Landwirtschaft im Vorgebirge
Wie gut klappt es mit ungelernten Kräften?
Bornheim-Dersdorf - (fes) „Nach dem ersten Tag hatte ich schon Muskelkater, doch das hat
sich längst gelegt und mittlerweile habe ich hier alle ins Herz
geschlossen“, erzählt Miriam Weber während sie einen Wagen mit
prall gefüllten Erdbeerkörbchen vor sich her schiebt. Die
25-jährige Bonnerin studiert Physik auf Lehramt und arbeitet derzeit
als Saisonkraft auf dem Erdbeerhof Schwarz in Bornheim-Dersdorf.
Eigentlich hat sie einen Studentenjob in einer Fahrschule in Brühl,
doch die hat wegen der Corona-Pandemie derzeit geschlossen, also
suchte sie nach einer Alternative. Seit vier Wochen arbeitet sie in
dem Familienbetrieb in einem der großen Gewächshäuser und hilft bei
der Ernte aus. Auch Annamaria Dresp (35) aus Bornheim pflückt
fleißig die saftigen roten Früchtchen. Sie ist eigentlich Hausdame
in einem Kölner Hotel. Doch dann kam der Lockdown wegen COVID-19.
Zwei Wochen verbrachte sie zu Hause, ihr wurde langweilig und sie
wollte wieder Geld verdienen. Da erfuhr sie, dass Markus Schwarz für
seinen Hof Erntehelfer suchte und fing hier an. Eine Arbeit im Stehen,
das macht ihr nichts aus: „In meinem eigentlichen Job stehe ich auch
den ganzen Tag, die Arbeit hier macht mir richtig Spaß, sie ist sogar
meditativ, ich bin prima hier angenommen worden und ich kann jetzt
sogar länger schlafen als sonst“, meint Dresp. Sie fängt zwar
bereits um halb sieben morgens an, muss dafür aber nicht lange zu
ihrer Arbeitsstelle fahren wie sonst.
In seinen Gewächshäusern in Dersdorf im Vorgebirge baut Markus
Schwarz auf zwei Hektar Erdbeeren an, hinzu kommen noch einmal gut 150
Hektar für Freilandgemüse wie Salate, Kartoffeln oder Rhabarber. Den
Betrieb führt er mit seiner Frau in der vierten Generation.
Elf Aushilfen beschäftigt er derzeit. Hinzu kommen polnische
Saisonkräfte. In diesem Jahr sind es coronabedingt nur 30 statt der
üblichen 40: „Die waren zum Glück früh genug gekommen, sie
mussten aber erst einmal 14 Tage in Quarantäne, damit sich niemand
infiziert.“ Um weitere Helferinnen und Helfer zu bekommen schaltete
Schwarz eine Stellenanzeige unter anderem auf Facebook. Mit
überwältigender Resonanz. Die meisten Bewerber waren Studenten oder
kamen aus dem Hotel- und Gastronimiebereich. „Ich brauchte
Mitarbeiter, die mindestens fünf Tage die Woche mindestens sechs
Stunden pro Tag arbeiten können, und nicht hier mal zwei Stunden und
da mal zwei Stunden und die auch bereit sind, körperlich zu
arbeiten“, erklärt Markus Schwarz. Seine große Sorge: Sollten
Restaurants und andere Betriebe im Mai wieder öffnen dürfen,
könnten ihn auch die Aushilfen wieder verlassen.
Doch es ist nicht nur das Coronavirus was Markus Schwarz derzeit
schlaflose Nächte bereitet. Er verkauft sein Obst und Gemüse an den
Lebensmittelhandel und leidet unter den immer niedrigeren Preisen. Der
Einzelhandel drücke die Preise, nicht die Kunden, die mittlerweile
die regionalen Produkte zu schätzen wissen und bereit seien, dafür
auch mehr zu bezahlen. Zudem fehlen ihm als Abnehmer die
Gastronomiebetriebe und dann blickt er auf den Boden. Dieser ist
staubtrocken und knochenhart. Seit einem Monat hat es nicht mehr
geregnet. Schwarz denkt mit unguten Gefühlen an den Dürresommer 2018
zurück: „Wir mussten Tag und Nacht beregnen, hatten das Vierfache
an Wasserkosten, um unsere Salate am Leben zu halten, da muss auch der
Preis stimmen. Doch das ist beim Lebensmittelhandel noch nicht
angekommen.“
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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