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Was für ein Award - der European Funeral Innovation Award!

Foto: Adelheid Bennemann
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Hätten wir den auch durch, den November. Und das ist auch gut so. Weil, im November kommt es ja schon immer gefühlsmäßig ziemlich dicke mit Volkstrauertag, Buß- und Bettag und Totensonntag, alles durch, geschafft. Aber ich bin ehrlich, dieses Jahr habe ich bei meinen Friedhofsausflügen nicht nur an die Toten gedacht (oder, dem Genitiv zuliebe, der Toten gedacht), sondern vor allem an Marketing, und zwar an verdammt gutes! Hieß es doch in meinem SCHAUFENSTER unter der Überschrift "Der letzte Fußabdruck soll grün sein" folgendermaßen: "Dem Unternehmen aus Bonn gelingt mit seinem Bestattungskonzept der "grünen Linie" eine geniale Verbindung von Zeitgeist, Marketing und Wertebewusstsein. Der Friedhof als öffentliches Grün mit großem Baumbestand und biologischer Vielfalt wird gestärkt - und bleibt damit wertvoller Lebens- und Kulturraum für Menschen, Pflanzen und Tiere." Mit dieser Begründung ist das Bestattungsunternehmen Hebenstreit und Kentrup mit dem European Funeral Innovation Award ausgezeichnet worden.

Der biologische Kreislauf diene dabei als Ideal von Nachhaltigkeit und stelle gleichzeitig den würdigsten Abschluss eines umweltfreundlichen und gut gelebten Lebens dar. Und so wird an allen denkbaren Stellschrauben gedreht: Die Bestattung erfolgt in einem Sarg aus Kiefer oder Eiche mit geölter oder gewachster Oberfläche. Die Griffe können aus Holz oder Seil bestehen und auch die Innenausstattung ist vollständig biologisch abbaubar. Der Sarg wird von lokalen Schreinern hergestellt - aus Holz aus regionalem und nachhaltigem Forstbetrieb. Die Trauergäste erhalten Einladungen auf Naturpapier und können den ortsnahen Friedhof zu Fuß, mit dem Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen. Der Blumenschmuck ist jahreszeitlich orientiert wählbar und stammt möglichst aus heimischem Freiland-Anbau. Das Grabmal aus Naturstein regionaler Steinbrüche wird in handwerklicher Arbeit von ortsansässigen Steinmetzbetrieben hergestellt. Die Grabbepflanzung besteht aus Gehölzen , Stauden und Gräsern der Region - mit einem möglichst kleinen Anteil an Wechselbepflanzung und damit geringem Gießaufwand.

Und weiter hieß es im Text: Als "grüne Insel" mitten in der Stadt ist der Friedhof das zentrale Element der "grünen Linie". In der Folge wird er als Biotop mit seinem Baumbestand und seiner großen Artenvielfalt gestärkt - und bleibt dadurch ein wertvoller Lebensraum für Pflanzen und Tiere. Dies bietet vor allem auch bedrohten Arten einen Rückzugsraum. Brutvögel, Fledermäuse, Landkäfer, holzbewohnende Käfer, Spinnen, Bienen und viele mehr werden so besonders geschützt. Die ökologische Aufwertung der Friedhöfe erhöht deren Attraktivität, erhält wertvolles Kulturgut und stärkt das öffentliche Grün mit seinem kulturellen und historischen Stellenwert. Die damit verbundene positive Wirkung auf das Stadtklima führt zur Senkung der Temperatur bei Erhöhung der Luftfeuchtigkeit, Bindung von Staub und Produktion von Sauerstoff.

Mal ganz abgesehen davon, was es alles für Awards gibt: Lieber Herr Werner Kentrup und liebe Frau Editha Kentrup-Bentzen, den haben Sie sich aber so was von verdient, den Funeral Award. Im wahrsten Sinne des Wortes ein Konzept bis zum Ende konsequent durchgezogen.
Was hatte ich nach der Lektüre dieses Artikels in meinem SCHAUFENSTER für ein gutes Gefühl! So viel Gutes, was ich als Tote demnächst auf dem Friedhof bewirke. So viel, auf was ich noch nach meinem Tod Einfluss nehmen kann - und selbstredend werde. Ich hätte da allerdings noch einige Verständnisfragen. Es heißt ja, das Bestattungskonzept diene dem würdigsten Abschluss eines umweltfreundlichen und gut gelebten Lebens. Meinen die mit dem gut gelebten Leben, dass ich ein gutes Leben hatte oder dass ich ein guter Mensch war? Und kann ich nicht mit dieser für mich überraschend positiven Zukunftsperspektive, also nach meinem Tod so viel Gutes bewirken zu können, im Leben jetzt eher mal die Sau rauslassen? Und apropos Sau, kommt solch eine Art der Bestattung nur für Vegetarier in Frage? Oder sollte ich um sicherzugehen, dass auch ich vollständig biologisch abbaubar bin, mich vielleicht doch gleich vegan ernähren? In Zeiten, in denen ich höre, dass sich in mir Überreste von Plastik befinden und Schwermetalle sowieso - ernstzunehmende Fragen.

Wo ich gerade bei vegan und ökologisch bin. Da ist mein Lieblingsdiscounter ja auch so was von auf grüner Linie, so was von angekommen, bei diesem Thema. In seinem Werbeblättchen bot er doch tatsächlich 100% vegane Menstruationstassen feil. Kurz hatte ich überlegt, ob es sich hier um ein neues Lebensmittel handelt. Weil auf der Seite aber die Rede von anderen Hygieneartikel war, habe ich diesen Gedanken recht schnell wieder verworfen.

Was ich mir im Zusammenhang mit der "grünen Linie" aber jetzt mal als erstes vorgenommen habe. Weil, letztens las ich in meinem SCHAUFENSTER über einen veganen Sportverein, der einen Spendenlauf veranstaltete. Und das kann ja in keinem Falle falsch sein, dass ich da mal eintrete.

Ich kam ja auf dieses irre tolle Bestattungskonzept als Beispiel für richtig gute Werbung. Weil, es gibt ja auch andere, also so was von schlechter. Neulich zum Beispiel lag in meinem Briefkasten eine Postkarte: Darauf der Posttower und die Lettern "Bonn macht es sich selbst". Und auf der Rückseite die erste Zeile "Einfach reinstecken!". Letztendlich ging es um Strom. Da würde mich jetzt wirklich einmal interessieren, welchem Geschlecht der Schöpfer (hier bitte als generisches Maskulinum zu verstehen) dieses Textes angehört - oder welche bewusstseinsverengenden Drogen er in welcher Dosierung eingenommen hat. Für meine Begriffe geht diese Wortwahl nicht. Aber vielleicht bin ich ja auch nicht die Zielgruppe - wie mein Traummann immer zu sagen pflegt, wenn ich eine Werbung blöde finde oder sie nicht verstehe.

Foto: Adelheid Bennemann
Foto: Bennemann
LeserReporter/in:

Adelheid Bennemann aus Bonn

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