Arbeitsmarkt 4.0
Auf neue Herausforderungen vorbereiten

Arbeitsagentur-Chef Johannes Klapper ist sich sicher: Trotz zunehmender Digitalisierung wird dem Kreis Euskirchen so schnell die Arbeit nicht ausgehen.  | Foto: N. Cuvelier
  • Arbeitsagentur-Chef Johannes Klapper ist sich sicher: Trotz zunehmender Digitalisierung wird dem Kreis Euskirchen so schnell die Arbeit nicht ausgehen. 
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Kreis Euskirchen - (bp). Unter den Schlagworten „Digitalisierung“ oder „Arbeit
4.0“ wird zunehmend über die Entwicklung der Arbeitswelt
diskutiert. Immer mehr mit dem Internet verbundene Maschinen nehmen
einen immer größeren Platz im Arbeitsprozess ein. Die damit
fortschreitende Automatisierung von Routinetätigkeiten geht mit der
Befürchtung um den Verlust von Arbeitsplätzen und dadurch einer
unwillkürlich steigenden Arbeitslosigkeit einher.

„Die Berufe und die darin zu verrichtenden Arbeiten sind und waren
schon immer dem Wandel unterworfen“, sagt Johannes Klapper,
Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Brühl.
Die Entwicklungen von der ersten Dampflok, über die
Fließbandfertigung, bis zum heutigen digitalen Arbeiten hätten immer
Menschen sowie ihre Arbeitsplätze und Kompetenzen betroffen. Heute
wie vor 200 Jahren sei es wichtig, vorausschauend zu handeln. „Um
dem Wandel zu begegnen, ist Aufklärung ein erster wichtiger Schritt.
Ängste schüren ist unnötig. Die Arbeit im Kreis Euskirchen wird uns
so schnell nicht ausgehen.“

Um die möglichen Auswirkungen der Digitalisierung auf den
Arbeitsmarkt zu bestimmen, hat das Institut für Arbeitsmarkt und
Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit untersucht, welche
Anteile der Tätigkeiten, die innerhalb eines Berufes anfallen,
bereits heute durch den Einsatz von Computern oder computergesteuerten
Maschinen übernommen werden könnten. Je höher der Teil der
Routinetätigkeit in einem Beruf, desto höher das Risiko der
Ersetzbarkeit.

Anschließend wurde überprüft, wie viele Beschäftigte in Berufen
arbeiten, in denen bereits heute mehr als 70 Prozent der Tätigkeiten
theoretisch durch Computer oder computergesteuerten Maschinen
substituierbar sind.

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass - gegliedert nach
Berufssegmenten - aktuell 73,6 Prozent der in den Fertigungsberufen
ausgeübten Tätigkeiten von Computern oder computergesteuerten
Maschinen übernommen werden könnten. Bei den fertigungstechnischen
Berufen sind es 65,1 Prozent. In den Berufen der Unternehmensführung
und -organisation sowie in IT- und naturwissenschaftlichen
Dienstleistungsberufen liegt der Anteil theoretisch ersetzbarer
Tätigkeiten zwischen 40,2 und 49,8 Prozent. In Lebensmittel- und
Gastgewerbeberufen, Bau- und Ausbauberufen, Verkehrs- und
Logistikberufen, Handelsberufen sowie Land-, Forst- und
Gartenbauberufen und unternehmensbezogenen Dienstleistungsberufen sind
es etwa 32 bis 40 Prozent der Tätigkeiten. Die geringsten Werte
finden sich in den sozialen und kulturellen Dienstleistungsberufen,
Sicherheitsberufen, Reinigungsberufen sowie medizinischen und
nicht-medizinischen Gesundheitsberufen.

