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Abschied von Gerhard Koschel
Zwei LandesJugendAkkordeonOrchester auf der Bühne

40 Musiker von zwei LandesJugendAkkordeonOrchestern gemeinsam auf der Bühne des Brückenforums Bonn - unter Leitung ihres gemeinsamen Dirigenten Gerhard Koschel.  | Foto: Anita Brandtstäter
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Bonn. Das LandesJugendAkkordeonOrchester Nordrhein-Westfalen hatte wieder eingeladen zum Abschlusskonzert der Probenphase 2020/21. Matthias Hennecke, Vorsitzender des Landesverbandes des Deutscher Harmonika-Verband Nordrhein-Westfalen, freute sich bei der Begrüßung, dass das schon seit zwei Jahren geplante Gemeinschafts-Projekt mit dem LandesJugendAkkordeonOrchester Bayern nun Realität wurde - trotz der Hindernisse, die es immer wieder durch die Pandemieentwicklung zu überwinden galt. Ein anspruchsvolles Programm haben die beiden Auswahlorchester unter Leitung ihres gemeinsamen Dirigenten Gerhard Koschel erarbeitet, der auch die Moderation des Konzertes übernahm.

Dieser ist nach einem Cellostudium am Bruckner-Konservatorium in Linz und einem Akkordeonstudium am Meistersinger-Konservatorium in Nürnberg sowie Kursen bei Stefan Hussong und Mie Miki unter anderem Dirigent des 1. Akkordeon-Orchesters Passau e.V., Privatmusiklehrer in Passau mit Lehrauftrag an der Uni Passau sowie Dozent und Juror. Im verlängerten Beethoven-Jahr waren vier Programmblöcke der Musik von Ludwig van Beethoven gewidmet, es gab drei Blöcke mit zeitgenössischer Originalmusik und - last not least - Filmmusik. Koschel hatte vorher das Beethoven-Haus in Bonn besucht und sich "den Segen für das Konzert vom Meister selbst abgeholt". Seinen Tipp, schneller zu spielen, wollte Koschel aber jetzt nicht umsetzen,

Zunächst war der Gastgeber auf der Bühne mit der Ouvertüre zur Oper "Fidelio", Beethovens erster und letzter Oper, die er 1805 geschrieben hat - mit seinem Ruf nach Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit wurde das Werk zum Spiegel vor allem deutscher Geschichte. Die Ouvertüre verzichtet ganz auf Zitate aus der Oper und verwandelt die Trompetenfanfare in das signalartige Hauptthema, das durch's Orchester stürmt. Aus der ersten Sinfonie von Beethoven, die 1800 uraufgeführt wurde, hatte Koschel den 2. und 4. Satz für Akkordeonorchester bearbeitet. Der 2. Satz ist vom Charakter her eher ruhig, aber doch etwas pulsierend und leichtfüßig. Der 4. Satz beginnt mit einer langsamen Einleitung, bevor das Rondo in aufsteigenden Tonleitern beginnt, schnell und spielerisch.

Einen Kontrast brachte die zeitgenössische Originalkomposition von Lutz Stark (*1964) aus Halle: "Meditationen und Allegro in D" ist inspiriert von Beethoven-Werken, es ist ein Auftragswerk des Deutschen Musikrates und Pflichtstück für den Deutschen Orchesterwettbewerb, der 2020 in Bonn durchgeführt werden sollte.

Das Gastorchester aus Bayern begann ebenfalls mit einer Ouvertüre, und zwar mit der Schauspielouvertüre zu „Coriolan“ zum gleichnamigen Drama von Heinrich Joseph von Collin.  Bei Collin ist der römische Patrizier Coriolan ein zwiespältiger Held, geradlinig handelnd, aber auch aufbrausend und unsicher. Das  Drama endet mit dem Selbstmord von Coriolan, die Ouvertüre mit dem langsam ersterbenden Unruhemotiv.

