Erftstadt zwei Jahre nach der Flut
„Ich bin nicht unzufrieden!“

Die in vielfacher Hinsicht größte, noch offene Flut-Baustelle: der Erosionskrater in Blessem. Hier müssen noch 370.000 Kubikmeter unbelastete Erde aufgefüllt werden - dazu kommen die drei Baustellen der Anlage von RW Ahrem, der Trunhalle Bliesheim und des Dorfgemeinschaftshauses in Friesheim. | Foto: Düster
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  • Die in vielfacher Hinsicht größte, noch offene Flut-Baustelle: der Erosionskrater in Blessem. Hier müssen noch 370.000 Kubikmeter unbelastete Erde aufgefüllt werden - dazu kommen die drei Baustellen der Anlage von RW Ahrem, der Trunhalle Bliesheim und des Dorfgemeinschaftshauses in Friesheim.
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Zwei Jahre nach der Flut: offene Baustellen, Höhepunkte und Schwierigkeiten - der ­Wiederaufbaumanager der Stadt Erftstadt, Gerd Schiffer, stand Rede und Antwort.

Erftstadt. Nun ist es schon zwei Jahre her, dass unvorstellbare Wassermassen die Stadt verwüsteten. Auch städtische Gebäude und die Infrastruktur wurden massiv beschädigt. Viel wurde seitdem seitens der Stadt realisiert, doch es bleiben auch noch viele offene Baustellen – und Fragezeichen! Warum dauert die Behebung der Schäden immer noch an, mancherorts seit Monaten ohne erkennbaren Fortschritt? „Bei allem nachvollziehbaren Ärger: Ich kann an dieser Stelle nur um Verständnis bitten. In der Stadtverwaltung herrschte schon vor der Flutkatastrophe eine angespannte Personallage. Die Bearbeitung der Flutschäden kam sozusagen noch ‚on top‘ hinzu“, erklärt Gerd Schiffer.

"5 bis 8 Jahre - das scheint sich zu bewahrheiten!"

Und warum wurde personell nicht nachjustiert? „Das haben wir versucht, Stellen wurden ausgeschrieben, ohne Erfolg. Wir haben auch die RWTH Aachen und die TH Köln kontaktiert, in der Hoffnung, junge Absolventen zu gewinnen – Fehlanzeige. Als mir dann die kommissarische Leitung des Eigenbetrieb im März 2022 übertragen wurde, haben wir vorhandene Ressourcen verschoben und unsere eigenen Kräfte nach einem Priorisierungsschlüssel auch für die Flut-Aufgaben eingesetzt“, fasst Schiffer zusammen. Und auch, wenn es ihm oft ebenfalls zu langsam gehe: „Insgesamt bin ich mit dem Stand der Dinge nicht unzufrieden. Wir können einfach nicht alles gleichzeitig leisten.“ Rückblickend denkt er heute, dass eine Einordnung des Oberbürgermeisters von Grimma mit seinen Erfahrungen nach dem dortigen Oder-Hochwasser wohl zutreffend sein dürfte: „Er hat uns unmittelbar nach der Flut gesagt, dass wir mit fünf bis acht Jahren rechnen müssten, bis die großen Baustellen abgearbeitet wären. Das scheint sich zu bewahrheiten!“

Akut standen seinerzeit zunächst der Erosionskrater in Blessem sowie die Kindergärten an der Willi-Brandt-Straße in Liblar und an der Frankenstraße in Bliesheim im Fokus. „Zum Teil mussten Ersatzeinrichtungen gefunden und die Gebäude wieder für eine Nutzung hergestellt werden. Das größte Projekt war aber natürlich, die Abbruchkante in Blessem zu sichern und die Radmacherstraße von Grund auf samt Kanalisation wiederherzustellen. Das konnte bis Dezember in nur fünf Monaten realisiert werden. Da haben alle Abteilungen an einem Strang gezogen, das war schon bemerkenswert. Als dann auf der Straße im Dezember Weihnachtslieder der Blaskapelle erklangen, war das schon sehr bewegend“, bilanziert Schiffer. Aber auch die anfänglichen Erleichterungen hinsichtlich Ausschreibungen und Vergabeverfahren seien mittlerweile wieder in „normalen“ Bahnen, was die Arbeiten nicht unbedingt vereinfache oder beschleunige.

