Fulminante Ordensverleihung

Von Mäusen und Menschen

Bonn - Andreas Etienne, Chef der Springmaus, wusste offenbar schon im
Vorfeld, was die närrische Glocke geschlagen hatte: Schmunzelnd
begrüßte er die mehr als 200 Gäste zur Verleihung des Mäuseordens
per Handschlag. Die bislang eher gediegene Veranstaltung mit jeder
Menge gesetzter Honoratioren, geriet diesmal außer Rand und Band. Das
war vor allem den Ordensträgern zu verdanken. Und wohl auch den
Gästen, die sich entgegen der sonstigen Gepflogenheiten nicht nur aus
den Kreisen verdienter Bürger einschließlich der politischen und
närrischen Repräsentanten der Stadt rekrutierten, sondern viel eher
die bunte lebendige Kulturlandschaft Bonns repräsentierten.

Klasse, wie locker, frisch und nachgerade ausgelassen fröhlich eine
närrische Ordensverleihung sein kann. Wenn es sich bei den
Ordensträgern um solch unkonventionelle Typen wie die NRW-Kultus- und
Wissenschaftsministerin Isabel Pfeifer-Poensgen, den Bonner
Generalmusikdirektor Dirk Kaftan und die Theatergemeinden-Vorsitzende
Elisabeth Einecke-Klövekorn handelt. Pfeifer-Poensgen hatte den
ganzen Saal sofort auf ihrer Seite, als sie naturgemäß mit launigen
Worten eine Lanze für die Bonner Kultur brach. Sie hatte Stadt- und
Landmäuse mitgebracht und versprach reichlich pekuniäre Mäuse für
die Förderung der Kulturlandschaft.

Den Vogel schoss allerdings Dirk Kaftan ab. Eingeführt von einem
kongenialen Laudator, dem Brings-Drummer und gebürtigen Bonner
Christian Blüm, überzeugte er in jeder Hinsicht mit seinem
Redebeitrag als Eifel-Bauer. Auf seine Herkunft anspielend genügte
seine Performance jedem professionellen Anspruch. Genüsslich nahm er
das Kulturtreiben in Bonn auf die Schippe, verschonte den
Kulturbetrieb selbst nicht von einer gesunden Ironie und brachte den
ohnehin schon gut gelaunten Saal zum Brodeln. Das hatte keiner
geglaubt, dass Dirk Kaftan ein überwältigendes komödiantisches
Talent dieser Größe hat. Den Mäuseorden allerdings erhält er für
seine unkonventionelle und unprätentiöse Art, klassische Musik ans
Volk zu bringen und jeden elitären Anspruch ad absurdum zu führen.
Die Ministerin zuvor erhielt den Orden dafür, dass sie sich mit
Vehemenz und Geschick für die Kultur einsetzt und sie nicht als
unterhaltsam, sondern als sozialpolitisch wirksam versteht. Elisabeth
Einecke-Klövekorn schließlich überzeugt mit spitze Feder jederzeit,
wenn es um die Verteidigung kultureller Positionen geht.

Und so war die diesjährige Veranstaltung geprägt von intelligenter
Unterhaltung, gepaart mit Fröhlichkeit und Tiefsinn. Das aktuelle
Prinzenpaar Thomas I. und Anne-Christin I. machte mit seinem Auftritt
für viele Besucher das Glücksgefühl vollkommen. Eingeladen hatte zu
der Veranstaltung neben dem Festkomitee Bonner Karneval das Haus de
Springmaus und da Euro Theater Central, das einst den Mäuseorden
erfunden hatte als Ehrung für unkonventionelles Denken. Ein solches
Denken wird auch vonnöten sein, um das verdiente Haus vor dem
Untergang zu retten, weil die städtischen Zuschüsse bald wegfallen
und Geschäftsführerin Ulrike Fischer mit dem Haus ums Überleben
kämpft. Wenn die Verleihung des Mäuseordens eines vermochte, dann
war es, Optimismus zu verbreiten. Möge das dem Euro Theater Central
zum Erfolg gereichen. 

- Harald Weller