Umweltschutz trotz Wachstum
Podiumsdiskussion im Bornheimer Rathaus

Sind städtisches Wachstum und der Umweltschutz miteinander vereinbar? Darüber diskutierten (von links:) Dirk Reder (Bündnis 90/Die Grünen Bornheim), Horst Feige (Naturschutzbund Bonn), Michael Pacyna (Landschaftsschutzverein Vorgebirge), Ludger Reining (städtischer Arbeitskreis Stadtbild), Markus Hochgartz (Bündnis 90/Die Grünen Bornheim) und Gabriele Jahn (Imkerverein Vorgebirge). | Foto: fes
  • Sind städtisches Wachstum und der Umweltschutz miteinander vereinbar? Darüber diskutierten (von links:) Dirk Reder (Bündnis 90/Die Grünen Bornheim), Horst Feige (Naturschutzbund Bonn), Michael Pacyna (Landschaftsschutzverein Vorgebirge), Ludger Reining (städtischer Arbeitskreis Stadtbild), Markus Hochgartz (Bündnis 90/Die Grünen Bornheim) und Gabriele Jahn (Imkerverein Vorgebirge).
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Bornheim - Für welche Überschrift würden Sie sich entscheiden:
„Wechselkröte gefährdet Bebauung“ oder „Bebauung gefährdet
Wechselkröte“? Aber gibt es hier nur ein Entweder-Oder? Um die
Frage, ob städtisches Wachstum und Umweltschutz überhaupt
miteinander vereinbar sind, ging es in einer gut besuchten
Podiumsdiskussion im Bornheimer Ratssaal.

„Umweltschutz trotz Wachstum“? war der Titel der Veranstaltung, zu
der die Bornheimer Grünen neben interessierten Bürgern auch einige
Experten eingeladen hatten. Michael Pacyna, Vorsitzender des
Landschaftsschutzvereins Vorgebirge (LSV), hätte die oben zitierte
Schlagzeile einer Tageszeitung lieber so gelesen: „Baugebiete
gefährden Wechselkröte“. Doch trotz „dramatischer
Landschaftsverluste“ spreche sich der LSV nicht grundsätzlich gegen
eine Entwicklung aus, so Pacyna weiter. Diese müsse jedoch moderat
und „nicht radikal“ geschehen. Statt weiterer Bebauung in freier
Landschaft befürwortete er die innerörtliche Bebauung und
Schließung von Baulücken.

Heftig kritisierte Pacyna die von CDU, FDP und UWG ins Spiel gebrachte
Umgehungsstraße zur Entlastung des Knotenpunktes Roisdorfer
Straße/Bahnhof Linie 16: „Alle Parteien im Rat stimmten dafür,
außer die Grünen“, erinnerte er. Da die als Provisorium gedachte
Straße bis zum endgültigen Umbau des Knotenpunktes durch das
Freiraumkonzept „Grünes C“ führt, lehne der LSV diese eindeutig
ab. Auch den Druck aus der Region ließ Pacyna nicht gelten:
„Niemand kann uns zwingen neue Baugebiete auszuweisen. Der Stadtrat
kann dies steuern und wenn gebaut werden soll, fordern wir innerhalb
der Grenzen des Flächennutzungsplans (FNP) von 2011 zu bleiben.“

Unterstützung bekam Pacyna von Horst Feige vom Naturschutzbund Bonn
(NABU). Er forderte sogar beim FNP Abstriche zugunsten des
Umweltschutzes zu machen. Denn mit der Bebauung gehen auch
Artensterben und Schadstoffbelastungen durch zunehmenden Verkehr
einher. Ausgleichsflächen sah Feige kritisch: „Wertvolle Flächen
gehen trotzdem verloren. In den Baugebieten finden Tiere weniger
Nistmöglichkeiten und es gibt weniger Bepflanzungen.“ Feige
forderte daher die Stadtplaner auf, in den Bebauungsplänen mehr
ökologische Schutzstreifen einzurichten.

Dem konnte auch Gabriele Jahn, Vorsitzende des 2015 gegründeten
Imkervereins Vorgebirge, nur beipflichten, um dem Insektensterben
entgegenzuwirken. Es sei zwar schon einiges geschehen, etwa durch die
Anlage von Streuobstwiese. Doch es gäbe noch mehr Möglichkeiten:
Blühstreifen an Feldrändern und Fahrradwegen, Dach- oder
Fassadenbegrünungen und Schulgärten beispielsweise.

Ludger Reining vom städtischen „Arbeitskreis Stadtbild“ der
„Lokalen Agenda“ erinnerte daran, dass das Vorgebirge bis in die
20er Jahre hinein noch als Obstgarten der Städte Köln und Bonn galt.
Davon seit nicht mehr viel übrig geblieben. Auch er forderte, in
Bebauungsplänen mehr grüne Freiflächen auszuweisen.

Bei der anschließenden Diskussion erntete der Beitrag von Norbert
Brauner großen Applaus bei den Teilnehmern. Brauner ist
Vize-Vorsitzender des LSV und Vorsitzender der CDU Roisdorf und
plädierte dafür, das Thema parteiübergreifend anzugehen. So sei er
zufrieden mit der wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt. Es sei aber
auch „eine gewisse Sättigung erreicht“: „Natur- und
Landschaftsschutz, aber auch unsere Heimat bleiben zurück. Wir
müssen neu nachdenken und dürfen uns nicht von dem Druck von außen
drängen lassen. Wir sind ein Magnet zwischen Köln und Bonn, aber wir
können nicht alle Probleme lösen und unseren ländlichen Charakter
aufgeben“. „Wir brauchen keine Glyphosat-Streifen, sondern
Blühstreifen entlang der Felder und Radwege“, forderte ein anderer
Teilnehmer. Zu Wort meldete sich auch der ehemalige Leiter der
Bornheimer Europaschule, Christoph Becker. Er verwies auf den
ursprünglichen Grundgedanken der Lokalen Agenda: „Global denken,
lokal handeln“: „Wir müssen in einem größeren Zusammenhang
denken, wir brauchen neue Mobilitäts- und Energiekonzepte und wir
müssen in die Schulen gehen. Die Schüler wieder mehr für das
Vorgebirge begeistern und sie motivieren dieses zu schützen.“
Becker brachte auch die Idee einer „klimaneutralen Stadt Bornheim“
ins Spiel.

Die Podiumsdiskussion zum Thema „Umweltschutz trotz Wachstum“ fand
im Rahmen einer lockeren Folge von Informations- und
Diskussionsveranstaltungen der Partei Bündnis 90/Die Grünen aus
Bornheim im Rathaus statt. Bei den Bürgern kommen die brisanten
Themen offenbar gut an: War der Ratssaal im Frühjahr bereits bestens
gefüllt, als es um die „drohende Megacity“ Bornheim ging, kamen
auch diesmal wieder mehr als 50 Bürger, um sich zu informieren und
mit den Experten zu diskutieren. Eingebettet ist das Ganze in die
Vision „Bornheim 2030“. Die Ausführungen von Fachleuten und die
Sorgen und Anregungen der Bürger werden ausgewertet und fließen in
das Wahlprogramm der Grünen für die Kommunalwahlen 2020 ein,
erläuterten Sprecher Dirk Reder und der stv. Fraktionsvorsitzende
Markus Hochgartz.

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