Unbelastete Erdmassen für den Blessemer Krater nötig

Die Baustelle Erosionskrater benötige aber generell noch Zeit – wohl rund drei Jahre, denn: „Die Senke muss nun – zum Schutz des Grundwassers – mit ausschließlich unbelastetem Boden verfüllt werden. Da reden wir von einem Volumen von rund 370.000 Kubikmetern. Auf einen Lkw passen maximal 20 Kubikmeter. Deshalb wurde bereits eine Zufahrt zur Krater-Baustelle zwischen Kieswerk und Burg hergestellt, um den Baustellenverkehr aus dem Ort herauszuhalten.“ Denn die Senke wird am Ende nur rund einen Meter unter Ortsbodenniveau bleiben und als Retentionsfläche für große Niederschlagsmengen dienen. „Gleiches gilt für den ersten, alten Teil der Kiesgrube. Die wird vom Betreiber ebenfalls bis auf dieses Niveau verfüllt. Im hinteren Teil soll schlussendlich ein kleiner Restsee entstehen“, fasst Gerd Schiffer seinen Kenntnisstand zusammen.

Doch zurück zu den städtischen Projekten. Aktuell sieht der Wiederaufbaumanager noch drei große Baustellen im Bereich des Hochbaus: in Ahrem den Sportplatz und das Vereinshaus, in Bliesheim die Turnhalle und in Friesheim das Dorfgemeinschaftshaus, also das „alte Gasthaus“:

Drei Großbaustellen in Ahrem, Bliesheim und Friesheim

Foto: Düster
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„Da steht aber ja jetzt der Ratsbeschluss, das Haus wird abgerissen und an gleicher Stelle neu aufgebaut. Die Ausschreibung der Architektenleistung ist in Vorbereitung“, so Schiffer. Bei den Baustellen in Ahrem und Bliesheim habe sich leider gezeigt, dass anfängliche Planungen nicht zu halten gewesen seien: „Die Senke des Sportplatzes in Ahrem muss ebenfalls weiter Retentionsfläche bleiben, was die Anforderungen an den Neubau des Kunstrasenplatzes noch einmal drastisch veränderte. Die aktuellen Planungen sehen die Fertigstellung zur Saison 2024/25 vor, also im Sommer kommenden Jahres.“ Dann wird aber das neue Vereinsheim wohl kaum stehen. Die „Hülle“ wartet auf ihren Abriss und Rot-Weiß Ahrem auf einen Neubau: „Auch hier steht die Ausschreibung der Architektenleistungen an, damit es da ebenfalls voran gehen kann.“

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Und warum „ruht“ die Baustelle der Turnhalle Bliesheim so lange? „Da wurden im Zuge der Flutschäden PCB-Belastungen ersichtlich, die die ursprünglichen Planungen obsolet machten. Da bleibt es beim angepeilten Zeitplan der Fertigstellung im März nächsten Jahres“, erklärt Gerd Schiffer. In der Zwischenzeit sollen vom Deutschen Fußball-Bund – nach aktuellem Stand ab September, so Bliesheims Ortsbürgermeister Frank Jüssen – Sanitär-Container die Zeit bis zur Fertigstellung der Halle samt Umkleiden überbrücken. „Die Container, die auf Initiative von Frank Jüssen und dem Bliesheimer Ballspiel-Club vom DFB gespendet werden, sollen dann der Stadt gestiftet werden. So könnten die Container nach Fertigstellung der Halle in Bliesheim danach in Ahrem genutzt werden“, so der Plan von Gerd Schiffer.

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Eine weitere Maßnahme im Bereich Hochbau betrifft die Flüchtlingsunterkunft an der Radmacherstraße, wo der Ausbau bis Ende Juli abgeschlossen sein soll: „Danach erfolgt die Gebäudeerschließung mit Wasser, Strom et cetera und die Gestaltung der Außenanlagen. Zum Abschluss müssen die Räume dann noch eingerichtet werden. Der Plan sieht einen Bezug im ersten Quartal 2024 vor.“

Die Flüchtlingsunterkünfte sollen im ersten Quartal 2024 bezugsfertig werden.
  • Die Flüchtlingsunterkünfte sollen im ersten Quartal 2024 bezugsfertig werden.
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Und wenn dann alle Hochbaumaßnahmen „laufen“, wird sich um die noch offenen Tiefbau-Maßnahmen gekümmert: „Straßen sind noch zu sanieren, die Blessemer Brücken an der Frauenthaler Straße und am Elisabethenweg komplett neu zu bauen und noch viele andere Baustellen – aber alles zu seiner Zeit“, erklärt Gerd Schiffer.

Und so bleibt zwei Jahre nach der Flut sein Fazit: „Bei allem nachvollziehbaren Ärger, ich bin nicht unzufrieden!“

Redakteur/in:

Düster Volker aus Erftstadt

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