Das Klangspektrum eines Akkordeonorchesters brachte das nächste Werk voll auf die Bühne, die Uraufführung eines Werkes von Stefan Hippe (* 1966) aus Nürnberg, der mit seiner Familie extra angereist war. Gewidmet hat Hippe das Werk Ian Watson, dem Dirigenten des London Accordion Orchestra und seinem Nachfolger als Leiter des Bundesakkordeonorchester, das coronabedingt die Probenphase 2020/21 leider nicht starten konnte. Der plötzliche Tod von Hippes Großmutter gab nicht nur zur Ahnenforschung Anlass, sondern inspirierte auch den Komponisten zu einem klangvollen und abwechslungsreichen Werk; die Simple London Symphony charakterisiert in vier Sätzen verschiedene Familienzweige und deren Historie: 1. The Englishman - der leibliche Vater, 2. The Peruvian - die leibliche Mutter, 3. The German adoptive parents - in Chile, 4. The family goes back to Germany. Der Großvater hat die Wiederkehr nach Deutschland 1937 als den größten Fehler seines Lebens bezeichnet, entsprechend endet das Werk auch.  

Und als Höhepunkt waren 40 Musiker auf der Bühne des Brückenforums, die dafür ausgelegt ist - hier proben sonst die Musiker des Beethoven-Orchesters! Beide Orchester beendeten gemeinsam das Programm. Das war möglich, da beide unter Leitung desselben Dirigenten parallel die Stücke einstudiert hatten. Das LandesJugendAkkordeonOrchester Nordrhein-Westfalen probt schon seit 2018 unter Leitung von Gerhard Koschel, beim bayrischen Auswahlorchester wechseln die Dirigenten in der Regel jedes Jahr.

Zunächst auf dem Programm die Originalkomposition "Introduktion, Scherzo - Toccata" des usbekischen Komponisten Gennadi Tschernov (*1937) - er unterrichtet Komposition und Instrumentation am renommierten Gnessin Institut in Moskau, ist so also insbesondere mit den Möglichkeiten eines Akkordeonorchesters und auch eines in Russland typischen Orchesters für Volksmusikinstrumente bestens vertraut. Das Werk für Akkordeon-Orchester, Elektronien, E-Piano und Schlagzeug wurde in der fünften Saison des Bundesakkordeonorchesters unter Leitung von Thomas Bauer aufgeführt. Die 40 Musiker, unterstützt durch ein Hohner Electronium und ein Yamaha E-Piano, entwickelten eine grandiose Klangfülle und zogen die Zuhörer in ihren Bann.  Den Abschluss machte Filmmusik von John Williams (*1932): "The Cowboys Overture" aus dem Jahre 1974. Die unterhaltsame und mitreißende Filmmusik aus dem Film "The Cowboys" spiegelt eine von Copland beeinflusste westamerikanische Landschaft wider.

Alle Formationen des Abends wurden eifrig beklatscht - bis hin zu "standing Ovations" am Ende. Die Akteure dankten mit Zugaben: "Fiddle Faddle" von Leroy Anderson vom Gastgeber, "Wuth über den verlornen Groschen ausgetobt in einer Kaprize" nach Beethovens bekannten Klavier-Rondo „Alla Ingharese quasi un Capriccio“ von den Gästen aus Bayern, und noch einmal Leroy Anderson zum Konzertabschluss von dem Gemeinschaftsorchester: die Saraband von 1948 mit einem Thema einer Sarabande aus dem 18. Jahrhundert - verbunden mit einem Foxtrott. Eine schöne Verschmelzung von E- und U-Musik und Musik aus verschiedenen Zeiten. Allerdings auch etwas wehmütig, denn es war der letzte Akt nach vier Jahren toller Zusammenarbeit zwischen Gerhard Koschel und dem LandesJugendAkkordeonOrchester Nordrhein-Westfalen. Die jungen Musiker bedankten sich für die wertschätzende Art des Dirigenten bei den Proben und die hörbare Weiterentwicklung des Klangkörpers, auch mit einem Geschenk zum Genießen. Koschel würde sich ebenfalls über weitere Kontakte freuen.

Nach dem Gemeinschaftskonzert übernimmt die Bundesdirigentin des Deutschen Harmonika-Verbandes Silke D'Inka die Leitung. Probenphasen sind schon geplant in Jugendherbergen in Hagen, Wiehl, Bad Honnef und Xanten. Neue Mitspieler sind herzlich Willkommen!

LeserReporter/in:

Anita Brandtstäter aus Köln

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