Hausbau im Wandel
Die großen Trends der jüngsten Zeit und ihre Zukunft
Es sind nunmehr gut zehn Jahre vergangen, seitdem die Europäische
Zentralbank den Euroleitzins auf eine Talfahrt schickte, die bis heute
andauert. Diese
stufenweise Absenkung bewirkte, dass Zinsen generell tief
sanken, so auch für Hausbaukredite. Damit kamen mehr Menschen in den
Genuss, sich ein Eigenheim leisten zu können – ein Bau-Boom begann.
Dieser Boom produzierte, aus Gründen von Zeitgeist, Finanzsituation
und auch Gesetzeszwängen, einige signifikante Trends. Diese zeigt der
folgende Artikel ebenso auf wie er ihre Zukunftstauglichkeit
bewertet.
1. Steigende Preise
In Deutschland herrscht freie Marktwirtschaft, das Prinzip von Angebot
und Nachfrage. Steigt die Nachfrage, verknappt sich das Angebot,
steigt der Preis. Das gilt nicht nur bei Gütern des täglichen
Bedarfs, sondern zeigt sich auch beim Hausbau. Wo in den vergangenen
Jahren immer mehr Menschen ins Eigenheim wollten, stiegen die Preise:
- generell für Grundstücke,
- für die notwendigen Ausstattungsdetails zwischen Fußböden
- für die Handwerksleistungen der
- für das Gesamtpaket des fertiggestellten
[/*]
und Deckenlampen,[/*]
Gewerke – weil die Zahlen verfügbarer Bauhandwerker relativ
gleichblieben – und
[/*]
Hauses.[/*]
Diese Tatsache zeigt sich eindrücklich bei
den
offiziellen Preisindizes. Zwischen 2000 und 2008 stiegen sie
bei Neubauten nur um einen Indexpunkt an. Dann begann ein Run: Bis
2019 kletterte der Wert um 46 Indexpunkte; allein seit 2015 um 22.
Noch wesentlich dramatischer war der Anstieg bei Bauland – und beide
Trends werden sich wohl solange fortsetzen, wie die Zinsen niedrig
bleiben.
2. Stark gestiegenes Umweltbewusstsein
Die vergangenen zehn Jahre markieren auch an anderer Stelle eine
Zäsur: Sie sind das Jahrzehnt, in denen sich in der breiten
Bevölkerung ein starkes Bewusstsein für
den
Klimawandel und die Belange, ihn abzumildern, ausprägte. In
Folge dessen blieb praktisch kein Lebensbereich zwischen Arbeit und
Zugfahrt unangetastet, so auch der Hausbau.
Generell lässt sich feststellen, dass
Nachhaltigkeit
ein enormer Bautrend ist; nicht weniger als 82 Prozent aller
Deutschen finden mittlerweile Umweltschutz bei ihrem Bauvorhaben
entscheidend. Dies gilt völlig ungeachtet der gesetzlichen
Notwendigkeiten zum Umweltschutz beim Hausbau, diese kommen nur hinzu.
Ein eindrückliches Beispiel dafür: Am 1. Februar 2002 trat die erste
Fassung der EnEV, der Energieeinsparverordnung, in Kraft. In den
seitdem vergangenen 18 Jahren wurde sie fünfmal großflächig
abgeändert, zuletzt 2016. Mittlerweile ist, zumindest bei
öffentlichen Gebäuden, auch
bereits
der Nachfolger GEG, GebäudeEnergieGesetz, in Kraft und wird
ab 2021 auch bei Privathäusern die bisherige EnEV sowie weitere
Gesetze zusammenfassend ablösen.
Auch hier wird die Zukunft nur eine Richtung kennen: Noch mehr
Nachhaltigkeit. Nicht zuletzt deshalb, weil die Entwicklungen rasant
gehen und noch mehr Spielraum ermöglichen.
3. Viel mehr Fertighäuser
Deutschland galt lange Jahrzehnte als regelrechte Bastion des
Massivhausbaus. In Nordrhein-Westfalen beispielsweise betrug
der
Anteil an Fertighäusern im Jahr 2007 gerade einmal 8,4
Prozent. Bis 2019 konnte er sich in NRW auf 14,4 Prozent steigern –
noch dramatischer war es in anderen Bundesländern.
