BENNEMANNs BLOG
Was heißt hier Nachtrag? Und A555 wird Fahrradstraße

Ja, ich weiß, mit einem Nachtrag kann ich nicht anfangen. Nachtrag bedeutet Ergänzung, Zusatz am Schluss einer schriftlichen Arbeit. Sonst hieße es ja Vortrag. Weiß ich ja selbst. Oder selber ? Ich hab mal nachgeschaut: Da die beiden Wörter "selber" und "selbst" gleichbedeutend sind, kann man beide Wörter verwenden. Jedoch gehört "selbst" der Standardsprache an und "selber" eher der Umgangs- bzw. Alltagssprache. In einem Gespräch ist "selber" so gut wie "selbst", beim Schreiben ist "selbst" die bessere Wahl. Was ich dir eigentlich sagen will, sieh es doch einfach als Nachtrag zu meinen vorigen Sermonen.

So hatte ich dir ja letztens erzählt, dass die Adenauerallee zu Zeiten, als Bonn Bundeshauptstadt war, Diplomatenrennbahn genannt wurde. Was ich nicht wusste, die Bundesautobahn 555 von Bonn nach Köln nannte man auch so. Und da bin ich jetzt so ans Sinnieren gekommen: Wenn da bei der Bezirksregierung Köln jetzt jemand so ganz gut drauf ist, also einen Clown gefressen hat, dass der meinen Bonner Entscheidungsträgern vorschlagen könnte, die gesamte A 555 zwischen Köln und Bonn zur autofreien Zone zu erklären, sprich zur Fahrradstraße. Einfach nur mal als Idee. Apropos, so das Internet: Weil es zur Zeit der Bonner Republik auf der A 555 keine Geschwindigkeitsbegrenzungen gab, konnten Regierungsbeamte, die in Köln wohnten, mit hohen Geschwindigkeiten zur Arbeit in die damalige Bundeshauptstadt Bonn gelangen. Zudem sollen ausländische Diplomaten und Staatsbesucher bei ihren Aufenthalten in der damaligen Hauptstadt Bonn mit ihren Limousinen den Weg nach Köln und zurück mit Höchstgeschwindigkeit zurückgelegt haben. Begünstigt wurde die Entstehung dieses Spitznamens durch die hohen Motorleistungen der Regierungsfahrzeuge und den geringen Lkw-Anteil auf der Städteverbindung.

Und da hättest du geschmeidig mal die Möglichkeit gehabt zum. Ah, du erinnerst dich nicht mehr. Fragst dich, wo die Geschichte hingehen soll. Ich hatte mich mal darüber ausgelassen, dass ich das Nomen Selbstmord nicht mehr im deutschen Sprachgebrauch haben möchte. Und kurz danach las ich im Zusammenhang mit Van Gogh das Wort Freitod. Was für ein schönes Wort, kann ich da nur sagen. Wie komm ich drauf? Ach ja, wegen der Autobahn 555: Hohe Motorleistung und keine Geschwindigkeitsbegrenzung. Also wenn das damals kein Angebot war!

Ja, und wo ich ja erst letztens bei der Kunst im öffentlichen Raum war, wollte ich jetzt doch noch mal auf die Kunst an der Autobahn aufmerksam machen. Dort installierte der Künstler Lutz Fritsch am 12. und 13. September 2008 an den Endpunkten der Autobahn jeweils eine 50 Meter hohe rote Stahl-Stele, um Bonn und Köln in einen künstlerischen Dialog zu bringen. Hört sich gut an, oder? Also ich als Kölner Entscheidungsträger würde den Bonner Entscheidungsträgern ganz ernsthaft die Sache mit der Autobahn 555 als Fahrradstraße verkaufen, quasi als ein Zeichen setzendes Kunst- und Klimaprojekt. Ich glaub, die Bonner Verantwortlichen würden das glatt machen.

Wo ich gerade mit Bonn und Köln zugange bin. Also das können die Kölner ja. Ich vermute, es hat damit zu tun, dass der Kölner das schon mit der Muttermilch aufsaugt: Erst wartet er stundenlang in der gefühlt elften Reihe auf den Rosenmontagszug und dann begrüßt er jede einzelne Tanzgruppe, jeden Mottowagen mit einem donnernden Alaaf. So lange bis am Ende der Prinz kütt. Wobei mir da einfällt, dass man heutzutage gar nicht mehr von Muttermilch sprechen darf. Schau, so liest es sich: Statt Muttermilch („Breastmilk“) sind Hebammen und Ärzte demnach gemäß neu eingeführter Sprachpolitik dazu angehalten, zukünftig auch „Milch vom Menschen” („Human Milk“) oder „Milch vom stillenden Elternteil“ zu sagen. Ich sag da mal jetzt nichts zu. Ich lass das einfach mal auf dich wirken. Also was die Kölner da auf die Beine gestellt haben, als es darum ging, gegen die AFD, gegen Rassismus, zu demonstrieren!

Wobei wir Bonner uns ja auch nicht verstecken müssen, was die Beteiligung anging. Was mir nur da so durch den Kopf ging, während ich da so stand und hörtechnisch nichts von den Reden mitbekommen habe. Wobei ich noch recht günstig stand. Schon im Vorfeld hatte ich mir die Frage gestellt, warum die Wahl auf den doch recht kleinen Marktplatz für diese Demonstration gefallen war. Ich stellte mir auch die zum Marktplatz führenden doch recht engen Zugangsstraßen vor. Später habe ich gehört, dass viele Menschen tatsächlich in den verstopften Nebenstraßen hängen geblieben sind und nichts, aber auch gar nichts von den Rednern mitbekommen haben. Der Münsterplatz ist doch um einiges größer (ist der nicht fast doppelt so groß?). Dann eine richtige Bühne mit einer perfekt ausgesteuerten Beschallungsanlage, damit möglichst alle Menschen den Reden folgen können. Ich habe mir sagen lassen, es gibt Veranstaltungstechniker, die so etwas können. Ich hörte dann oft, dass man sicherlich nicht mit so einer regen Beteiligung gerechnet hätte. Ich verstehe dieses Argument nicht. Was genau wäre im worst Case so schlimm gewesen, wenn sich auf dem Münsterplatz eventuell nicht ganz so viele Menschen eingefunden hätten wie erwartet?

Und, was der Marktplatz zu klein war, war das Programm zu lang. Nach 60 Minuten muss der Drops gelutscht sein, muss der letzte Redner durch die Tür sein. Ich mein, das muss man ja auch mal sagen. Erstmal musst du ja da hinkommen. Entweder stehst du erst an der Haltestelle und dann in der Bahn oder du gehst zu Fuß. Da geht ja mal ganz schnell ein halbes Stündchen ins Land. Dann reihst du dich in den Strom ein (um nichts zu hören) und stehst dicht gedrängt. Und danach dasselbe nur umgekehrt. Und wenn du dir mal angeschaut hast, wer da alles demonstriert hat. Ja, hallo, auch viele alte Männer! Und was fällt dir zu einem so langen Zeitraum spontan ein? Richtig, Prostata.

LeserReporter/in:

Adelheid Bennemann aus Bonn

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