Haushaltsplanungen Stadt Erftstadt
Die Spielräume sind erschöpft
Erftstadt (vd). Die Spielräume sind erschöpft. So lässt sich die Haushaltslage der Stadt Erftstadt kurz und knapp zusammenfassen. Kämmerer Dirk Knips hat bis zum Jahresende eine Haushaltssperre verfügt. Vorgesehene Ausgaben werden nicht mehr getätigt – ausgenommen sind Personalkosten, vertragliche Verpflichtungen, bereits begonnene Maßnahmen und Zuschüsse an Vereine sowie Ortsbürgermeister.
All das verfolgt ein Ziel - Dirk Knips: „Das Haushaltsjahr 2023 soll, wie geplant, bis Ende des Jahres ausgeglichen sein.“ Den Hintergrund für den strikten Kurs fasst Bürgermeisterin Carolin Weitzel zusammen: „Die Stadt ist seit Jahrzehnten verschuldet. Der städtische Haushalt wurde in den vergangenen zehn Jahren im Rahmen des sogenannten Haushaltssicherungskonzeptes systematisch konsolidiert und aus der Verschuldung geführt. Spätestens im zehnten Jahr sollte eine vollständige Ausgabendeckung erreicht sein - der gewährte Zeitraum läuft Ende des Jahres ab.“ Dann soll es gelingen, von der Kommunalaufsicht aus der Haushaltssicherung entlassen zu werden. Die Stadt habe in allen Bereichen versucht, Kosten zu reduzieren, aber neben planbaren Einflüssen sei in den vergangenen Jahren auch Unvorhergesehenes geschehen - mit Auswirkungen, die bis heute spürbar seien. Als Beispiele führte Knips die Folgen der Corona-Pandemie und den Ukraine-Krieg samt Energiepreis-Explosion an. Der Spielraum für Einsparungen sei im Grunde erschöpft, wenn man nicht künftig das komplette kulturelle Leben, von Stadtbücherei, über Musikschule bis hin zur Vereinslandschaft, „abschreiben“ würde - und das sei keine Option, betont der komplette Verwaltungsvorstand, auch nicht in Zukunft.
Doppelhaushalt 2024/25 wird erst im Februar eingebracht
Apropos Zukunft: Dieser Tage steht eigentlich der Doppelhaushalt 2024/25 vor der Einbringung. Dies hätte im Dezember geschehen sollen, doch die aktuellen Entwicklungen auf Bundes- und Landesebene haben Carolin Weitzel dazu bewogen, dem Rat der Stadt den Haushaltsplan erst Ende Februar vorzustellen. Hintergrund für diese Entscheidung sei vor allem der Gesetzentwurf der Landesregierung NRW vom 7. November: „Drittes Gesetz zur Weiterentwicklung des Neuen Kommunalen Finanzmanagements im Land Nordrhein-Westfalen“, kurz „NKFWG“. In diesem sind Änderungen zur Sicherung der finanziellen Handlungsfähigkeit der Kommunen vorgesehen, denn Erftstadt ist bei weitem nicht die einzige mit „klammer Kasse“. Fast ein Drittel der NRW-Kommunen unterliegen der Pflicht eines Haushaltssicherungskonzeptes. Für den Verwaltungsvorstand der Stadt Erftstadt steht fest, dass die Kommunen ohne Hilfen von Bund und Land keinen Spielraum mehr haben, denn: „Es sind von dieser Seite in den vergangenen Jahren viele zusätzliche Aufgaben an die Kommunen delegiert worden, aber kein entsprechender Finanzausgleich.“ Als Beispiele wurden die Umsetzung des Rechtsanspruches auf den Ganztag oder die Unterbringung und Versorgung geflüchteter Menschen angeführt. Hinzu kämen die Grundsicherung für Menschen im Alter oder das Bürgergeld. Des Weiteren seien die Gebäudeeffizienz im kommunalen Bestand oder auch die Digitalisierung der Verwaltung voranzutreiben. Das Fazit der Bürgermeisterin: „Um die Haushaltsautonomie des Rates und der Stadtverwaltung zu erhalten, möchte ich zunächst die Möglichkeiten des NKFWG, das im Februar in seiner Endfassung beschlossen werden soll, und den dann hoffentlich erweiterten Rahmen vor der Haushaltseinbringung prüfen und nach Bedarf nutzen.“ Der Haushalt könnte in der Folge von den Fraktionen diskutiert und von den Stadtverordneten in der Ratssitzung am 23. April verabschiedet werden.
