LVR-Museum
Warum liegt die Zahnbürste im Museum?
Bonn (we). Sie sind angetreten, zu erklären, warum die Dinge so waren wie sie waren. Deshalb zeigt das Team des LVR-Museums Bonn in seiner in dreijähriger Arbeit neu aufgebauten Dauerausstellung mit eigenen Depotgegenständen den Zusammenhang zwischen den Dingen, die die Welt bewegen. Damals und heute. Und sogar ein Ausblick in die Zukunft ist Gegenstand der Schau, die versucht, Antworten zu finden. Nicht nur zeigen, sondern denken, so könnte die neue Losung heißen. Damit definiert das Haus Dasein und Selbstverständnis von heutigen Museen neu. Und das ist spannend.
„Wir stellen fest, dass unsere Besucher heutzutage wissen wollen, warum etwas geschah.“ Und wissen wollen, wie es weitergehen könnte. Das bloße Präsentieren von Gegenständen reicht eben nicht mehr, entdeckt die Leiterin des Ausstellungswesens im Museum, Alexandra Käss, die Zukunft im eigenen Hause. Mittels moderner Methoden nähert man sich dem sperrigen Sujet, nämlich der „Welt im Wandel“, wie die Ausstellung anspruchsvoll titelt. Mitmachaktionen sind der große Hit, damit man ausprobieren kann, was ansonsten recht anonym an der Wand hängt. Panels und Tastinstrumente lassen die Schau für alle erlebbar machen, ob mit Behinderungen beschwert oder nicht. Alt und Jung finden ihre Medien, um das sich gemeinsam mit der übrigen Welt vom Mittelalter bis zur Gegenwart verändernde Rheinland zu fühlen und schließlich zu begreifen. Auch die praktische Arbeit der Museumsbediensteten findet erstmals ihr Echo im Museum: Restaurationsarbeiten werden am praktischen Beispiel vorgeführt.
Und aus all dem soll man dann bitte die eigenen Schlüsse ziehen, wie denn wohl die künftige Zeit sein wird. „Zurück in die Zukunft“ könnte man sagen, also aus den Ereignissen der Vergangenheit in die Zukunft schauen. Wie haben die Menschen der Vergangenheit auf Herausforderungen reagiert? Wie werden die Menschen in Zukunft agieren, um leben und ggf. überleben zu können?
In drei Abteilungen haben sich die Ausstellungsmacher*innen alle Mühe gegeben, um diesem Anspruch mit viel Fantasie zu genügen. Was bleibt, ist die Reflexion. Ist das wirklich so gewesen, wie es die Schaugegenstände glauben machen wollen? Und das Schöne daran: Die Ausstellung lässt dem Betrachter die eigene Meinung, schwingt nicht den pädagogischen Zeigefinger der Besserwisser. Und das ist gut so: Schließlich soll es Menschen geben, die behaupten, aus der Vergangenheit habe noch niemand etwas gelernt.
In drei Abteilungen sollen die Museumsbesucher in die Lage versetzt werden, Antworten zu finden auf die drängenden Fragen der Gegenwart. Das sind ganze Zeiträume, in denen Ereignisse stattfanden. Vom Mittelalter bis in die vermutete Zukunft reicht das Angebot der Schau, die auf 1.200 Quadratmetern präsentiert wird. Dazu gehören auch Alltagsgegenstände wie eine Zahnbürste, damit man den Bezug zur Realität nicht verliert. Schließlich gab und gibt es nicht nur edle Fürsten, die auch gezeigt werden. Es gab und gibt immer noch mehr Normalos als solche, die sich für Edelmenschen halten. Auch das zeigt das Museum.
Das LVR-Museum ist auf dem Weg, die Jetztzeit zum Gegenstand musealer Inhalte zu machen. Geradezu mit liebevoller Akribie zeigt es auf, was wie geschah und geschieht. Vor allem aber, warum die Dinge so sind wie sie nun mal sind und vielleicht sein werden – alles ohne musealen Ballast. Es mag nicht alles gut sein, was neu ist. Gelungen aber ist die Ausstellung allemal. Und wer nicht genug bekommt von den neuen alten Zeiten: Die neue Ausstellung ist nur der erste Teil der Dauerausstellung. Der zweite folgt im nächsten Herbst.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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