: 11 - 18 Uhr
Montag: geschlossen
Dienstag: 11 - 18 Uhr
Mittwoch: 11 - 21 Uhr
Donnerstag und Freitag: 11 - 18 Uhr

U-Bahn 16,63, 66, Bus 610, 611, 630: Haltestelle Heussallee.
Regionalbahn: Haltestelle Bonn / UN-Campus 

- Rolf Thienen

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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