Gedenken und Mahnen
„Stolpersteine“ erinnern an ermordete jüdische Mitbürger

Wider das Vergessen: Gunter Demnig verlegt Stolpersteine in Hersel (Foto) und in Bornheim. | Foto: Frank Engel-Strebel
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  • Wider das Vergessen: Gunter Demnig verlegt Stolpersteine in Hersel (Foto) und in Bornheim.
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Bornheim - (fes) Etwa 70 jüdische Mitbürger sind von den Nazis während des
Zweiten Weltkrieges aus Bornheim deportiert und anschließend in
Vernichtungslagern ermordet worden. In mehreren Ortsteilen erinnern
seit 2006 sogenannte „Stolpersteine“ an das Schicksal jener
Menschen.

Der Kölner Künstler Gunter Demnig (71), der seit 1992 Stolpersteine
in Gedenken an die von den Nationalsozialisten getöteten jüdischen
Mitbürger in Bürgersteine, meist vor deren ehemaligen Wohnungen und
Häusern einlässt, war vergangene Woche im Vorgebirge zu Gast. Einen
dieser Gedenksteine verlegte er in Hersel und fünf weitere in
Bornheim. Zuletzt war Demnig 2014 in Bornheim. Nach der jüngsten
Aktion wurden mittlerweile verteilt über das Stadtgebiete nun 55
Stolpersteine verlegt. Eine kleine Messingplatte erinnert an die
deportierten Menschen und deren Schicksale.

In Hersel an der Rheinstraße 245 lebte der 1869 in Rheinbach geborene
Viehhändler und Metzger Hermann Schmitz, der 1898 Carolina Meyer
heiratete. Beide lebten in Heimerzheim. Als Witwer zog er 1936 zur
Familie seiner Tochter Eva nach Hersel. 1942 musste Schmitz in ein so
genanntes Judenhaus umziehen. Von dort wurde er zunächst nach
Theresienstadt deportiert und schließlich nach Treblinka, wo er
ermordet wurde. Für seine Tochter Eva, ihren Ehemann Jakob Salomon
und deren Sohn Emil, die alle drei ebenfalls im Holocaust umgebracht
wurden, sind an gleicher Stelle bereits 2010 drei Stolpersteine
angebracht worden, die nun aus Platzgründen mit dem Stein für
Hermann Schmitz an neuer Stelle vor dem Haus Rheinstraße 245 verlegt
worden sind. Seine Enkelin Susana Klick aus Rheinbach nahm persönlich
an der Verlegung teil. Enkelin Carolina Spies aus Niederzissen konnte
aus gesundheitlichen Gründen nicht dabei sein, übernahm aber die
Patenschaft für diesen Stolperstein. Susana Klick hatte ihren
Großvater nie kennenlernen dürfen und ihr Vater schwieg über die
NS-Zeit. Durch die Kunstaktion hat sie viel über ihre
Familiengeschichte erfahren, schilderte sie.

Vor dem Haus an der Königstraße 121 in Bornheim erinnern nun
ebenfalls fünf weitere Stolpersteine an das Schicksal ehemaliger
jüdischer Mitbürger. Arbeiter Josef Schmitz, Jahrgang 1882, musste
1942 in das Sammellager im Kloster „Zur ewigen Anbetung“ nach
Bonn-Endenich ziehen. Im selben Jahr deportierte man ihn nach
Auschwitz, wo er dann auch starb. Seine 1901 geborene Frau Sibilla
Schmitz, geborene Nathan, wurde von Bonn nach Lodz deportiert und dort
ermordet. 1940 kam ihr gemeinsamer Sohn Sally zur Welt. Auch er wurde
in Lodz mit gerade einmal zwei Jahren getötet. Sibilla Schmitz‘
Vater Bernhard Nathan war Händler und wurde in Treblinka ermordet.
Bernhard Nathans Schwester Johanna wurde 1944 in Theresienstadt
ermordet. Als die Nazis die Macht übernahmen, hatte Sibilla Schmitz
noch fünf lebende Geschwister. Albert und Julia Nathan wurden im
Holocaust ermordet. Julias Sohn Hans Ludwig wurde 1945 bei Dachau
befreit und emigrierte in die USA. Olga, Sophia und Otto konnten
rechtzeitig in die USA, beziehungsweise nach Argentinien auswandern.

In Hersel überreichte Bürgermeister Wolfgang Henseler den Paten für
die Stolpersteine ihre Urkunden. Sowohl in Hersel, als auch in
Bornheim führten Jugendliche vom „Kulturraum Sechtem“ unter der
Leitung von Mareike Osenau eine kurze Performance zum Leben der Opfer
und zum Thema Antisemitismus auf. Musikalisch abgerundet wurden die
Veranstaltungen durch Klezmer-Musik vom Musiker und Musikpädagogen
Udo Seehausen aus Alfter, der mit seinen Schülern die jiddischen
Lieder „Ani Ole L’i’rushalaym“, „Shabes Nign“ und „Mir
Saynen Ale Brider“ spielte.

An das Schicksal deportierter Bornheimer Juden erinnern Stolpersteine
nicht nur in Bornheim und Hersel, sondern auch in Roisdorf,
Walberberg, Widdig, Merten, Sechtem und Waldorf. Insgesamt erinnern
seit 1992 fast 70.000 dieser Gedenksteine in 21 Staaten Europas an das
Schicksal ermordeter Juden während des NS-Regimes.

Wider das Vergessen: Gunter Demnig verlegt Stolpersteine in Hersel (Foto) und in Bornheim. | Foto: Frank Engel-Strebel
Die Stolpersteine finden sich in Hersel vor dem Haus in der Rheinstraße 245. | Foto: Frank Engel-Strebel
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