Die Gründe dafür sind vielfältig, aber ein logischer Schluss aus
der heutigen Zeit:
- Geschwindigkeit
[/*]
Nach Abschluss derjenigen Vorarbeiten, die bei allen Bauformen gleich
sind, benötigen Fertighäuser nur einen Bruchteil der Errichtungszeit
massiver Bauten.
- Einfachheit
[/*]
Fertighäuser werden „aus einer Hand“ gefertigt, womit sich der
administrative Aufwand für Bauherrn signifikant verringert.
- Kosten[/*]
Durch die standardisierte, vorgefertigte Bauweise sind Fertigbauten
pro Quadratmeter in der Regel günstiger.
- Qualität[/*]
In den vergangenen 15, 20 Jahren hat die Fertighausbranche stark
aufgeholt, sodass Unterschiede in Ausführung und Haltbarkeit nicht
mehr erkennbar sind.
- Materielle Individualität
[/*]
Massivhäuser können nur aus Stein bestehen, heutige Bauherren
wünschen jedoch mehr Freiheit, etwa Blockbohlenbau etc. Hier kann die
Fertigbaubranche mehr Alternativen „von der Stange“ offerieren.
Auch das dürfte ein Trend sein, der sich kaum wandeln wird; die
vergangenen Jahre haben das Fertighaus fest in Deutschland etabliert.
4. Kein Keller als Automatismus
Ein weiterer Faktor, der über viele Jahrzehnte ein deutsches Muss
war, ist das Untergeschoss. Wer baute, tat dies mit Keller – die
Frage nach dem Warum stellte sich schlicht nicht.
An diesem Punkt kommt allerdings zum Tragen, dass
- die Baukosten so stiegen
- dank veränderter Einkaufsgewohnheiten heute nicht mehr so
- sich viele Heizungsmodelle etablierten, die keinen
[/*]
viel bevorratet wird und
[/*]
umfangreichen „Heizungskeller“ oder gar Vorratsräume mehr
benötigen – beispielsweise die Wärmepumpe.[/*]
So überdachten neuerdings viel mehr Bauherren die „K-Frage“ und
stellten Notwendigkeit, Aufwand und Kosten des Kellers grundsätzlich
infrage. Das Ergebnis: mittlerweile wird nur noch etwa gut die Hälfte
aller Neubauten unterkellert – Expertenschätzungen zufolge, da
dieser Faktor statistisch nirgendwo erfasst wird.
Für diesen Trend ist die Zukunft allerdings etwas nebulös:
- Nicht zuletzt die jüngsten Ereignisse führten vielen
- Es scheint so, dass sich just in der hausbauenden
- Es findet seit einigen Jahren, vor allem im
- Ein weiterer Trend geht zur Einliegerwohnung – sei es, um
Deutschen vor Augen, wie wichtig eine etwas umfangreichere
(Lebensmittel-)Bevorratung sein kann.
[/*]
Mittelschicht
ein
gewisser Trend zu mehr Kindern abzeichnet.
[/*]
(semi-)ländlichen Raum, wo am meisten gebaut wird, eine Rückkehr des
Partykellers statt – steigende Gastronomiepreise und Kneipensterben
stecken dahinter.
[/*]
durch deren Vermietung die Abtragungsbelastung zu reduzieren,
Verwandten (Kindern) eine Wohnung bereitzustellen oder mit Hinblick
auf Altersabsicherung Wohnraum für Pflegepersonal zu
haben.[/*]
In den kommenden Jahren könnte der Keller also durchaus ein Revival
erleben.
5. Glas und sehr große Fenster
Kaum ein Hausbaukatalog kommt seit einigen Jahren ohne das Attribut
„lichtdurchflutete Räume aus“. Tatsächlich hat der prozentuale
Anteil von Glas- an der Gesamtfläche von Fassaden in den vergangenen
Jahren stark zugenommen. Dahinter steckt nicht nur der Wunsch nach
zeitgenössischem Wohnen, sondern auch ein höchst banaler
Spargedanke: Wo Strom immer teurer wird, bedeuten mehr und größere
Fensterflächen, dass schlicht weniger Kunstlicht benötigt wird.
