#Toilettenpapier
Psychiater Dr. Manfred Lütz erklärt ein irrationales Krisen-Phänomen
In Supermärkten und Discountern reißen sich die Kunden gegenseitig
Toilettenpapierpackungen aus den Händen, diskutieren mit Verkäufern,
lungern lange vor Ladenöffnung vor der Tür. In Hongkong soll es gar
zu einem bewaffneten Raubüberfall auf einen Toilettenpapier-Lkw
gekommen sein.
Unter Hashtags wie #Klopapierkrise posten Menschen aus aller Welt in
sozialen Netzwerken die skurrilsten Auswüchse der Hamsterkäufe im
Zuge der Coronakrise: das Horten von Toilettenpapier, das manche
Menschen gleich wagenladungsweise aufkaufen, um sich für die Pandemie
zu wappnen. Informationen, wann es wo Nachschub gibt, werden „unter
der Hand gehandelt“. Aber warum ausgerechnet Toilettenpapier? Wo
verschwinden die Rollen? Wir haben den Kölner Theologen und
Psychiater Dr. Manfred Lütz nach den Hintergründen dieses Phänomens
befragt. Der Experte sieht es so:
Das Hamstern von Toilettenpapier ist tatsächlich ganz irrational,
denn Toilettenpapier ist nun wirklich nicht lebensnotwendig. Im
Notfall gibt es da genügend Methoden, sich anderweitig zu behelfen.
Ich vermute, dass das eine Art Schneeballeffekt ist, der übrigens
dann noch medial weiter angetrieben wird. Wenn irgendjemand den
Eindruck bekommt, mit dem Toilettenpapier könnte es eng werden und
deswegen mehr als normalerweise kauft und das dann aus demselben Grund
mehrere Menschen tun, dann entsteht der befürchtete Mangel durch die
Befürchtung tatsächlich und wenn dann darüber berichtet wird, gibt
es natürlich kein Halten mehr. Das Ganze wird sozusagen zur
„Self-fullfilling-prophecy“.
Verstärkend wirkt wahrscheinlich, dass Menschen ohnehin dazu neigen,
das zu tun, was alle tun. Deswegen führt das Steigen der
Beliebtheitswerte einer Partei ja auch zu einem weiteren Steigen -
ohne dass da irgendetwas Neues passiert wäre.
Schließlich spielt vielleicht beim speziellen Thema Toilettenpapier
eine Rolle, dass jeder schon mal das extrem unangenehme Gefühl erlebt
hat, auf der Toilette zu sitzen - und das Papier ist alle.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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