Klara - ein Corona-Opfer
Start in mein neues Leben
Hallo,
hier bin ich! Die kleine Malteser-Mix-Hündin, die mit ihrer Wurfschwester von zwielichtigen rumänischen Züchtern in Deutschland verscherbelt werden sollte.
Viel zu jung, nur wenige Wochen alt, trennte man uns von unserer Mutter im Heimatland Rumänien, pries uns auf E-Bay Kleinanzeigen für viel Geld als reinrassige Malteserwelpen an und brachte uns ungeimpft, nicht entwurmt, natürlich illegal, nach Deutschland. Zum Glück hat PETA e.V. aufgepasst und kommt den zwielichtigen Gestalten, die sich „Züchter“ nennen, auf die Schliche.
Verdeckt wird Interesse bekundet und ein Treffen in Dortmund vereinbart. Noch bevor die Tierschützerin den vereinbarten Treffpunkt erreicht, erfolgt die telefonische Information, es geht weiter in den mehr als 100 km entfernten Rhein-Erft-Kreis, nach Erftstadt. Polizei und das zuständige Veterinäramt sind informiert, als die Tierschützerin auf drei vermeintliche Züchter*innen trifft.
Meine Wurfschwester und ich liegen völlig verängstigt in einem Wäschekorb. Was wir schon alles hinter uns haben… – man glaubt es kaum. Wir wissen überhaupt nicht, wie und was mit uns geschieht… – Auf einem Parkplatz sollen wir an neue Besitzer, das ist in unserem Fall zum Glück die verdeckte Tierschützerin von PETA e.V. – verscherbelt werden.
Glücklicherweise greifen die zuständige Veterinärmedizinerin und Polizeibeamte Corona konform ein. Leider gelingt es einer der kriminellen Gestalten zu entwischen. Den beiden anderen kann – zumindest vorübergehend – das Handwerk gelegt werden.
Wir werden durch Sicherstellung gerettet und landen für Monate in der Quarantänestation des Tierheims Bergheim. Obwohl wir erst fünf bis sechs Wochen alt sind – somit viel zu jung für die Trennung von unserer Mutter – gehören wir bereits zu den klassischen Corona-Opfern. Die lange Zeit in der Isolierstation müssen wir absitzen, damit nach etlichen Tests, Impfungen und Entwurmung sicher feststeht, dass wir gesund sind.
Im Tierheim Bergheim bekomme ich den Namen „Klara“. Meine Wurfschwester wird „Heidi“ genannt. Charakterlich sind wir grundverschieden. Heidi sprüht vor Temperament, ist sehr kontaktfreudig und lässt keine Gelegenheit aus, andere Vierbeiner anzupöbeln. Ich bin zierlicher, eher zurückhaltend, ruhig, ausgeglichen und gelassen. Menschen und andere Vierbeiner schaue ich mir zunächst auf Abstand an, ehe ich mich für eine Kontaktaufnahme entscheide.
Nach einer halben Ewigkeit in der Isolierstation ist es endlich soweit. Wir dürfen mit einer Pflegerin den Quarantänezwinger täglich für einen kurzen Spaziergang verlassen.
Als wir am frühen Nachmittag des 17. Juni 2021 unseren Kurzspaziergang starten, ahnen wir nicht, dass grundlegende Veränderungen unmittelbar bevorstehen. Die beiden Menschen, die sich mit zwei Artgenossinnen auf der Tierheimwiese aufhalten, registrieren wir nicht. Viel zu verlockend ist, in der Kürze der Zeit möglichst viele neue Eindrücke und Gerüche wahrzunehmen.
Als wir zurückkommen, geht es nicht ab in den Zwinger, sondern auf die Wiese. "Was für eine tolle Auszeit!", denke ich bei mir. Wir lernen die kommunikative Trixie und die Seniorin Leila kennen. Beide stammen wie wir aus dem Tierschutz. Trixie ist sogar eine „Bergheimerin“ und war vor fast fünf Jahren in der gleichen Situation wie wir jetzt…
Wie üblich, drängt sich Heidi in den Mittelpunkt und biedert sich den Menschen an. Dabei lässt sie nichts aus, sich interessant zu machen.
