Neujahrsempfang
Loblied auf den Rettungsdienst
Kreis Euskirchen - (epa). An die 400 Vertreter aus Politik, Kirche, Wirtschaft,
Vereinen, Sozialverbänden, Behörden, Institutionen, Militär und
Presse konnte Landrat Günter Rosenke bei seinem nunmehr 23.
Neujahrsempfang im Kreishaus Euskirchen empfangen. Thema des Abends
war der Rettungsdienst im Kreis Euskirchen, der jüngst auf eine
50-jährige Geschichte zurückblicken konnte.
„Diese großartige Arbeit verdient es, dass wir gemeinsam darüber
sprechen und erkennen: Ohne diese Einrichtung würden wir unserem
Slogan »Kreis Euskirchen-einfach wohl fühlen« nicht gerecht
werden“, so Landrat Rosenke in seiner Neujahrsansprache. Beim
Rettungsdienst arbeiteten „Menschen für Menschen“ rund um die Uhr
und sorgten dafür, dass man sich im Kreis Euskirchen nicht nur wohl,
sondern auch sicher fühlen könne.
Der Landrat erinnerte in diesem Zusammenhang an das Unwetter im Jahr
2016, wo kleine Bäche innerhalb kürzester Zeit zu reißenden Fluten
wurden. „Auf manchen Straßen stand das Wasser eineinhalb Meter
hoch, Keller liefen voll, Menschen mussten mit Schlauchbooten gerettet
werden, Bäume stürzten auf Autos. In Kommern und weiteren Dörfern
der Stadtgebiete Mechernich und Zülpich herrschte »Land unter«“,
so Rosenke.
Innerhalb von wenigen Stunden seien bei der Rettungsleitstelle 584
Notrufe eingegangen. Mehr als 500 Helfer seien zeitweise gleichzeitig
im Einsatz gewesen, und das bis zu 22 Stunden nonstop. Dabei sei es
vor allem wichtig gewesen, die Hilfe in der Leitstelle zu
koordinieren, was hervorragend funktioniert habe, so der Landrat.
Besonders freute er sich darüber, dass die Zusammenarbeit zwischen
haupt- und ehrenamtlichen Kräften so professionell abgelaufen sei.
„Ohne unsere vielen ehrenamtlichen Mitarbeiter würde der
Rettungsdienst nicht funktionieren. Von rund 2000 Rettungskräften im
Kreis Euskirchen sind 1800 Ehrenamtler“, sagte der Landrat.
Anschließend hatte der dienstälteste Rettungsdienstleister
Nordrhein-Westfalens, Udo Crespin, das Wort. Crespin berichtete, dass
die medizinische Erstversorgung durch den Rettungsdienst des Kreises
Euskirchen in zwölf Minuten vor Ort sein müsse. Dies sei bei einem
Flächenkreis von 1250 Quadratkilometern eine echte Herausforderung,
die man aber seit Jahrzehnten meistere. Dabei höre der Zeitdruck bei
der präklinischen Versorgung nicht mit dem Eintreffen der Sanitäter
vor Ort auf, sondern der Patient müsse nach der Erstversorgung auch
so schnell wie möglich in ein Krankenhaus gebracht werden. Auch hier
sei der Kreis Euskirchen mit seinen drei hochkompetenten
Krankenhäusern bestens ausgestattet. So gebe es in allen drei
Krankenhäusern beispielsweise Herzkatheter-Labore, Traumazentren und
eine Schlaganfallbetreuung.
„Nicht nur das Überleben ist entscheidend, sondern auch wie man
überlebt“, so Crespin. Die Qualität des Überlebens hänge dabei
primär von der schnellen Versorgung der Patienten ab. „Das ganze
System würde nicht funktionieren ohne Unterstützung der
Krankenkassen“, sagte er. Zudem würden im Kreis Euskirchen die
Notärzte von den Krankenhäusern gestellt, was ebenfalls nicht
selbstverständlich sei. Lob ging auch an zahlreiche Unternehmer des
Kreises Euskirchen, die mit dem freiwilligen Anbringen von
Automatischen Externen Defibrillatoren (AED) in ihren Unternehmen für
zusätzliche Sicherheit bei der Erstversorgung im Falle eines
Kammerflimmerns sorgten. 140 Geräte davon gebe es mittlerweile im
Kreis, zu den ersten, die in ihren Filialen AED flächendeckend
installierten, gehörte die Kreissparkasse Euskirchen.
Nach tragischen Verkehrsunfällen in Folge von Glatteis, die am 11.
Januar 1985 auf der A61 13 Tote und 157 Verletzte gefordert hatten,
ist der Kreis nunmehr auch in Sachen größerer Schadensereignisse gut
aufgestellt. „Nur wer vorbereitet ist, besteht“, lautet die Devise
von Udo Crespin. Dass ihm und seiner Mannschaft die Arbeit niemals
ausgeht, dafür sprechen allein schon die nackten Zahlen: 151.000 Mal
im Jahr klingeln die Notruftelefone an der Leitstelle in Euskirchen.
An die 30.000 Einsätze müssen pro Jahr abgeleistet und koordiniert
werden. Noch 1976 waren es gerade einmal 4100. Um den Anforderungen,
die die moderne Notfallmedizin stellt, stets gerecht zu werden, werden
nicht nur sämtliche Rettungskräfte nach internationalen Standards
ausgebildet, es müssen auch immer neue Rettungsstützpunkte
eingerichtet werden, wie zuletzt auf der Wallenthaler Höhe, in
Marmagen und Euskirchen. Crespin gab dabei zu bedenken, dass auf jedes
Rettungsfahrzeug acht bis zehn zusätzliche Rettungskräfte kämen.
