Ausstellung „Very British. Ein deutscher Blick“
Zwischen Faszination und Irritation
Bonn - Großbritannien ist mehr als nur Brexit: Einen deutschen Blick auf
unsere Nachbarn von der Insel wirft die neue Sonderausstellung „Very
British“ im Haus der Geschichte. Die 500 teils hochkarätigen
Exponate sind ein Spiegel der britischen aber auch der deutschen
Kultur.
Den Reifenspuren nach zu urteilen hat es der Fahrer des Minis noch mit
heftigen Ausweichmanövern probiert – doch zu spät: Der Kultwagen
hat die Wand und mit ihr sinnbildlich Europa durchbrochen. Willkommen
bei „Very British.“ Die Sonderausstellung, die bis zum 8. März
2020 im Haus der Geschichte zu sehen ist, beleuchtet nicht nur die
Briten und ihre Heimat, sondern auch ihre besondere Beziehung zu den
Deutschen. Die fängt bereits damit an, dass der Nachfolger des Minis,
der hier im Foyer die Besucher in die Ausstellung locken soll, kein
britisches sondern eher ein deutsches Auto ist.
„Der Blick der Ausstellung ist gerichtet auf Gemeinsamkeiten
zwischen Deutschland und Großbritannien, aber auch auf Irritationen.
Und natürlich liegt ein Schwerpunkt auf dem Brexit“, erklärt Hans
Walter Hütter, Präsident des Hauses der Geschichte. Dass die
Ausstellung aber gerade jetzt eröffne, sei eher glücklicher Zufall.
Denn die Entscheidung für „Very British“ sei im Frühjahr 2016
gefallen, vier Monate vor der historischen Brexitabstimmung.
Lässt man den Brexit hinter sich, geht es im zweiten Raum um die
Rolle Großbritanniens nach dem zweiten Weltkrieg und dem Wandel vom
Feind zum Freund. Dann wird es königlich: Der in tiefes Blau
getauchte Raum widmet sich ganz einem der liebsten Themen der
Deutschen – den britischen Royals. Sonst im Tower von London zu
sehen, ziert den Raum die Krone von 1714. Da Königin Victoria sie
durch ein leichteres Exemplar ersetzen ließ, fehlen die Kronjuwelen.
Andererseits hätte sie wahrscheinlich sonst eher nicht ihren Weg
über den Kanal gefunden. Ebenfalls ausgestellt ist ein Kleid von
Queen Elisabeth II. das sie bei ihrem Deutschlandbesuch 1965 trug.
Auch die Rolle der Medien und ihrer Hofberichterstattung ist Thema.
Sportliche Rivalitäten stehen im grünen Raum im Mittelpunkt. Genauer
gesagt ist hier jener braune Fußball zu finden, der 1966 eben nicht
über die Torlinie des Wembley-Stadions ging und dennoch für
Großbritanniens ersten und einzigen Fußball-Weltmeisterschaftstitel
sorgte. Den Ball brachte der Direktor des National Football Museums in
Manchester persönlich ins Haus der Geschichte, wo das legendäre
Leder auch nur bis zum 19. Juli als Gast verbleiben darf.
Neben den wirtschaftlichen und politischen Beziehungen darf die
Popkultur in dieser Ausstellung nicht fehlen. Exportschlager wie James
Bond, das originale Tigerfell aus dem Sketch „Dinner for One“ (der
in Großbritannien übrigens beinahe unbekannt ist) und ein
Bühnenkostüm von George Harrison zählen hier zu den Highlights.
Außerdem können Besucher ihre Lieblingsmusik als Single auflegen und
erstellen so die Top 40 Charts der letzten Jahrzehnte. Nicht zuletzt
geht es mit Werken von Monty Python bis Mr. Bean um den berühmten
britischen Humor, der gerade in Deutschland besonders beliebt zu sein
scheint. Don´t mention the war.
Und so gibt es auch zum Abschluss eine ebenso humorvolle wie royale
Verabschiedung. Um die aktuelle Entwicklung beim Brexit im Blick zu
behalten, soll dieser Teil der Ausstellung bei gegebenem Anlass
aktualisiert werden. Käme es zu einer Rückkehr vom Austritt: Der
Mini-Fahrer könnte sicher noch den Rückwärtsgang einlegen.
- Michael Thelen
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.