Corona-Verordnungen sind gültig, obwohl sie nicht im Bundesgesetzblatt standen

Foto: Correctiv

Angeblich seien alle Corona-Verordnungen – und damit auch die Corona-Maßnahmen – ungültig, weil sie nicht im Bundesgesetzblatt verkündet wurden. Das ist falsch. Verordnungen können auch im Bundesanzeiger veröffentlicht werden.

  • BEHAUPTUNG

Alle Corona-Verordnungen seien ungültig, weil sie nicht im Bundesgesetzblatt gestanden hätten.
Aufgestellt von: Telegram-Beitrag
Datum: 13.08.2021

  • BEWERTUNG

FALSCH
Über diese Bewertung
Falsch. Im Gegensatz zu Gesetzen können Verordnungen unter bestimmten Voraussetzungen auch im Bundesanzeiger veröffentlicht werden. Im Bundesgesetzblatt müssen sie dann nicht stehen.

Aktuell wird ein Bild geteilt, das bereits Mitte August auf Telegram und Facebook kursierte. Darauf wird behauptet, alle Corona-Verordnungen seien „nichtig“. Angeblicher Grund dafür: Die Verordnungen seien nur im Bundesanzeiger veröffentlicht worden, aber nicht im Bundesgesetzblatt – wodurch sie nie in Kraft getreten seien. Das ist falsch: Verordnungen müssen, im Gegensatz zu Gesetzen, bisher nicht zwingend im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden.

Eine Sprecherin des Bundesjustizministeriums erklärte uns per E-Mail, dass Verordnungen, die unverzüglich in Kraft treten sollen, im Bundesanzeiger erscheinen, weil sie dort online veröffentlicht werden können, wohingegen das Bundesgesetzblatt analog erscheint, eine Veröffentlichung dort also länger dauert. Ab Januar 2023 solle, so die Sprecherin, auch das Bundesgesetzblatt online erscheinen; ab dann müssten auch eilige Rechtsverordnungen regulär dort veröffentlicht werden, da es dann keinen zeitlichen Vorteil mehr gegenüber dem Bundesanzeiger gebe.

Das Bundesgesetzblatt ist ein sogenanntes Verkündungsorgan der Regierung. Damit neue Gesetze in Kraft treten können, müssen sie darin veröffentlicht („verkündet“) werden. Das Bundesgesetzblatt erscheint unregelmäßig und enthält neben neuen Bundesgesetzen auch die meisten Rechtsverordnungen, Erlasse des Bundespräsidenten und ähnliche Verkündigungen. Es erscheint in unregelmäßigen Abständen.

Der Bundesanzeiger dagegen erscheint online und enthält neben bestimmten anderen Rechtsverordnungen auch Bekanntmachungen von Unternehmen und wirtschaftlich relevante Strafsachen. Verordnungen kommen im Unterschied zu Gesetzen nicht vom Parlament, sondern direkt von der Regierung.

In Artikel 82 des Grundgesetzes heißt es: „Rechtsverordnungen werden von der Stelle, die sie erläßt, ausgefertigt und vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung im Bundesgesetzblatte verkündet.“ Dieser Teil von Artikel 82 wird auch in dem Bild auf Telegram zitiert, was „anderweitige gesetzliche Regelungen“, also die Ausnahmen von dieser Regelung sind, wird jedoch in dem Zitat weggelassen.

Eine „anderweitige gesetzliche Regelung“ besteht beispielsweise dann, wenn eine Verordnung wegen „Gefahr im Verzug“ sofort in Kraft treten soll. Das steht im „Gesetz über die Verkündung von Rechtsverordnungen und Bekanntmachungen“. Eine Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt ist dann nicht vorgesehen. Das steht beispielsweise auf der Seite der Bundeszentrale für politische Bildung.

Gesetze müssen im Bundesgesetzblatt verkündet werden, Verordnungen nicht unbedingt

Das Bundesgesundheitsministerium führt eine öffentliche Liste der Gesetze und Verordnungen, die die Zuständigkeit des Ministeriums betreffen. Diese beinhaltet auch die Verordnungen und Gesetze, die in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie verabschiedet wurden. In der Liste ist aufgeführt, wo die Veröffentlichung stattgefunden hat.

Das Zweite Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes etwa erschien am 31. Mai 2021 im Bundesgesetzblatt. Dort muss es auch verkündet werden, weil es sich um ein Gesetz handelt. Die Erste Verordnung zur Änderung der Coronavirus-Impfverordnung dagegen wurde am 1. Oktober 2021 im Bundesanzeiger verkündet.

Die Behauptung, dass alle Corona-Verordnungen nichtig seien, weil sie nicht im Bundesgesetzblatt verkündet wurden, ist also falsch. Das hatte auch die DPA in einem Faktencheck dargelegt.

Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:

Erklärung des Bundesministeriums für Gesundheit zum Unterschied von Gesetz und Verordnung: Link
Gesetz über die Verkündung von Rechtsverordnungen und Bekanntmachungen: Link
Alle Gesetze und Verordnungen auf der Internetseite des Bundesministeriums für Gesundheit: Link

Stand vom 19.11.2021. Mögliche Änderungen oder Aktualisierungen finden Sie hier im Originalartikel

Fakten für die Demokratie

Durch eine Kooperation mit dem Bundesverband Deutscher Anzeigenblätter (BVDA),
erscheint in den Anzeigenblättern regelmäßig ein Faktencheck des unabhängigen und gemeinnützigen Recherchezentrums CORRECTIV. Die vielfach ausgezeichnete Redaktion deckt systematisch Missstände auf und überprüft irreführende Behauptungen.

Wie Falschmeldungen unsere Wahrnehmung beeinflussen und wie Sie sich vor gezielten Falschnachrichten schützen können, erfahren Sie " data-newtab="nt" id="wbbid_27">hier. Abonnieren Sie für regelmäßige Updates auch den Newsletter von " data-newtab="nt" id="wbbid_27">CORRECTIV.Faktencheck.

Im Kurs der Bürgerakademie, der digitalen Lernplattform von CORRECTIV, lernen Sie
außerdem, wie Sie zuverlässige Quellen erkennen und seriöse Informationen
einordnen. Zum Kurs „Fake News entdecken".

Freie/r Redaktionsmitarbeiter/in:

CORRECTIV. Faktencheck

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

2 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.