Über Europa diskutieren
"Speed debating" im "Leonardo"
Schon seit gut zwei Jahren beschäftigt sich der Fachausschuss für Senioren, Integration, Generationen und Soziales auf Antrag der CDU mit dem Thema „Speed-Debating“, einem Diskussionsformat, mit dem man Interesse und Beteiligung Jugendlicher an politischen Entscheidungen fördern möchte. Spätestens nach einem ähnlich konzipierten, gelungenen „World-Café“ des Berufskollegs Eitorf im Herbst 2022 war für alle Beteiligten klar, dass das angestrebte „Speed-Debating“ nur in Zusammenarbeit mit den weiterführenden Schulen realisiert werden könne.
Die Ausschussvorsitzende Maria Miethke (CDU) konnte die Schulleitungen von Siegtal-Gymnasium (SGE), Sekundarschule (Schule an der Sieg) und Berufskolleg des Rhein-Sieg-Kreises für das Projekt begeistern, zeitlich wurde die Veranstaltung im Vorfeld der im Juni stattfindenden Europawahl angesetzt. Erstmals dürfen hierbei bereits 16-Jährige ihre Stimme abgeben, so dass diese Wahl besonders geeignet ist zur Beschäftigung von Schülerinnen und Schülern mit europäischen Themen.
So trafen sich Mitte April 170 wahlberechtigte Schülerinnen und Schüler im „Leonardo“, dem Forum des SGE, zum ersten Eitorfer „Speed-Debating“. Von der gastgebenden Schule nahmen 100, von der Sekundarschule 20 und vom Berufskolleg 50 Schülerinnen und Schüler an der Veranstaltung teil.
In zwei Blocks konnten Gruppen von bis zu zwölf Personen an Thementischen 20 Minuten lang mit Experten für Europapolitik diskutieren. Jede Schülerin und jeder Schüler konnte sich dabei für zwei von sieben Themen entscheiden. Auf Expertenseite waren Mitglieder des und Kandidaten für das Europaparlament sowie Mitglieder des Teams „EUROPE DIRECT“ der Europäischen Kommission der Einladung nach Eitorf gefolgt. Die Themen reichten von Migration, Mobilität und offene Grenzen über Demokratie, Menschenrechte, Frieden und Sicherheit bis zu KI, Fake-News oder Information und Kommunikation in der digitalen Welt.
Die Schulen hatten ihre Schülerinnen und Schüler intensiv auf die Begegnung mit den Experten vorbereitet. Am Berufskolleg waren die Jugendlichen kursweise von Politiklehrerin Michaela Köser-Segschneider und Deutschlehrer Dario Stemmel begleitet worden. Sie erarbeiteten ihre Fragen selbst, recherchierten dafür im Internet, beschäftigten sich mit der Qualität von Quellen und der Formulierung kriteriengeleiteter Fragen, erzählte Stemmel, der zusammen mit seiner Kollegin die Schüler auch zum „Speed-Debating“ begleitet hatte. Für die Teilnahme hatten sich alle freiwillig entschieden. Am SGE erfolgte die Vorbereitung im Rahmen des Unterrichts für ausgewählten Gruppen aus den Kursen Wirtschaft/Politik, berichtete Schulleiterin Dagmar Philipps, die als Gastgeberin auch die Veranstaltung moderierte. Bei der Sekundarschule war das Projekt laut Frank Nolden klassen- oder kursunabhängig interessierten Schülerinnen und Schülern vorgestellt worden.
Für die Teilnahme hätten sich dann mehr Schülerinnen und Schüler gemeldet als eigentlich geplant, freute sich Nolden. Die Fragenkomplexe seien von den Schülerinnen und Schülern selbst vorgeschlagen und die konkreten Fragen auch hier selbst erarbeitet worden.
Wie sehr sich die Schülerschaft tatsächlich für die Themen interessierte, zeigte sich in der praktischen Umsetzung. Kritisch wurde hinterfragt, wie die EU den Herausforderungen immer neuer Krisenherde begegnen oder daraus entstehende strukturelle Probleme beheben könne. Der Stellenwert von Klimaschutz, die Nachhaltigkeit von E-Autos, der hohe Bedarf an seltenen Erden oder der Umgang mit Atomenergie wurden ebenso hinterfragt wie Asylgesetze, Abschiebungen, die Einhaltung der Flüchtlingskonvention, der Umgang mit Menschenrechten, die Überforderung von Kommunen, Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt oder die Bekämpfung von Fluchtursachen. Dabei begnügten sich die Schülerinnen und Schüler selten mit den Antworten, sondern hakten nach und gingen auch in die Diskussion mit den Expertinnen und Experten.
Befragt nach den Gründen für die Teilnahme gaben viele, ähnlich wie Nicolas Zolper aus der Q1 des SGE, generelles Interesse an den Themen an. Louise Gerok und Magnus Röbbig aus der zehnten Klasse der Sekundarschule nannten den Direktkontakt zu Menschen mit Einfluss auf Entscheidungen sowie die Chance, Dinge anzusprechen, die sie selbst bewegen. Lilly vom Berufskolleg gefiel die Gelegenheit, die eigene Meinung zu transportieren und Antworten direkt statt über Medien zu erhalten, ihre Mitschülerin Kiana freute sich über das Interesse von Politikern an der Meinung Jugendlicher. Beide bedauerten, dass die Zeit zu knapp war, um alle Fragen zu stellen, die sie vorbereitet hatten, und regten an, solche Veranstaltungen häufiger und auf allen Ebenen anzubieten.
Freie/r Redaktionsmitarbeiter/in:Renate Deitenbach aus Eitorf |
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