Was macht das Wohnzimmer auf dem Peter-Fryns-Platz?
Aktion gegen die Wohnungsnot

Es sieht zwar ganz gemütlich aus, aber der Hintergrund ist ernst: Auf dem Peter Fryns-Platz bauten Firmlinge, Caritas und SKM ein Open Air-Wohnzimmer auf, um auf Mietwucher und mangelnden Wohnraum aufmerksam zu machen. | Foto: Foto: Frank Engel-Strebel
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  • Es sieht zwar ganz gemütlich aus, aber der Hintergrund ist ernst: Auf dem Peter Fryns-Platz bauten Firmlinge, Caritas und SKM ein Open Air-Wohnzimmer auf, um auf Mietwucher und mangelnden Wohnraum aufmerksam zu machen.
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Bornheim - (fes) Wer in Bornheim eine 60-Quadratmeter-Wohnung mieten möchte,
der zahlt derzeit 8,26 Euro pro Quadratmeter, also knapp 496 Euro.
Damit liegt die Stadt derzeit über dem bundesdeutschen Durschnitt von
7,55 Euro pro Quadratmeter (453 Euro).

Auf diese Zahlen machte am Samstag eine Gruppe von neun Firmlingen der
katholischen Pfarrgemeinde An Rhein und Vorgebirge zusammen mit dem
Caritasverband Rhein-Sieg und dem Sozialdienst Katholischer Menschen
(SKM) mit einer ganz besonderen Aktion aufmerksam: Sie ließen ein
Wohnzimmer auf dem Peter Fryns-Platz aufbauen, um so gegen die
prekäre Wohnungssituation in Bornheim und der Region zu
demonstrieren. Die Möbel stellte die „Hängematte“, die
Möbelausgabe für Bedürftige der ökumenischen Lebensmittelausgabe
LebEKa, zur Verfügung.

„Jeder Mensch hat das Recht auf eine angemessene Wohnung. Dennoch
fällt es heute vielen Menschen schwer, Wohnraum zu finden. Familien
mit Kindern sind genauso betroffen wie Rentner oder Studenten“,
erklärten die Mädchen und Jungen im Alter von 14 bis 16 Jahren.
Konzipiert war das ganze als Mitmachaktion, um Passanten für das
Thema zu sensibilisieren und bei einer Tasse Kaffee darüber zu
diskutieren. Zudem konnten die Bürger zeigen, was ihnen wichtig ist
für ein gemütliches Zuhause und wie sie sich vorstellen künftig zu
leben.

Vor allem Menschen ab 60 Jahren wollen gerne in ihrem eigenen
Wohnumfeld bleiben, zu Hause betreut werden oder in
Gemeinschaftsprojekten mit mehreren Generationen unter einem Dach
wohnen.

Die Firmlinge beschäftigten sich seit Februar mit dem Thema,
erläuterte Jacqueline Wulf. Die 31-Jährige leitet die Kampagne, die
sich nicht nur an die Politik, sondern auch an jene Bürger oder
Institutionen richtet, die Wohnraum zur Verfügung stellen könntent.
Wer beispielsweise alleinstehend ist und ein 100-Quadratmeter-Haus
bewohnt, könnte einen Teil davon möglicherweise vermieten, meint
Wulf.

Sie kritisiert, dass zu viel im Luxussegment gebaut werde. Wohnungsnot
betrifft nicht mehr nur Einkommensschwache und Bedürftige, sondern
auch immer mehr die Mittelschicht, so Wulf. Entschärfen könnte dies
etwa eine Quote für bezahlbaren Wohnraum beim Bau von Neubaugebieten.
„Dabei geht es nicht nur um Sozialwohnungen, sondern um eine
gemischte Bebauung. Wir brauchen keine Luxus-Ghettoisierung.“

Genau mit einer solchen Quote für geförderten Wohnungsbau tut sich
die Bornheimer Politik schwer und lehnte diese unlängst ab. SPD,
Grüne, Linke und ABB hatten eine Quote von 20 Prozent geförderten
Wohnungsbau in künftigen Neubaugebieten mit mehr als 20 Wohneinheiten
vogeschlagen, konnten sich damit gegen die Mehrheit von CDU, FDP und
UWG jedoch nicht durchsetzen. Immerhin konnten sich die Gremien auf
einen Grundsatzbeschluss verständigen. Dieser sieht vor, dass die
Stadt künftig für jedes geplante Neubaugebiet mit den Investoren,
beziehungsweise Grundstückseigentümern über den Umfang von
geförderten Wohneinheiten einzeln verhandelt. Dabei werden als
Kriterien die Größe des Baugebietes, die Qualität und Lage, die Art
der Bebauung und die Einordnung in den Sozialraum berücksichtigt.

In Bonn konnte 2017 mit der schwarz-grün-liberalen Mehrheit übrigens
eine Quote von 30 Prozent durchgesetzt werden. Für Bürgermeister
Wolfgang Henseler (SPD), der die Caritas-Aktion ausdrücklich lobte,
ist die getroffene Grundsatzentscheidung in Bornheim „ein wichtiger
Schritt nach vorne“ für die geplanten 14 Neubaugebiete in den
kommenden Jahren: „Im Grunde geht es um bezahlbaren Wohnraum in
Relation zum Einkommen. Wenn zum Beispiel eine Lehrerfamilie 50
Prozent für eine Miete ausgibt, dann stimmt etwas nicht.“ Gemeinsam
mit seinen Mitarbeitern in der Verwaltung möchte Henseler künftig
überprüfen, wie man im Rahmen des Baurechts den Bürgern
entgegenkommen könnte, so dass es einfacher wird für Eigentümer
Nebengebäude umzubauen, etwa auf Hofanlagen, um dort neuen Wohnraum
zur Verfügung zu stellen.

Es sieht zwar ganz gemütlich aus, aber der Hintergrund ist ernst: Auf dem Peter Fryns-Platz bauten Firmlinge, Caritas und SKM ein Open Air-Wohnzimmer auf, um auf Mietwucher und mangelnden Wohnraum aufmerksam zu machen. | Foto: Foto: Frank Engel-Strebel
Wer wollte, konnte aktiv werden und zeigen, wie er sich sein Traumhaus vorstellt. | Foto: Frank Engel-Strebel
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