Unfallstatistik im Kreis Euskirchen
"Tickende Zeitbomben" auf vier Rädern
Kreis Euskirchen - Es sind Negativwerte, die für Kopfschütteln sorgen dürften. Im
vergangenen Jahr wurden an der Wallenthaler Höhe und bei Bad
Münstereifel ein Auto sowie ein Motorradfahrer mit jeweils 173 km/h
gemessen, beide im 100er-Bereich außerhalb geschlossener Ortschaften.
Dafür gab es jeweils drei Monate Fahrverbot.
Noch unerklärlicher ist das Verhalten eines 41-jährigen Autofahrers
aus Euskirchen, der zwischen der Kreisstadt und Frauenberg von der
Polizei angehalten worden war. Der Mann, der in seinem Fahrzeug eine
Beifahrerin und ein Kind dabei hatte, wurde mit 3,44 Promille Alkohol
im Blut angehalten. „Beim diesem Wert wäre ich vermutlich tot“,
sagte Polizeidirektor Christian Außem bei der Vorstellung der
Verkehrsunfallstatistik 2016.
Am Ausbauende der B56n bei Zülpich raste außerdem ein Autofahrer mit
122 km/h in die 50er-Zone, bei Kall auf der B 266 in Höhe des
Alpenhofs ein anderer mit 166 km/h in die 70er-Zone. Auch hier gaben
die Fahrer drei Monate die Führerscheine ab – und mussten eine
ordentliche Geldbuße zahlen.
Bei Radar- und Lasermessungen im Kreisgebiet wurden im vergangenen
Jahr insgesamt 531 483 Euro an Verwarngeldern eingenommen. Zum
Vergleich: Im Jahr 2015 waren es 507 964 Euro.
Im Zuge der Verkehrsüberwachung kontrollieren Polizeibeamte auch
Lastzüge. Besonders Langholztransporter eines belgischen Unternehmers
fielen durch Überladung auf. Die 40-Tonnen-Züge wogen in einem Fall
60 Tonnen, in zwei weiteren Fällen 59 Tonnen, waren also 50 Prozent
überladen. Hier, so Hauptkommissar Ralf Buderath, habe man in
Absprache mit der Bezirksregierung dem Transportunternehmen für sechs
seiner Lastzüge die Betriebsgenehmigungen in Deutschland entzogen
und entwickele nun mit der Kreisbußgeldstelle ein Verfahren der
„Vermögensabschöpfung“ , damit der ungerechtfertigte Gewinn
aus der Überladung der Lastzüge abgeschöpft werden könne.
Als „tickende Zeitbomben“ bezeichnete Außem die Autofahrer, die
sich unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln hinters Lenkrad
setzen. Während die Zahl der festgestellten Alkoholsünder
rückläufig sei, nehme die Zahl der Fahrten unter Einfluss von Drogen
zu.
Bei der Vorstellung er Verkehrsunfallstatistik für das Jahr 2016
machte Außem auch klar: „Die jungen Erwachsenen machen uns richtig
Probleme.“ Junge Erwachsene zwischen 18 und 24 Jahren sowie
Motorradfahrer seien auch 2016 die unfallträchtigsten
Verkehrsteilnehmer gewesen Außem und Landrat Günter Rosenke
berichteten von einem Anstieg der Unfallzahlen, aber von einem
Rückgang der Schwerverletzten-Zahlen von 230 im Jahr 2015 auf 194
im vergangenen Jahr.
Dass die Zahl aller Unfälle um 1382 oder 30,44 Prozent gegenüber
2015 gestiegen sei, erklärte Außem damit, dass es in der
Vergangenheit drei unterschiedliche Statistiksysteme gegeben habe, bei
denen die Erfassung der Bagatellunfälle oft vernachlässigt worden
sei. Jetzt, nach Zusammenlegung der drei Erfassungssysteme sei die
Zahl dieser Parkplatzrempler oder ähnlicher Kleinstunfälle
drastisch um 1437 auf 4532 angestiegen. Wichtiger sei, so Landrat und
Polizeidirektor, dass die Zahl der Unfälle mit Personenschäden
leicht auf 675 gesunken sei. Zwar gab es einen Unfall mit
Verkehrstoten mehr, doch die Zahl der Toten habe sich von 15 auf 13
verringert. Bei 162 Unfällen wurden 194 Menschen schwer verletzt
Schwerverletzten. Das sind 28 Unfälle und 36 Schwerverletzte
weniger als 2015. Dafür stieg die Zahl der Unfälle mit
Leichtverletzten um 5,4 Prozent auf genau 500, die Zahl der
Leichtverletzten kletterte moderat auf 657.
Besonders auffällig die Zahl der jungen Erwachsenen, die mit 299
Verkehrsopfern, darunter drei Unfalltoten, gut 45 Prozent aller
Unfallopfer ausmachen. Außerdem, so Außem, gab es einen starken
Anstieg leicht verletzter Kinder. Statt 72 wie im Jahr 2015 zählten
die Statistiker im vergangenen Jahr 96, was eine Steigerung von 33
Prozent bedeutet. Hingegen sank die Zahl von bei Unfällen
verletzten Senioren ab 65 Jahren von 225 auf 202.
Fast konstant ist die Zahl der Unfallfluchten von 710 gemeldeten
Fällen. Doch Unfallflucht lohnt sich nicht, denn die
Aufklärungsquote bei allen Unfallfluchten liegt im Kreis bei
57,04 Prozent, im Land aber nur bei 44,98 Prozent. Werden Personen
im Zusammenhang mit Unfallfluchten verletzt, werden sogar mehr als
zwei Drittel aller Fälle (68,63 Prozent) aufgeklärt. Der
Landesdurchschnitt liegt mit 65,79 Prozent knapp darunter.
Doch die Polizei setzt nicht nur auf Kontrolle und Repression, sondern
auch auf Vorbeugung und Aufklärung. Speziell rund um die
Berufsbildungszentren werden Veranstaltungen angeboten wie der
„Crash-Kurs NRW“, in dem junge Fahrer drastisch mit Unfallfolgen
konfrontiert werden. Damit erreicht die Polizei etwa 2100 Menschen im
Jahr. Zudem gibt es Verkehrssicherheitsarbeit in Kindergärten,
Schulen, bei Senioren und auch für Zuwanderer, die mit Tücken des
hiesigen Straßenverkehrs nicht vertraut sind.
- Tom Steinicke
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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