50 Jahre Literaturnobelpreis
Hommage an den Ehrenbürger
Bornheim (fes). 50 Jahre ist es 2022 her, als der Autor und Bornheimer Ehrenbürger Heinrich Böll den Literaturnobelpreis in Stockholm erhielt. Aus diesem Anlass hatten die Stadt Bornheim und das Katholische Bildungswerk Rhein-Sieg, vertreten durch Anne Schmidt-Keusgen, einen eindrucksvollen Kulturabend organisiert.
Stadtarchivar Jens Löffler hatte dafür eine Ausstellung in der Bürgerhalle des Rathauses zusammengestellt, bei der bis Mitte Januar unter anderem viele Bilder, Zeitungsartikel und Berichte aus der Zeit zu sehen sind, als Heinrich Böll von 1982 bis zu seinem Tod 1985 in Merten lebte, wohin er damals zu seinem Sohn René und dessen Familie gezogen war.
Für Bürgermeister Christoph Becker (parteilos) war Heinrich Böll mehr als einer der bedeutendsten Schriftsteller der Nachkriegszeit, er war auch ein „Chronist deutscher Gesellschaftsgeschichte vom Zweiten Weltkrieg bis in die letzten Jahre der Bonner Republik, ein Mahner, aber auch ein Versöhner, der seine literarische Stimme sowohl der Kriegs- als auch der Nachkriegsgeneration lieh.“ Zudem sei er ein Friedensaktivist und ein „stetig mit seiner Kirche haderneder Christ, aber auch ein bekennender Rheinländer“ gewesen. Auf dem alten Bergfriedhof in Merten fanden Heinrich Böll und seine Frau Annemarie ihre letzte Ruhestätte. Das Grab hatte sein Sohn René Böll gestaltet. Der heute 74-Jährige war mit seiner Frau Carmen ebenfalls zu dem Kulturabend nach Bornheim gekommen. Die Auszeichnung sei auch eine Art Genugtuung gewesen, da Heinrich Böll damals sowohl durch die Springer-Presse mit ihrer „tendenziösen Berichterstattung“ in die Nähe der RAF-Terroristen gerückt, aber auch aus den Reihen der CDU sehr stark diffamiert worden war.
Auch in den drei Jahren im Vorgebirge spürte Heinrich Böll diese Stimmung: „Wir sind von vielen der stark konservativ und dörflich geprägten Einwohner nicht sehr freundlich aufgenommen worden, es gab anonyme Anrufe und viele ablehnende Äußerungen“, erinnerte sich René Böll.
Nach Eröffnung der Ausstellung wurde das Kulturprogramm im Ratssaal fortgesetzt. Böll-Expertin Christel Diesler führte in Leben und Werk des Schriftstellers ein. Diesler organisierte viele Jahre lang gemeinsam mit Archivar Löffler Führungen über den rund drei Kilometer langen Heinrich-Böll-Weg, der in Merten vor dessen damaligen Wohnhaus in der Martinsgasse beginnt. Als bekannt wurde, dass Böll den Literaturnobelpreis bekommen sollte, sei dies von der Presse nicht nur positiv aufgenommen worden. Vor allem natürlich nicht von der Springer-Presse, so Diesler. Beide Städte, in denen Böll lebte, Köln und Bornheim, haderten lange Zeit mit ihrem berühmten Sohn: „Erst nachdem er weg war, wurde man sich sowohl in Köln als auch in Bornheim bewusst, was für ein wertvoller Bürger er war“, erklärte Diesler. Die Kölner machten ihn zwar noch zu Lebzeiten 1982 zum Ehrenbürger, aber erst, nachdem er da schon neun Monate in Merten gelebt hatte. Die Bornheimer brauchten deutlich länger. Dort wurde ihm erst 2010 posthum die Ehrenbürgerwürde zuteil, maßgeblich angestoßen durch den damaligen Bürgermeister Wolfgang Henseler (SPD), betonte Diesler.
Schauspieler Gerhard Fehn trug im Anschluss Bölls Rede vor, die er beim Empfang des Nobelpreises gehalten hatte. Gemeinsam mit seiner Frau, Schauspielerin Cécile Kott, las er dann noch einige Kurzgeschichten und Gedichte Bölls vor. Dorothee Böttges-Papendorf und Willi Hermann haben zum zweiten Mal nach 2017 (damals aus Anlass des 100. Todestages von Böll) eine lesenswerte Hommage an den Bornheimer Ehrenbürger herausgebracht. Sie stellten einige Auszüge aus ihrem Buch vor. Wie berichtet, möchten die beiden Autoren ihre Leser zum Lesen und Schmökern in den Werken Bölls anregen oder ihm auf den Spuren des Vorgebirges zu folgen - ganz im Zeichen der Baskenmütze, die er, wie ein Markenzeichen, stets trug. Das Kleidungsstück markiert auch die Stationen des Heinrich-Böll-Wegs im Vorgebirge.
Den Abend rundete die Vorführung der Verfilmung von Bölls „Gruppenbild mit Dame“, in der Romy Schneider die Hauptrolle spielte, ab. Die 1971 erschienene Romanvorlage soll maßgeblich dazu beigetragen haben, dass Böll ein Jahr später den Literaturnobelpreis erhielt.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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