Um den Rettungsdienst weiter zu optimieren würde voraussichtlich ab
März in den Rettungswagen, die in Rescheid, Tondorf, Marmagen und im
Münstereifeler Höhengebiet unterwegs seien auch das
Tele-Notarzt-System eingerichtet. Der Tele-Notarzt sitzt dabei in
Aachen und unterstützt die Rettungskräfte vor Ort bei schwierigen
Entscheidungen.
Anschließend moderierte der WDR-Journalist Sebastian Tittelbach eine
kleine Fragerunde, bei der auch Ersthelfer zu Wort kamen. Kerstin
Brandhoff, hauptamtliche Leiterin der DRK-Flüchtlingsunterkunft in
Euskirchen, langjährige ehrenamtliche Helferin des Deutschen Roten
Kreuzes, Rettungsassistentin und stellvertretende
Kreisjugendfeuerwehrwartin sagte, das man mit einer missglückten
Rettung nur dann seelisch zurechtkomme, wenn man guten Gewissens von
sich sagen könne, man habe alles Menschenmögliche getan.
Martin Duske, hauptamtlicher Notfallsanitäter im Kreis Euskirchen und
gleichzeitig langjähriger ehrenamtlicher Helfer des Malteser
Hilfsdienstes, hob in diesem Zusammenhang hervor, wie wichtig auch die
Hilfe für den Helfer sei. „Ohne eine professionelle Unterstützung,
ohne Gespräche im Kollegenkreis verbrennt man bei dem Job ziemlich
schnell“, so Duske. Eine nicht erfolgreiche Kindesreanimation oder
der Suizid eines Jugendlichen seien auch für einen geübten
Ersthelfer nichts, was man einfach so wegstecke.
Bezüglich des Engagements der Krankenkassen für den Rettungsdienst
sagte Werner Haag, Unternehmensbereichsleiter der AOK
Rheinland/Hamburg: „Der Rettungsdienst ist der Schlüssel für die
weitere Lebensqualität des Patienten.“ Er machte aber darauf
aufmerksam, dass der Notruf zu oft von Bagatellfällen missbraucht
werde. Nur wenige wüssten, dass auch ein ärztlicher Notdienst unter
der Telefonnummer 116117 bereitstehe, wo man sich bei kleineren
Verletzungen melden könne. Nicht immer müsse es gleich der
Rettungsdienst sein, nur weil man sich in den Finger geschnitten habe.
Zuletzt stellte Dr. Hans-Josef Bastian seine ehrenamtliche Hilfe für
Menschen ohne Krankenversicherung vor. Die „Malteser Migranten
Medizin“ klingt zwar so, als sei sie vor allem für Flüchtlinge
eingerichtet worden, doch dies sei ein Irrtum. „Zu uns können alle
Menschen kommen, die nicht krankenversichert sind“, so Bastian.
Zunächst versuche man den Menschen direkt vor Ort in einem dafür zur
Verfügung gestellten Raum des Marienhospitals zu helfen. Wenn dies
nicht möglich sei, werde der Patient an Ärzte weiter vermittelt, die
ebenfalls kostenlose Behandlungen durchführten. Selbst Operationen
seien ohne Krankenschein möglich. „Wir sind sehr gut vernetzt“,
berichtete Bastian, der die „Malteser Migranten Medizin“ derzeit
gemeinsam mit seiner Frau betreibt. Finanziert würde der Verein über
Spenden, denn allein ein notwendiger Krankenhausaufenthalt für einen
Nichtversicherten schlage schnell mal mit 600 Euro pro Tag zu Buche.
Auch ein Zahnarzt unterstütze die „Malteser Migranten Medizin“ im
Kreis Euskirchen.
„Wenn jemand zu uns kommt, dann helfen wir ihm. Dazu braucht er uns
nicht einmal mehr seinen Namen zu verraten“, so Bastian. Vermittelt
würden die Patienten meistens von der Caritas, den Tafeln oder den
Sozialämtern im Kreis. Dennoch sei es nicht immer leicht, an die
Patienten überhaupt heranzukommen, so dass Dr. Hans-Josef Bastian die
Zuhörer bat, die „Malteser Migranten Medizin“ bekannter zu
machen.
Musikalisch begleitet wurde der Neujahrsempfang von den jungen
Musikern und Musikerinnen des Jugendprojekts „Offbeat“, das im
vergangenen Jahr mit professionellen Trainern an ihren
schauspielerischen, tänzerischen und gesanglichen Fähigkeiten
gefeilt und das Gelernte einem begeisterten Publikum im City-Forum
präsentiert hatte. Gemeinsam mit dem Sänger und Pianisten Nico Gomes
sowie Achim Sondermann, zwei der Initiatoren des Projekts, das
maßgeblich von der Kreisparkasse Euskirchen gefördert worden war,
präsentierten die jungen Leute einige ihrer einstudierten Lieder. Mit
„Heimat“ zeigte der einstige „Voice of Germany“-Teilnehmer
Nico Gomez nicht nur, dass sein Herz immer noch für den Kreis
Euskirchen schlägt, sondern auch, dass er nach wie vor über eine
Stimme verfügt, die auch jenseits des Kreises Euskirchen längst
Gehör gefunden hat.
Dank sagte der Landrat abschließend den Mitarbeitern der
Kreisverwaltung, die die Großveranstaltung mit rund 400 Gästen
vorbereitet und organisiert hatten und vor allem den Landfrauen, die
traditionell für die Beköstigung der Gäste sorgten.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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