Ausstellung im Kreishaus
Bewegende Geschichte einer jüdischen Familie

Vize-Landrat Markus Ramers (l.) mit Nachkommen und Freunden der Familie Klaber und der Kuratorin der Ausstellung. | Foto: Petra Grebe
  • Vize-Landrat Markus Ramers (l.) mit Nachkommen und Freunden der Familie Klaber und der Kuratorin der Ausstellung.
  • Foto: Petra Grebe
  • hochgeladen von RAG - Redaktion

Kreis Euskirchen - Sie waren in die Gesellschaft integriert. Sie waren keine
Akademiker, keine Künstler oder Wissenschaftler, sondern arbeiteten
als Metzger, Schumacher oder Hutmacher. Sie engagierten sich in
Vereinen, sangen im Chor mit - kurzum: das Rheinland war ihre Heimat.
Sie gehörten dazu! Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten
änderte sich jedoch alles für die Juden - auch in Zülpich,
Euskirchen oder an anderen Orten.

Stellvertretend für die vielen Millionen Schicksale hat die
Gedenkstätte Bonn die Wanderausstellung „Die Klabers - Geschichte
einer jüdischen Familie aus dem Rheinland“ konzipiert, die noch bis
zum 8. Dezember im Foyer des Kreishauses in Euskirchen zu sehen ist.
Eröffnet wurde sie im Beisein von Vize-Landrat Markus Ramers im
Beisein von Schülern des St.-Michael-Gymnasiums Bad Münstereifel
sowie dem Emil-Fischer-Gymnasium und der Matthias-Hagen-Schule in
Euskirchen. Mit dabei waren außerdem Nachfahren der Familie Klaber,
die eigens aus den USA, den Niederlanden und Belgien angereist waren
und mit bewegenden Grußworten die Besucher berührten.

„Auch wenn der Zweite Weltkrieg und der Völkermord an den Juden
zeitlich jetzt schon über 70 Jahre her sind - die unfassbaren
Gräueltaten sind nicht vergessen“, sagte Ramers. Auch im Kreis
Euskirchen habe es Ausgrenzungen, Pogrome und Verfolgung der
jüdischen Bevölkerung gegeben, führte Ramers aus und konnte auch
Zahlen liefern: Unmittelbar vor der Machtergreifung der
Nationalsozialisten hatten im Altkreis Euskirchen 653 Juden gelebt,
1941 waren es noch 271 und Ende 1944 niemand mehr.

In die Ausstellung führte Astrid Mehmel, Leiterin der Gedenkstätte
Bonn, ein. Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen Margot Holländer,
deren Mutter eine geborene Klaber aus Zülpich war, und deren
Familien. Von den zwölf Geschwistern von Margot Holländers Mutter
wurden acht mitsamt ihren Ehepartnern und Kindern deportiert und
ermordet. Margot Holländer gelang es, einen Koffer mit vielen Fotos
und Dokumenten über den Krieg zu retten. Aus diesem Besitz stammen
die meisten für die Ausstellung verwendeten Fotos und
Familiendokumente.

Es ist eine bewegende Ausstellung, denn es ist die Geschichte einer
ganz normalen Familie. Die Klabers waren nicht berühmt oder reich.
Gerade für diese Menschen war es sehr schwierig, Nazi-Deutschland zu
verlassen, denn sie besaßen keine Kontakte im Ausland oder genug
Geld, um sich die Flucht leisten zu können. Umso berührender war es,
die Nachkommen der Familie erleben zu können. Anita Liebmann, die
Tochter von Margot Holländer, war aus den USA angereist, Carla Cahn
aus den Niederlanden und ihr Bruder Harry Swalef aus Belgien. Sie sind
Kinder von Johanna, der jüngeren Schwester von Margot Holländer.

„Es war alles perfekt organisiert, das Judenproblem wurde
alphabetisch gelöst“, erinnerte sich Carla Cahn an die Zeit als
auch die Juden in den Niederlanden ihre Aufforderungen zur Deportation
bekamen. In den Anschreiben habe etwas von einem Arbeitseinsatz im
Osten gestanden, doch ihre Mutter sei misstrauisch gewesen, dies
könne nichts Gutes sein. Zusammen mit ihrem Mann und ihrer Tochter
Carla tauchte sie im Süden der Niederlande ab - und überlebte. Anita
Liebmanns Mutter Margot Holländer gelang es über England in die USA
zu fliehen - mit dem Koffer voller Erinnerungen an ermordete
Familienmitglieder. Die Fotos auszuwählen habe ihr geholfen, mehr
über die Familie ihrer Mutter zu erfahren, meinte Anita Liebmann.
„Es waren ganz normale Leute, meine Großmutter war Hutmacherin und
sie lebten gerne hier. Es war ihre Heimat.“

Im Anschluss an die Grußworte sang Barry Mehler, dessen Familie aus
Großbüllesheim stammt und der jetzt in den Niederlanden lebt, ein
jüdisches Totengebet, in das am Ende Anita Liebmann einstimmte. Nicht
nur für die jungen Besucher war dies ein bewegender Moment.

„In Zeiten, in denen Abgeordnete des Bundestages eine
180-Grad-Wendung in der Erinnerungskultur fordern oder das Mahnmal in
Berlin als Schande empfinden, sind solche Ausstellungen wichtiger denn
je“, sagte Ramers. Für wichtig hielten auch die Schüler die
Ausstellung: Jasmin (17), Raven (18) und Dilaza (17) belegen den
Leistungskurs Geschichte bei Markus Ramers. Sie hat der Gang durch die
Schau sehr bewegt und sie zeigten sich sehr interessiert an der
Geschichte der Familie Klaber. Die Ansprache der Zeitzeugen mache die
Sache noch realer.

Die Ausstellung ist noch bis zum 8. Dezember im Foyer des Kreishauses
während der normalen Öffnungszeiten zu sehen: montags bis
donnerstags von 8.30 Uhr bis 15.30 Uhr und freitags von 8.30 Uhr bis
12.30 Uhr. Führungen für Schulklassen und andere Interessierte gibt
es donnerstags um 11 Uhr und nach Vereinbarung unter Tel. 0228-695240
oder per Mail an gedenkstaette-bonn@netcologne.de.

- Petra Grebe

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

27 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.