Rund 21.500 der etwa 56.000 aktuell sozialversicherungspflichtigen
beschäftigten Menschen aus dem Kreis Euskirchen (38,4 Prozent)
arbeiten in Berufen, in denen bis zu 30 Prozent der Tätigkeiten von
Computern erledigt werden könnten. Über 24.000 Personen (43,5
Prozent) arbeiten in Berufen, die eine mittlere Ersetzbarkeit (über
30 bis 70 Prozent) aufweisen. In den Berufen, bei denen dies auf mehr
als 70 Prozent der Tätigkeiten zutrifft, entfallen im Kreis
Euskirchen etwas über zehntausend Beschäftigte, was einem Anteil von
18,1 Prozent entspricht. Der Kreis Euskirchen liegt damit über dem
Landesschnitt (15,6 Prozent) und dem Bundesschnitt von 14,9 Prozent.

Inzwischen kann man das Risiko der Ersetzbarkeit auch für sehr viele
Berufe über den Job-Futuromat im Internet herausfinden.
„Bürokaufleute sind beispielsweise bisher hauptsächlich mit den
kaufmännischen Aufgaben wie Buchführung, Personalverwaltung,
Angebotserstellung oder Rechnungsbearbeitung sowie Terminkoordination
etc. betraut. Geht man davon aus, dass zukünftig die EDV vier von
sechs dieser hier üblichen Tätigkeiten übernehmen kann, dann ergibt
sich für diesen Beruf ein Automatisierungsrisiko von 67 Prozent,“
erläutert Klapper in diesem Zusammenhang die Vorgehensweise des
Job-Futuromaten, in dem Berufsexperten im Auftrag der Bundesagentur
für Arbeit (BA) für die knapp 4000 Berufe die Risiken berechnet
haben.

„Das bedeutet also nicht, dass dieser Beruf komplett wegfällt. Im
Gegenteil, durch die Digitalisierung entstehen auch neue Aufgaben.
Fakt ist aber auch, dass sich die Inhalte von Tätigkeiten und
Berufsbildern grundlegend verändern werden. Gebraucht werden gut
qualifizierte Mitarbeiter, die bereit sind, sich ständig den neuen
Anforderungen anzupassen. Aus- und Weiterbildung wird noch viel
wichtiger werden“, so Klapper weiter.

Unterscheidet man die Berufe hinsichtlich ihres Anforderungsniveaus,
wären 42,9 Prozent der in den Helferberufen ausgeübten Tätigkeiten
bereits heute ersetzbar. Für Fachkräfte liegt der Anteil bei 45,2
Prozent. Erst ab dem Niveau des Spezialisten lässt sich eine
Verringerung der Ersetzbarkeit feststellen. Nur knapp 33,5 Prozent
aller Spezialistentätigkeiten könnten derzeit durch Computer
erledigt werden; bei den Experten sind es rund 19 Prozent.

Fast 11.000 Helfer sind im Kreis Euskirchen
sozialversicherungspflichtig beschäftigt, 26,7 Prozent dieser Gruppe
arbeitet in Berufen, in denen mehr als 70 Prozent der Tätigkeiten
durch Computer oder computergesteuerte Maschinen ersetzt werden
könnten. Bei den über 35.000 Fachkräften sind es 18,9 Prozent. Elf
Prozent der rund 5000 Spezialisten arbeiten in Berufen mit einem hohen
Substituierbarkeitspotenzial. Für die etwa 4700 Experten kann
konstatiert werden, dass für sie gegenwärtig kaum ein Risiko
besteht, durch Computer ersetzt zu werden (0,09 Prozent).

„Damit gilt es für den Kreis Euskirchen, nicht nur
Geringqualifizierte durch Qualifizierungsmaßnahmen auf die
Herausforderungen einer zunehmenden Digitalisierung der Arbeitswelt
vorzubereiten, sondern auch die Zukunftsfähigkeit der
Fachkrafttätigkeiten im Blick zu behalten. Lebenslanges Lernen und
betriebsnahe Aus- und Weiterbildungsangebote werden daher immer
bedeutender. Für die Beschäftigten rücken zunehmend
Schlüssel-Kompetenzen wie digitales Denken, schnelle Lernfähigkeit,
Eigenverantwortung sowie Online-Teamfähigkeit in den Vordergrund“,
so Klapper abschließend. 

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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