Zudem ist der klassische Heizungsradiator ein Auslaufmodell.
Für
57 Prozent aller Bauherrn ist die Fußbodenheizung nicht bloß
ein Wunschtraum, sondern immer häufiger Realität. Und wo kein
Radiator notwendig ist, können Fenster bis zum Boden gehen.
Natürlich sind definitive Zukunftsaussagen immer schwierig,
allerdings scheint es so, dass dieser Trend bereits abebbt. Denn so
vorteilhaft die großen Fenster sind, sie werden in der Wohnrealität
von Normalverbrauchern sehr häufig mit einem hohen Preis bezahlt:
- Putzaufwand [/*]
Mehr Fenster bedeuten mehr Reinigungsaufwand und -zeit – und wo
Freizeit immer mehr zum kostbaren Gut wird, wollen nur die wenigsten
diese mit Putzen vergeuden.
- Privatsphäre[/*]
Der Preisanstieg führte dazu, dass Baugrundstücke signifikant
schrumpften; Nachbarn leben in typischen Neubaugebieten dichter
beieinander. Und je größer die Glasfläche, desto mehr ungebetene
Einblicke in die Privatsphäre sind möglich.
- Energetischer Wartungsaufwand
[/*]
Bei (notwendigerweise) gleicher Dämmleistung sind Fenster pro
Quadratmeter nicht nur teurer als eine beliebige Wandfläche, sondern
benötigen im Gegensatz zu dieser auch regelmäßige Wartung, um nicht
mit der Zeit zu einer Lücke in der Dämmwirkung zu werden.
- Stauraum[/*]
Je größer die Fenster- desto geringer die Wandfläche und damit auch
mögliche Aufstellzonen für Schränke, Regale, Regalbretter usw.
Gerade in Gebäuden ohne Keller und den sowieso reduzierten
Innenwandflächen (siehe nächster Punkt) stellten viele Bauherren der
jüngsten Zeit schmerzhaft fest, dass es ihnen schlicht an Stauraum
für den Hausrat mangelt.
Zudem gehen bei der Energetik immer mehr Zukunftskonzepte nicht nur
den Weg des Dachs als Träger für Photovoltaik und Solarthermie,
sondern inkludieren auch immer häufiger die Fassade. Gut möglich
also, dass künftig die Fensterflächen wieder auf ein
traditionelleres Maß schrumpfen.
6. Offenes Wohnen
„Weg mit den Wänden“. Der große architektonische Schlachtruf des
vergangenen Jahrzehnts. Ein nicht bloß zeitgeistiger Wunsch, sondern
einer mit guten Gründen:
- Absauganlagen für die Küche wurden jüngst enorm
- Familienleben bekam einen veränderten Stellenwert: Im Haus
- Die Definition von Raumgefühl wurde eine andere. Offene
- Freiheit bei mehr Sicherheit. Wo keine Wände sind, lässt
leistungsfähig. Geruchsnachteile werden deshalb immer
unbedeutender.
[/*]
soll das Leben gemeinsam stattfinden, nicht jeder für sich hinter
verschlossenen Türen.
[/*]
Häuser wirken wesentlich größer als sie es eigentlich sind.
[/*]
sich spielender Nachwuchs viel leichter im Blick halten, ohne dass
dazu andere Tätigkeiten warten müssten.[/*]
Zudem bedeutet natürlich auch die Abwesenheit von Innenwänden, dass
mehr Licht im ganzen Haus vorhanden ist – sowohl von draußen wie
durch Lampen und Leuchten.
Tatsächlich könnte dieser Trend künftig nur theoretisch ausgebremst
werden. Die mangelnden Wände verunmöglichen es, Zimmer hinsichtlich
ihrer Beheizung einzeln zu regulieren. Umgekehrt allerdings machen sie
den Heizaufwand geringer, da sich Wärme leichter verbreiten kann.
Für die meisten Experten ist das offene Wohnen deshalb ein Trend, der
gekommen ist, um zu bleiben.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.