Interview mit Samuel Koch
Blattgold fühlt dem sympathischen "Paten" auf den Zahn
Köln - #infobox
Es war ein bewegter und bewegender Tag für die Schreibwerkstatt
Blattgold der Gold Kraemer Stiftung. Das Team interviewte Samuel Koch
auf dem Tag der Begegnung in Köln:
Samuel Koch hatte einen Unfall bei "Wetten, dass..?". Seitdem sitzt er
im Rollstuhl. Wir haben ihn
auf dem Tag der Begegnung des
LVR im Mai in Köln getroffen. Er ist wie ein Sonnenschein: So
offen und aus dem Herzen. Das spürt man richtig, wenn man mit ihm
spricht. Samuel ist nett, freundlich, ehrlich und nicht immer ernst
– er hat einen trockenen Humor. Er redet leise, aber manchmal auch
lauter, wenn er etwas erzählt, was ihn wütend macht. Als er unserer
Redakteurin Isabel Schatton die Hand gedrückt hat, bekam sie eine
Gänsehaut. Voll schön war das.
Das Interview wurde geführt von Blattgold, der Schreibwerkstatt
für Menschen mit Lernschwierigkeiten der Gold-Kraemer-Stiftung. Dabei
waren
- Ralf Fassbender[/*]
- Jochen Rodenkirchen[/*]
- und Isabel
- unter der Leitung der Journalistin Anja
Schatton[/*]
Schimanke[/*]
Blattgold: Wie geht es dir heute gesundheitlich?
_Samuel Koch: _Eigentlich ganz gut. Ich habe mich gerade im Urlaub
verbrannt - Verbrennungen zweiten, dritten Grades, aber dem Rest
meines Körpers geht es ganz gut.
Wie lange hast du damals für Deine Wette bei "Wetten dass…?",
über Autos springen zu können, geübt?
Viele, viele Jahre…
Das erste Auto hast du geschafft, das zweite Auto auch, das dritte
Auto nicht mehr, dann ist der Unfall passiert…
Das dritte Auto hat auch noch geklappt, das vierte nicht.
Oh! Das ist blöd gelaufen.
Ja, das ist ziemlich blöd gelaufen.
(Blattgold-Mitglied Isabel Schatton beginnt zu weinen…)
Guck mal, mir geht es doch gar nicht so schlecht. Schau, das kann
ich schon wieder. (Nimmt ihre Hand.) Kannst du das spüren?
Siehste...
Du bist verheiratet! Deine Hochzeitfeier im letzten Jahr hat drei
Tage lang gedauert? Warum drei Tage?
Weil ich mir 5 nicht leisten konnte. Sonst hätte ich fünf Tage
gefeiert.
Du feierst gerne!?
Ja, darum bin ich heute hier.
Wann hast du dich entschlossen, Schirmherr vom Tag der Begegnung zu
werden?
Relativ kurz nachdem ich gefragt wurde, ob ich das machen möchte.
Ich habe überlegt, ob ich Zeit habe und was es damit auf sich hat.
Und weil es eine gute Sache ist, mehr als eine gute Sache, war für
mich klar, dass ich vorbeikomme.
Und warum?
Weil man hier feiert und Menschen zusammenbringt.
Es geht um Inklusion und darum Barrieren abzuschaffen. Wenn du die
Macht hättest, welche Barrieren würdest du abschaffen?
Ich würde die Barrieren in den Köpfen von manchen Menschen
abschaffen und dafür sorgen, dass Menschen mehr aufeinander achten.
Und dafür sorgt so ein Tag der Begegnung! Da ergibt sich das meiste
von alleine, dann packen die Leute auch mit an, haben keine
Berührungsängste und tragen jemanden, der nicht laufen kann, die
Treppe hoch oder über unwegsames Gelände. Ich glaube, das ist fast
wichtiger, als die logistischen Barrieren wie Rampen oder unebene Wege
für Rollstuhlfahrer zugänglich zu machen.
Du wirkst immer so ruhig. Kannst du dich auch über etwas gehörig
aufregen? Bist du schon mal richtig wütend geworden?
Selten. Ich bin gerne lieber ruhig. Aber natürlich rege ich mich
über Ungerechtigkeiten auf. Ungerechtigkeit kann ich nicht ertragen,
egal in welchem Bereich, wenn Menschen ungerecht behandelt werden,
kann auch mir der Kragen platzen.
Manche Dinge sind für dich schwerer, zum Beispiel die
Schauspielschule zu besuchen. Wie schaffst du das?
Das ist eine Thematik, über die ich ein halbes Buch geschrieben
habe, das kann ich nicht in so wenigen Sätzen abhandeln. Aber
natürlich war das anstrengend und ich bin auf Grenzen gestoßen an
der Hochschule, die gesagt hat, wir arbeiten hier nur professionell,
also nicht mit Behinderten und da ging es erst mal darum, gegen
anzugehen. Was mich dazu motiviert hat? Zum einen habe ich die
Erfahrung gemacht, dass es sinnvoll ist, mich aus meinen
Wohlfühlbereichen hinaus zu bewegen. Das hat mir im Nachhinein immer
gut getan. Ich schaffe das alles nicht alleine! Dazu brauche ich meine
Mitmenschen, meine Freunde, meine Familie und andere, die es gut
meinen. Das motiviert mich.
Du bist Schauspieler. Würdest du gerne weiter was in diese
Richtung machen?
Ich bin noch mindestens ein Jahr am Festengagement am Staatstheater
Darmstadt. Daran bin ich vertraglich gebunden. Und danach werde ich
die Schauspielerei noch so lange machen, so lange es Jobangebote gibt
und sonst muss ich mir was Anderes überlegen.
Welche Rolle würdest du gerne mal spielen?
Eine Rolle, die nicht meinem Naturell entspricht, einen
Mafiaboss!
Mafiaboss, warum denn das?
Ich glaube, das würde mir gut stehen. Nur dasitzen, ab und zu
grimmig gucken oder dreckig lächeln und irgendwelchen Leuten Befehle
geben …
Das würde dir Spaß machen? Ein richtig harter Mafiaboss, der
sagt: So, jetzt bringt mal den oder den da um!?“
Ja, mal gucken.
So wie Marlon Brando in „Der Pate“?
In die Richtung, ja.
War nett, dich kennengelernt zu haben. Pass auf dich auf.
Danke. Ihr auch auf euch.
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Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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