"Wir haben ein Problem"
Virtuelle Talkrunde diskutierte über Rassismus

„Gemeinsam gegen Rassismus“: Von der Herseler Rheinhalle aus diskutierten (von links) Kassandra Kate Ramey, Celine Babakan, der Vorsitzende des Stadtjugendrings Dominik Pinsdorf und Lena Behnke mit promimenten per Videochat zugeschalteten Politikern. | Foto: Frank Engel-Strebel
  • „Gemeinsam gegen Rassismus“: Von der Herseler Rheinhalle aus diskutierten (von links) Kassandra Kate Ramey, Celine Babakan, der Vorsitzende des Stadtjugendrings Dominik Pinsdorf und Lena Behnke mit promimenten per Videochat zugeschalteten Politikern.
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Bornheim - (fes) Leidenschaftliche Plädoyers für eine tolerantere
Gesellschaft hielten die Gäste der jüngsten Talkrunde der Reihe
„Jugend trifft auf Politik“, die diesmal unter dem Gedanken
„Gemeinsam gegen Rassismus“ stand. Moderatorin Celine Babakan
stellte dabei einleitend fest: „Wir reden nicht darüber, ob wir ein
Rassismusproblem haben, wir haben ein Rassismusproblem“.

Pandemiebedingt fand die Diskussion auch diesmal nicht vor Publikum
statt, sondern wurde direkt aus der Rheinhalle Hersel gestreamt. Bis
auf die Bonner Aktivistin Kassandra Kate Ramey waren alle Gäste per
Livestream zugeschaltet, ebenso Bundestagspräsident a. D. Wolfgang
Thierse (77), Schirmherr von „Jugend trifft auf Politik“, der ein
Grußwort sprach.

Es diskutierten mit Celine Babakan und Co-Moderatorin Lena Behnke der
frühere Bundespräsident Christian Wulff (61, CDU), Bundesminister a.
D. Sigmar Gabriel (61, SPD), die Antisemitismus-Beauftrage des Landes
NRW und Bundesministerin a. D. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (70,
FDP), die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages Petra Pau (58,
Die Linke) sowie die 27-jährige Jurastudentin und Aktivistin
Kassandra Kate Ramey. Die in Deutschland geborene Bonner Tochter eines
US-Amerikaners und einer Philippinerin startete nach dem Mord an dem
Afroamerikaner George Floyd in den USA auf Instagram die
Anti-Rassismus-Kampagne „#iseeracism“.

Petra Pau zufolge gibt es einen „tief verwurzelten strukturellen
Rassismus in der Gesellschaft“. Hier müsse man sofort „das
Stoppschild zeigen“ und Solidarität mit den Betroffenen ausüben.
„Wir müssen darauf achten, dass Vorurteile, die in uns allen
schlummern, nicht aufbrechen. Wir brauchen im Kampf gegen
strukturellen Rassismus mehr Aufklärung durch Medien und Schulen“,
mahnte Sigmar Gabriel. Alltagsrassismus habe viele Facetten. Oft laufe
dieser unbemerkt ab und vielen sei nicht bewusst, wie eine Bemerkung
oder eine Frage bei dem Gegenüber ankomme: „Ich träume auf
Deutsch, ich lebe gerne hier und bin hier aufgewachsen. Dennoch werde
ich oft gefragt, woher ich denn eigentlich komme. Um rassistisch zu
sein, muss man nicht absichtlich handeln“, meinte hierzu Kassandra
Kate Ramey.

Viele Menschen haben derzeit große Sorgen und Nöte und kritisieren
die Einschränkungen ihrer Grundrechte aufgrund der Corona-Pandemie.
Dies müsse man auch ernst nehmen, betonte Petra Pau. Aber sich
hierfür der Nazi-Symbole zu bedienen, dem müsse man „entschieden
widersprechen.“ Dies sah auch Sabine Leutheusser-Schnarrenberger so:
„Wenn ich meine Meinung kundtun möchte, muss ich auch mal darüber
nachdenken, ob ich Rattenfängern hinterherlaufen möchte.“
Ex-Bundespräsident Christian Wulff lobte die zahlreichen
Jugendlichen, die sich nach dem Mord an George Floyd über
Social-Media-Plattformen für die „Black-Lives-Matter“-Bewegung
stark gemacht hätten. Besorgt zeigte er sich hingegen, dass sich
Rechtsradikale über Internet-Chaträume immer stärker vernetzen.
Hier müsse die Polizei besser ausgestattet werden, um diese
Aktivitäten stärker überwachen zu können.

Ganz verschwinden werde Rassismus nie, aber alle müssten gemeinsam
daran arbeiten „Anti-Rassisten“ zu sein, appellierte
Leutheusser-Schnarrenberger. Petra Pau sprach sich dafür aus für die
Demokratie zu kämpfen und Artikel eins des Grundgesetzes zu leben.
Dies sah auch Christian Wulff so und ergänzte: „Wenn man aktiv
etwas tun möchte, dann kann man das auch tun, denn wir leben in einer
bunten Republik Deutschland.“ Am Ende laufe alles nur über
dauerhaftes Lernen und den gegenseitigen Austausch: „Dann wird sich
vieles zum Positiven verändern“, hoffte Kassandra Kate Ramey.

Unter dem Stichwort „Stadtjugendring Bornheim“ ist die
Diskussionveranstaltung „Jugend trifft auf Politik - Gemeinsam gegen
Rassismus“ über den Videokanal YouTube weiterhin kostenlos
abrufbar: 

https://www.youtube.com/watch?v=hqQbWXu9c7k

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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