Aus dem Krisengebiet zurück in Sicherheit
Der MedEvac, die fliegende Intensivstation

Medizinischer Evakuierungs-Airbus „MedEvac“: Oberstabsarzt Benedikt Schüller und Medizin-Gerätetechnikerin Mandy Wewior an einem der Insensivplätze für Verletzte.. | Foto: König
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Köln - (kg) Bereits durch den hellgrauen, mit einem flüchtig
durchschimmernden Blau versehenen Anstrich, lässt sich erkennen, dass
sich „Hermann Köhl“ sicher bewegen soll. Denn der Lack vermag dem
Airbus eine mögliche Sichttarnung hoch oben am Himmel zu geben. Die
nach dem deutschen Flugpionier benannte Medical Evacuation (MedEvac) A
310 reiht sich ein in eine von vier Maschinen, die als
Transportflugzeuge ausgerüstet, Verletzte aus Kriegsgebieten holen,
um sie zum Beispiel in Deutschland weiter zu versorgen.

„In Deutschland sind das die fünf Bundeswehrkrankenhäuser in
Berlin, Hamburg, Westerstede, Koblenz und Ulm“, erklärt
Oberstabsarzt Benedikt Schüller, der gleichfalls Medizinischer
Direktor des ehemaligen Lufthansa-Airbus ist. Anfangs acht Jahre im
Passagierverkehr eingesetzt, wurde das Großraumflugzeug umgebaut, und
ab 2000 in den Dienst der Flugbereitschaft des Bundesministeriums der
Verteidigung gestellt. Mit insgesamt fünf A 310 stellt die „Hermann
Köhl“ einen Teil des Transportgeschwaders der deutschen Luftwaffe
dar, die bis auf Cougar-Hubschrauber allesamt auf dem militärischen
Teil des Köln/Bonner-Flughafens untergebracht sind.

Eindrucksvoll ist die Nähe eines solchen Flugzeugs. Immerhin ist es
knapp 16 Meter hoch und fast 47 Meter lang, die Tragflächen spannen
von einer Flügelspitze zur anderen rund 44 Meter. Über eine große
Cargo-Klappe, die sich neben dem Personeneinstieg und dem Bauch der
Maschine befindet, können Verletzte in das Innere gebracht werden.
Vor Ort geschieht das durch Hebebühnen oder andere
Lademöglichkeiten, die einen reibungslosen Ablauf bis hin zu den 44
Liegen für Verletzte, sechs davon sind Intensivplätze. „Die
Intensivplätze sind für Verwundete, die im Narkosezustand sind“,
erläutert Schüller. „Wer hier liegt, ist immer ohne
Bewusstsein“. Voraussetzung für einen Flug sei, dass sich die
Patienten in einem stabilen Zustand befänden. Die Intensivplätze
sind genauso ausgestattet wie die auf der Intensivstation eines
Krankenhauses.

Einsätze der bis zu 25 Personen starken Crew, die unter anderem aus
Ärzten, Rettungsassistenten, Pflegern und einer
Medizin-Gerätetechnikerin wie Mandy Wewior bestehen, führten zum
Beispiel nach Afghanistan, Mali und Niger, sowie in den Kosovo, in den
Nordirak oder die Ukraine. Erstmals wurde ein Airbus der „grauen
Flotte“ vor 17 Jahren eingesetzt, um verletzte Palästinenserkinder
aus dem Gazastreifen nach Deutschland zu holen. Hilfe kam ebenfalls
2004 nach dem verheerenden Tsunami im Indischen Ozean. „Damals waren
zwei Maschinen im Einsatz, um die Verletzten aus Banda Ace zu
holen“, berichtet Hauptfeldwebel Wewior. Das Unterseebeben hatte
Nahe der indonesischen Küstenstadt eine Stärke von 9,0 nach der
Richterskala erreicht.

Ist ein Mensch einmal an Bord der Maschine, so ist er in Geborgenheit.
Im Bauch des Airbus stehen an den Intensivplätzen Beatmungsgeräte,
Sprit-

zenpumpen und medizinische Geräte bereit, mit denen Schüller zum
Beispiel Blutdruck, Herzfrequenz, Sauerstoffsättigung und Temperatur
ermitteln kann. Für Ärzte und Crew sind die Werte über Monitore zu
sehen. „Hier im Flugzeug ist noch nie jemand gestorben“, erklären
Schüller und Wewior.

Erfolgt ein Einsatzbefehl, so dauert es je nach Lage maximal 24
Stunden, bis der Airbus vom Militärflughafen Köln-Wahn abhebt.
„Nach Masar-e Scharif in Afghanistan sind es dann noch etwa sechs
Flugstunden“, sagt Oberstabsarzt Schüller. Der 30-Jährige ist seit
2016 bei der Flugbereitschaft des Verteidigungsministeriums, Kollegin
Wewior seit sieben Jahren. Beide haben ihre Ausbildung bei der
Bundeswehr absolviert. Ihre Arbeit ist für sie ein Traumjob,
ebenfalls für Oberleutnant Benjamin Wille (28), der bald Co-Pilot
einer der A 310 werden will. Für die Mannschaft sei es vor allem
wichtig, dass Verwundete aus Krisengebieten geholt und dann eine hoch
qualifizierte Behandlung erhalten, sagt Schüller. „Wir fliegen für
einen Soldaten“, bekräftigt er. „Das ist wichtig, damit die
Soldaten wissen, dass sie immer zurückgeholt werden“.

Und mit wieviel Leidenschaft hier jeder bei der Arbeit ist, weiß auch
Pilot Oberstleutnant Dirk Junker. Er und einige Kameraden hatten im
Radio von einem Bombenanschlag an einer Deutschen Botschaft gehört.
Ohne auf einen Marschbefehlt zu warten, trafen sie sich so schnell an
der Maschine, dass sie bereits sechs Stunden später in der Luft
waren. „Wenn wir mit dem MedEvac kommen“, müssen wir bei keiner
Nation lange auf eine Überfluggenehmigung warten“, weiß er. Wenn
es darum geht, Verletzte nach Hause zu bringen, haben Krieg und Streit
Pause.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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