Stadtentwicklungsbetriebe AöR soll für neue Dynamik sorgen
Eines stehe aber auf jeden Fall fest: „Die Stadt wird ihre Handlungsfähigkeit dauerhaft nur durch einen strikten Konsolidierungskurs erhalten können. Dabei gilt es, Ausgaben, wo noch möglich, zu reduzieren und vor allem die Ertragsseite zu verbessern. Damit meine ich nicht vorrangig Steuererhöhungen“, so Carolin Weitzel. Zum einen prüfe der Verwaltungsvorstand jeden städtischen Bereich auf Reduktionsmöglichkeiten, im Einzelfall bis hin zu Vorschlägen, wo kommunale Aufgaben notfalls nicht mehr wahrgenommen werden könnten. Zum anderen soll mittelfristig die zu Jahresbeginn neu zu gründende Stadtentwicklungsbetriebe AöR die städtebauliche Entwicklung vorantreiben und so für Zuwächse sorgen - mittels neuer Unternehmen und Bürger sowie Gewerbe- und Einkommenssteuern.
„Die Stadtentwicklungsbetriebe werden aber nicht das Allheilmittel für die Stadtfinanzen sein“, betont der vom Stadtrat zum Leiter der AöR bestellte Gerd Schiffer. Er habe zum Start ein Team mit 13 Mitarbeitern aufgestellt, das schnell und flexibel agieren und so zügig neue Projekte vorantreiben könne. Dazu zähle unter anderem das Gebiet Ville-Hang und die Bemühungen um die Ansiedlung der TH Köln samt weiterer Ansiedlungen rund um den Ville-Campus, die Erweiterung des Wirtschaftsparks sowie neue Wohnbaugebiete – alles unter Berücksichtigung der Auswirkungen des Klimawandels. „Wir werden insgesamt aber sicher eine Anlaufzeit von rund eineinhalb Jahren benötigen, um erste Gebiete entwickeln und Bebauungspläne et cetera vorantreiben zu können“, betont Schiffer.
Abwasserentgelte sollen zum Teil deutlich steigen
Zu guter Letzt blickte auch der Technische Beigeordnete der Stadt, Dirk Schulz, auf 2023 zurück und auf das kommende Jahr voraus – mit ebenfalls wenig populären Neuigkeiten. Mit Blick auf die Prüfung der Jahresabschlüsse des Eigenbetriebes Stadtwerke erklärt er: „Die Einnahmen aus den Entgelten decken die Ausgaben des Betriebes nicht mehr. Ein Abwasserbetrieb muss grundsätzlich ein ausgeglichenes Jahresergebnis erwirtschaften.“ Die aktuellen Abwasserentgelte lägen seit 15 Jahren stabil bei 1,62 Euro pro Kubikmeter Schmutzwasser und bei 0,71 Euro pro Quadratmeter für Niederschlagswasser. Im Vergleich mit den Nachbarkommunen seien die Preise auf dem niedrigsten Niveau. Seit 2018 würden Verluste geschrieben und da auch finanzielle Rückhaltungen aufgebraucht seien, wäre eine Preiserhöhung unumgänglich: „In der Sitzung des Fachausschusses wird die Neukalkulation beraten. Diese sieht zur Kostendeckung vor, dass der Preis für Schmutzwasser pro Kubikmeter erhöht wird auf 2,76 Euro und der für Niederschlagswasser auf 0,82 Euro pro Quadratmeter. Damit würden wir uns im interkommunalen Vergleich im Mittelfeld bewegen“, so Dirk Schulz. Gründe für die deutliche Steigerung lägen, neben allgemein gestiegenen Preisen für Energie und Material, unter anderem auch im Mehraufwand für Maßnahmen zur Vorbeugung der Auswirkungen von Starkregenereignissen - vom gestiegenen Beratungsbedarf der Bürger nach der Flut 2021 bis hin zur Sanierung des Kanalnetzes.
Und so darf mit Spannung erwartet werden, ob das aktuelle Haushaltsjahr für die Stadt, wie geplant, dank Haushaltssperre mit mindestens einer „schwarzen Null“ endet, und mit welchen Planungen die Stadt in den Doppelhaushalt für 2024/25 geht.
Redakteur/in:Düster Volker aus Erftstadt |
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