Europameister
Überraschungscoup auf der Schweinestrecke
Zülpich/Aarhus - Die Voraussetzungen waren nicht ideal. Eine Zerrung setzte Dr.
Gerd-Rüdiger Wasmuth zwei Wochen außer Gefecht. Kurzzeitig hatte der
Vorsitzende des TuS Chlodwig Zülpich sogar überlegt, seinen Start
bei den 20. Europa-Senioren-Leichtathletik-Meisterschaften im
dänischen Aarhus abzusagen. Doch dann machte sich der 72-jährige
Zülpicher doch noch auf den Weg.
Mit Erfolg: Über die 400-Meter-Distanz belegte der TuS-Chef den 16.
Platz im Gesamtklassement. In der Altersklasse M 70 verbesserte
Wasmuth in diesem Rennen seinen eigenen Kreisrekord von 77,31 auf
76,31 Sekunden.
„Wenn man die verkorkste Vorbereitung sieht, ist da sogar in der
Zukunft noch mehr drin“, so Wasmuth, der seit mehr als sechs
Jahrzehnten Leichtathletik macht. Für den Endlauf in Aarhus hatten
sich sechs deutsche Läufer qualifiziert. Da Wasmuth zwei Sportler aus
der Bundesrepublik hinter sich ließ, qualifizierte er sich
automatisch für die 4x400-Meter-Staffel.
„Damit habe ich nie gerechnet“, so Wasmuth, der nach der
Nominierung ein organisatorisches Problem zu lösen hatte. Der
Zülpicher hatte sein Hotelzimmer nur bis montags gebucht. Die Staffel
sollte aber erst fünf Tage später laufen. „Ich habe mein Hotel
verlängern können“, berichtet Wasmuth. Bis zum Finallauf der
Staffel habe er nur locker trainiert und ganz viel Sightseeing
gemacht.
In der Staffel lief der Zülpicher dann an zweiter Position. „Unsere
Stärke war die Ausgeglichenheit der vier Läufer“, sagt er. Die
finnische und englische Staffel seien im Vorfeld zwar leicht
favorisiert gewesen, doch mit einem taktischen Kniff zogen Wasmuth und
Co. ihrer Konkurrenz schließlich den Zahn. Sowohl die Finnen als auch
die Engländer starteten mit ihren beiden stärksten Athleten. Die
deutsche Staffel teilte ihre beiden stärksten Läufer auf den
Positionen drei und vier ein. „Die Konkurrenz konnte am Ende einfach
nicht mehr mithalten. Im Ziel hatten wir zwölf Sekunden Vorsprung“,
berichtet Wasmuth.
Die Nationalhymne zu hören, sei schon ein besonderes Gefühl gewesen.
Er könne immer noch nicht glauben, was da in Aarhus passiert ist.
„Meine Frau muss mich immer noch regelmäßig kneifen, damit ich
realisiere, dass es kein Traum ist“, sagt der TuS-Vorsitzende, der
vor dem Rennen von seinem Sohn Stefan überrascht wurde. Der hatte
sich, als er erfahren hatte, dass sein Vater die Möglichkeit hat,
Europameister zu werden, ins Auto gesetzt. Von Münster aus machte
sich Stefan Wasmuth auf den Weg nach Dänemark und feuerte kräftig
an. „Die 400 Meter sind eine Schweinestrecke. Auf den letzten 50
Metern stirbt man förmlich. Trotzdem macht die Strecke mir irgendwie
Spaß“, so Wasmuth.
- Tom Steinicke
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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