Auf die Socken!
VFG hilft mit Aktion gegen kalte Füße
Bonn - Das Haus Sebastian ist die Notunterkunft der Stadt Bonn nach dem
Ordnungsbehördengesetz. Betrieben wird es vom VFG, dem Verein für
Gefährdetenhilfe. Der feierte sein Herbstfest. Und hatte die Bonner
Bevölkerung um Socken für die kalte Jahreszeit für ihre Klientel
gebeten. Derjenige, der die Socken im Hof des Hauses Sebastian
aufgeleint hatte, ward anschließend nicht mehr gesehen – er wird
unter einer Sauerstoffmaske vermutet... Mehr als 500 Paar warme Socken
waren angekommen.
„Wunderbar, die Aktion. Und die Bonner, die gegeben haben“, meint
Susanne Fredebeul vom VFG. „Sie haben gestrickt, gekauft, gemacht,
getan. Nicht nur eine Oma ist hier hergekommen und hat ihr
Selbstgestricktes gespendet.“ Die Spendenschlange riss nicht ab.
Auch während des Herbstfestes kamen Wohlmeinende mit Ware. Die wird
dringend gebraucht. Wie Herrenschuhe im Übrigen auch. Denn jetzt,
wo‘s kalt wird, ist es gesundheitsgefährdend, ohne Schuhwerk und
warme Füße herumzulaufen. Und die Kundschaft des Hauses Sebastian
besteht aus Wohnungslosen.
„Wir haben hier rund 50 Unterkünfte für unsere Gäste“, sagt
Einrichtungsleiter Michael Heidekorn. Der Aufenthalt ist nicht
zeitlich befristet. Gleichwohl sind hier überwiegend „Drehtürer“
zu Gast. Das sind Menschen, die nur vorübergehend an einem Ort
bleiben können. Weil sie Angst haben vor Gemeinschaft. Oder weil sie
es nicht aushalten. Oder ... oder ... oder. „Leute, die wohnungslos
oder mittellos sind, haben einen Anspruch auf unsere Hilfe“, so
Michael Heidekorn. Nur wenige der Bewohner wollen sich therapieren
lassen. Das könnten andere Stellen des VFG außerhalb des Hauses
Sebastian erledigen. Die Krankenkasse würde, so vorhanden, zahlen.
Aber viele wollen das nicht. Sie wollen so leben, wie sie eben leben.
Die Gründe dafür sind vielfältig. Familiäre Dramen stehen oft im
Hintergrund. Oder Schulden. Oder Einzelschicksale, die jemanden haben
ins Suchtverhalten abgleiten lassen. Andere schaffen es, aus der
Drogenhölle zu entkommen. Weil sie das wollen. Und eine Therapie
wahrnehmen. „Wir versuchen auch, die Bewohner in feste Wohnungen zu
vermitteln“, verrät Susanne Fredebeul. „Aber erstens gibt es viel
zu wenig finanziell erschwingliche Wohnungen. Und zweitens wollen
unsere Leute das vielfach nicht. Weil sie in der neuen Wohnung einsam
sind.“
Zur Drogensucht hinzu kommt häufig eine psychische Erkrankung. Das
betreute Wohnen, ebenso im Angebot des VFG, erscheint als sehr
sinnvolle Lösung aus dem Dilemma zwischen Suchterkrankung und
Wohnungslosigkeit. Die Anzahl der Übernachtungen signalisiert, dass
das hier behandelte soziale Problem mitnichten gelöst ist: Im
letzten Jahr hatte der VFG 28.000 Übernachtungen, nach 25.000 und
22.500 in den Jahren zuvor. Und: Es gibt bis heute keine bundesweite
Erfassung der Wohnungslosen. Man weiß also gar nicht, wie groß das
eigentliche Problem ist. Sondern stochert im Nebel.
Kein Vorwurf aber trifft die Bonner: „Wenn wir einen Aufruf über
Facebook starten, erleben wir immer eine riesige Resonanz“,
konstatiert Susanne Fredebeul. Das gilt für Socken ebenso wie für
andere Spendenaufrufe. Wie gesagt, es fehlen Herrenschuhe ...
- Harald Weller
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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