Saaldiener bei der Stadt Bonn
Uwe Scherer war 38 Jahre "die gute Seele im Ratsaal"
Bonn - (red) Kaum jemand hat so viele Geschichten und Anekdoten über die
Stadtverwaltung und den Rat auf Lager wie Uwe Scherer. 38 Jahre war er
Saaldiener bei der Stadt Bonn und für die Bewirtung der
Stadtverordneten zuständig. Dabei war Scherer immer die treue Seele
des Ratssaales. „Es hieß immer: Wenn man nicht weiter weiß, fragt
man Scherer“, erzählt der 62-Jährige. Nun verabschiedet er sich
Ende März in den Ruhestand.
Ausgebildet zum Kellner hat Scherer zunächst im Steigenberger Hotel
gearbeitet. Auch im Kanzlerbungalow hat er Gäste bedient. Gemeinsam
mit Loki Schmidt schaute er Nachrichten, während Bundeskanzler
Schmidt in Besprechungen saß. Der Liebe wegen schlug er dann aber
einen anderen Berufsweg ein. „Wenn man eine Familie gründen will,
ist die Hotelarbeit nichts. Man arbeitet an Wochenenden und an
Feiertagen“, erklärt Scherer. Für seine Frau Monika wechselte er
1978 zu den Stadtwerken und fuhr drei Jahre die Stadtbahnen 1 und 2 -
heute die 61 und 62. Bevor er dann 1981 ins Stadthaus wechselte.
„Mir hat der Umgang mit Menschen gefehlt. Die Stelle des Saaldieners
war genau richtig für mich.“ Wenn dienstags, mittwochs und
donnerstags Ausschüsse und der Rat tagen war Scherer immer dabei. Ein
Insider und auch Geheimnisträger: „Wenn ich in den Raum komme,
hört keiner auf zu reden.“ Auf Etikette und Höflichkeit legt
Scherer großen Wert. „Da bin ich von der alten Schule. ‚Bitte‘
und ‚Danke‘ sagen ist wichtig.“ Stets arbeitete er in Anzug und
Krawatte.
Scherer ist eine rheinische Frohnatur und direkt in seiner Art. „Ich
bin wat heimatverbunden,“ sagt der bönnsche Jung über sich selbst.
In Pützchen aufgewachsen, lebt er heute in Vilich-Müldorf. Auch
hätte der Ruhestand nicht passender kommen können: Vergangene Woche
ist Scherer zum ersten Mal Großvater geworden. Mit seiner Ehefrau
plant er für Ende April eine Tour durch Portugal mit dem Wohnmobil.
Mit dabei sein Motorrad. Außerdem restauriert er gerne alte Möbel,
das nächste Projekt ist ein Kinderhochstuhl.
Der Kontakt mit den Stadtverordneten und Kolleginnen und Kollegen
werde ihm fehlen, so Scherer. Und auch die offizielle Verabschiedung
am Donnerstag wird für ihn schwierig: „Ich bin gerne überall
dabei, aber ich stehe nicht gerne im Mittelpunkt.“
Gefragt, an welche Situation er sich besonders erinnert, erzählt
Scherer vom ersten Einzug der Grünen in den Rat der Stadt Bonn. Auf
Socken und mit Gitarre seien die neuen Stadtverordneten in den Saal
gekommen. Auch erinnert es sich noch gut daran, als Hausbesetzer aus
dem Florentiusgraben in einer Ratssitzung Farbbomben geworfen hätten.
Langweilig war der Job als Saaldiener nicht. „Ich habe mich immer
gekümmert, auch wenn ich vielleicht streng genommen nicht für alles
zuständig war.“ Denn für ihn ist Dienen eine Berufung.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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