Ich halte mich meinem Naturell entsprechend auf Abstand und betrachte neugierig aus einigen Metern Entfernung was sich tut. Erst als sich alles ein wenig beruhigt hat, nehme ich Kontakt auf. Ich glaube, das gefällt den Menschen und den beiden Artgenossinnen. Kurze Zeit später ist die Entscheidung getroffen. Noch heute starte ich in mein neues Leben.
Nachdem alle Formalitäten erledigt sind, geht es los. Ich bekomme mein erstes eigenes Halsband. "Es ist ungewohnt und stört ein wenig…", konstatiere ich. Das Tierheim stellt vorübergehend ein Geschirr zur Verfügung, das mir die Leinenführigkeit erleichtern soll. Zusammen mit meiner neuen Familie lasse ich das Tierheim hinter mir. Wir steigen in ein bequemes Auto. Ich darf auf dem Arm von Frauchen sitzen. Zum ersten Mal seit Monaten verlasse ich das Tierheimgelände und bin erstaunt, wie groß die Welt „draußen“ tatsächlich ist, die auf mich wartet. Die Autofahrt bis zum neuen Zuhause genieße ich. Es gibt keinen Grund für Unwohlsein oder Angst. Die Menschen sind begeistert.
Das neue Zuhause fordert mich total. Es gibt große Zimmer, Treppen und noch mehr „Durchgänge“. Das sind Türen, die offen sind. Es gibt auch einen Garten – nur für uns. Ich bin überwältigt. Ein großer Wassernapf für alle, eine zügige schmackhafte Mahlzeit, reichlich Kuschelplätze und ein riesiger Korb mit Spielsachen aller Art machen sofort klar: Es kann nicht besser kommen. Mein künftiges Leben ist gesichert!
Ein neuer Name gehört auch dazu. Leila und Trixie sind schon da. Bine werde ich ab heute gerufen und bin sehr stolz.
Vorübergehend verabschiede ich mich bis zu meinem nächsten Bericht
Eure Fellnase
Bine
Anmerkungen von Frauchen:
In Zeiten der Pandemie boomt der illegale Welpenhandel geradezu.
Dem Homeoffice ist wahrscheinlich geschuldet, dass sich viele Menschen den lang gehegten Wunsch nach einem Haustier erfüllen. Seriöse Züchter sind kaum in der Lage, die sprunghaft gestiegene Nachfrage zu decken. Nicht nur die Preise steigen exorbitant – leider auch der illegale Welpenhandel. Deshalb: Kein Kauf über Internetportale, wie z.B. E-Bay Kleinanzeigen. Die Übergabe auf einem Parkplatz oder an einer Autobahnraststätte beispielsweise sollen in jedem Fall aufhorchen lassen. Meist sind die Tiere viel zu jung, weder geimpft noch entwurmt, Heimtierausweise nicht selten gefälscht, die Tiere oft krank.
All das muss nicht sein! In jedem Tierheim warten Haustiere mehr oder minder lange, in ein liebevolles Zuhause aufgenommen zu werden.
Jede*r, der/die sich zugunsten eines Haustiers entscheidet, muss sich darüber im Klaren sein, für die Dauer des Lebens des Neuzugangs Verantwortung und Kosten zu übernehmen. Können und wollen Sie das? Tiere sind Lebewesen mit eigener Seele und unterschiedlichen Bedürfnissen.
Tierheimmitarbeiter*innen, Verantwortliche von Tierschutzvereinen und seriöse Züchter*innen beraten Sie gern. Nur dann wird eine Adoption erfolgreich sein.
LeserReporter/in:Renate Könen aus Elsdorf |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.