Indianischer Totempfahl
Zurück am angestammten Platz

Seit fast 40 Jahren in der Rheinaue Zuhause und strahlt wieder wie am ersten Tag: Der Indianische Totempfahl. | Foto: Michael Thelen
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  • Seit fast 40 Jahren in der Rheinaue Zuhause und strahlt wieder wie am ersten Tag: Der Indianische Totempfahl.
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Bonn - Wer in diesen Tagen durch die herbstliche Rheinaue spaziert, kann
eine kleine Überraschung erleben: Der Indianische Totempfahl, der im
Juli 2017 aufgrund schwerer Schäden abgebaut werden musste, ist
wieder zurück.

Ein klein wenig nervös sieht Restauratorin Kaska Kmiotek an diesem
Dienstagmorgen aus. Zwar erklärt sie: „Ich habe größtes Vertrauen
in die Mitarbeiter vom Amt für Stadtgrün, die wissen was sie tun.“
Aber Kmiotek weiß auch: „Jeder Transport stellt Stress für ein
solches Kunstobjekt dar. Die Frage ist auch: Passen am Ende alle
Schrauben und funktionieren die Dinge alle so, wie wir uns das
vorgestellt haben?“

Langsam und vorsichtig hebt der Ladekran den sechseinhalb Meter hohen
Totempfahl auf den Pritschenwagen – doch ganz passt er nicht darauf
und so muss ein relativ langer Teil der Spitze überhängen. „Kein
Problem, wir fahren ja nicht weit“, schmunzelt Jan Brumhard vom Amt
für Stadtgrün. Damit auch auf dem kurzen Stück von der
Fahrzeughalle des Gärtnerstützpunktes in der Rheinaue bis zum
angestammten Standort in der Nähe des Japanischen Gartens nichts
passiert, ist der Totempfahl gut gepolstert und gesichert. So kann
sich wenige Minuten später eine kleine Kolonne auf den Weg machen.
Vor Ort wartet der auf Vordermann gebrachte Sockel darauf, den rund
eine Tonne schweren Totempfahl wieder aufzunehmen.

Der Pfahl fällt den meisten Rheinauenbesuchern wahrscheinlich schon
aufgrund seiner Größe auf. Er war ein Geschenk der kanadischen
Regierung anlässlich der Bundesgartenschau in der damaligen
Hauptstadt Bonn. Der kanadische Kwakiuti-Indianer Chief Tony Hunt
schnitzte das Kunstwerk über vier Monate, die Besucher der
Gartenschau konnten ihm dabei zusehen. Im Anschluss wurde der
Totempfahl an eben jener Stelle aufgestellt. Das war 1979.

Zwar wurde er 1989 und zuletzt 2004 restauriert, doch die Zeit hat
viele Spuren an dem Kunstwerk hinterlassen. So musste er vor 475
Tagen, Anfang Juli 2017, abgebaut werden: Moos und Flechten hatten
seinem Äußeren zugesetzt und durch Stauwasser sind auch im Inneren
Schäden entstanden. „Das Material ist seit Jahrzehnten Wind und
Wetter ausgesetzt. Um so viel von der ursprünglichen Substanz wie
möglich zu erhalten, musste das Holz zuerst einmal trocknen“,
erklärt Kmiotek. In dieser Zeit hat die Restauratorin zusammen mit
Holzbildhauer Alexander Diczig das Restaurierungskonzept erstellt. Mit
den eigentlichen Restaurierungsmaßnahmen haben sie im April begonnen.

Bei ihrer Arbeit mussten sie die stark beschädigten Holzbereiche
entfernen und durch neue Teile, die originalgetreu angefertigt wurden,
ersetzen. „Wir haben holzgetreu gearbeitet. Der Totempfahl wurde aus
einer kanadischen Rotzeder geschnitzt und daher haben wir ebenfalls
dieses Holz benutzt“, so Kmiotek. Besonders stark in Mitleidenschaft
gezogen war die Spitze – der Kopf des Raben – die großflächig
erneuert werden musste. Die Flügel waren nicht zu retten und mussten
vollständig neu gebaut werden. Die Originale sind aber nicht
verloren, sondern werden auf dem Gelände des Amtes für Stadtgrün
eingelagert. Komplett erneuert hat Kmiotek die Farben, um einen
stimmigen Gesamteindruck zu erzeugen. „Bei der letzten Restaurierung
2004 wurden Acrylfarben benutzt. Wir haben uns entschlossen, diese
durch Leinölfarben zu ersetzen, da sie tief in das Holz einziehen und
sie auch im Außenbereich sehr beständig sind.“

Mittlerweile hat der Pritschenwagen mit dem Totempfahl am Sockel
gehalten. Mit großer Vorsicht wird das Kunstobjekt zuerst abgeladen,
dann aufgerichtet und schließlich in die Verankerung gehoben.
Alexander Diczig und Kaska Kmiotek beobachten den Ablauf genau und
geben den Männern hin und wieder Hinweise. Später wird Kmiotek
sagen: „Über die Zeit haben wir eine besondere Beziehung zu diesem
Objekt aufgebaut – daher ich bin schon froh, dass jetzt alles so gut
geklappt hat.“ Während Diczig und die Mitarbeiter den Totempfahl
mit mehreren Schrauben und Gewindestangen mit der Halterung verbinden,
schwingt bei Jan Brumhard und seinen übrigen Leuten die angespannte
Konzentration in Freude um: „Das ist ja super gelaufen.“ Dass am
Ende alles funktioniert hat wie geplant und auch keine
Transportschäden entstanden sind, freut natürlich auch Kmiotek:
„So ein Transport und Aufbau ist immer spannend, aber schließlich
arbeiten wir ja hier mit Profis“.

Als letzte Arbeiten bringt Diczig die Flügel an, zieht Schrauben nach
und besprüht sie mit schwarzer Farbe, damit sie später nicht zu
sehen sind. Fast möchte man meinen, der Totempfahl sieht besser aus
als 1979, aber Kmiotek sagt selbstkritisch: „Er sieht schon toll
aus, aber wenn man ihn von Nahem untersucht, erkennt man, welche Teile
neu sind und welche original.“ Das wird anderen Restauratoren
gelingen, aber dem Laien eher nicht.

Auf die Frage, wann die nächste Restaurierung erfolgen wird, lacht
Kmiotek: „Ich hoffe gar nicht.“ Brumhard erklärt: „Wir sind
zuversichtlich, dass der Totempfahl dank der professionellen
Behandlung in den kommenden Jahren Wind und Wetter trotzen wird.“
Damit das gelingt, soll künftig besser als bisher auf ihn geachtet
werden: „Wir werden ihn einmal jährlich reinigen, genau untersuchen
und wenn nötig mit Leinöl pflegen.“ Damit soll eine kostspielige
Restaurierung wie diese für 38.000 Euro in Zukunft vermieden werden.
Ob der Plan gelingt? Kmiotek: „Holz im Außenbereich ist immer eine
besondere Herausforderung. Letztlich müssen wir sehen, wie es sich
entwickelt.“

- Michael Thelen

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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