Zusammenarbeit mit Uni-Klinik Bonn
Starker Verbund gegen multiresistente Keime
Der Kreis Euskirchen ist nun Mitglied im „mre-netz regio rhein-ahr“. Landrat Markus Ramers begrüßt Zusammenarbeit mit Uni-Klinik Bonn
Kreis Euskirchen (red). Sie sind winzig klein, mit bloßem Augen nicht sichtbar – und können doch schwere Krankheiten verursachen. Bakterien gehören zu unserem Leben dazu, die meisten sind harmlos, andere nicht. Meist helfen Antibiotika gegen bakterielle Erkrankungen, allerdings gibt es immer mehr Bakterien, denen die Medikamente nichts anhaben können. Diese so genannten „multiresistenten“ Erreger bereiten den Medizinern große Sorgen. Der Kreis Euskirchen hat sich daher jetzt dem Verbund „mre-netz regio rhein-ahr“ angeschlossen, um in diesem Netzwerk gemeinsam Fortschritte in der Bekämpfung der multiresistenten Erreger zu erreichen.
Bei der Vertragsunterzeichnung betonte Landrat Markus Ramers, dass insbesondere die Corona-Pandemie gezeigt habe, wie wichtig eine Kooperation im Bereich des Infektionsschutzes sei. „Neben der eigenen Fachexpertise in den Gesundheitsämtern ist der fachliche Austausch mit der medizinischen Wissenschaft von großer Bedeutung. Wir sind sehr froh, dass wir künftig von der fachlichen Expertise des Hygiene-Institituts des Universitätsklinikums Bonn profitieren können.“
Übertragbare Infektionen und Seuchen stellen schon immer die größte Gefahr und die größte Herausforderung für die öffentliche Gesundheit dar. „Die Coronapandemie verdeutlicht, mit welcher rasanten Geschwindigkeit sich Infektionskrankheiten weltweit verbreiten können“, sagt Christian Ramolla, der Leiter des Kreis-Gesundheitsamtes. „Auch hat uns Corona gelehrt, dass Mikroorganismen, egal ob Bakterien, Viren oder Parasiten, in der Lage sind, sich an die Umgebung, den Menschen oder auch an Abwehrmaßnahmen anzupassen.“
Anfang der 2000er Jahre kam es durch zum Teil gedankenlosen Antibiotikaeinsatz zu einer zunehmenden Entwicklung von Antibiotikaresistenzen bei Bakterien. Hierbei entwickeln die Bakterien Abwehrmechanismen gegen eingesetzte Antibiotika, was schwerere Krankheitsverläufe und auch Todesfälle zur Folge hat. In der Folge wurde 2006 ein Strategiepapier durch die Gesundheitsministerkonferenz beschlossen, das eine bundesweite Gründung von regionalen Netzwerken zur Prävention von multiresistenten Erregern vorsah. In diesen Netzwerken kooperieren niedergelassene Ärzte, Kliniken, Krankenhäuser und der öffentliche Gesundheitsdienst mit dem Ziel, durch Hygienemaßnahmen und überlegten Antibiotikaeinsatz die multiresistenten Bakterien zurückzudrängen. Trotz großer Erfolge in der Forschung und in der Umsetzung der Schutzmaßnahmen erleiden deutschlandweit etwa 55.000 Patienten Infektionen mit multiresistenten Erregern, von denen jährlich rund 2.400 Menschen sterben.
Seit 2010 ist der Kreis Euskirchen im Infektionsschutznetzwerk „euPrevent“ organisiert. In dieser Zeit konnte durch Empfehlungen, Schulungen und Zertifizierungen viel erreicht werden. Allerdings hat die Coronapandemie verdeutlicht, dass neben den multiresistenten Keimen auch weitere Erreger eine Gefahr für die Bevölkerung darstellen können. Angefangen bei Umweltkeimen im Trinkwasser, über Legionellen in Kühlanlagen bis hin zu exotischen Erkrankungen, die durch Reisen eingeschleppt werden können, ist das Spektrum riesig.
Nachdem das Netzwerk „euPrevent“ sich ausschließlich der Prävention multiresistenter Keime verschrieben hat, hielten die Verantwortlichen im Kreishaus es für erforderlich, eine weitergehende Kooperation einzugehen. Das Infektionsschutznetzwerk „mre-netz regio rhein-ahr“ ist ein Zusammenschluss von zehn Kreisen, über 200 Pflegeeinrichtungen und 80 Kliniken mit dem Institut für Hygiene und öffentliche Gesundheit des Universitätsklinikums Bonn. Neben der Eindämmung multiresistenter Keime bildet insbesondere die Unterstützung der Kreise bei infektionsmedizinischen Notlagen einen Schwerpunkt.
„Pest, Lepra und Ebola kommen in Westeuropa zwar nur extrem selten vor, stellen dann jedoch die Mitarbeiter des Infektionsschutzes vor große Herausforderungen. Anders als beispielsweise bei Polizei und Feuerwehr gibt es im Infektionsschutz keine überörtliche Hilfe“, so Christian Ramolla. „Die Akteure vor Ort müssen eigenständig Betroffene nach bestem Wissen beraten und Schutzmaßnahmen einleiten. Die Unterstützung der behandelnden Ärzte, das Suchen nach geeigneten Laboratorien und die Planung geeigneter Schutzmaßnahmen stellen gerade bei exotischen Erkrankungen eine besondere Herausforderung dar.“
In all diesen Situationen hilft das „mre-netz regio rhein-ahr“ tatkräftig. So bietet das Netzwerk nicht nur Zertifizierungen für beteiligte Pflegeeinrichtungen und Kliniken oder führt Fortbildungen durch, sondern bietet fachliche Beratung und Unterstützung bei allen infektionsmedizinischen Notlagen. Darüber hinaus unterstützen die Kollegen der Uniklinik Bonn auch Bürger, die spezielle Fragen zu Infektionserkrankungen, zur Hygiene oder Behandlungsmöglichkeiten haben.
Mit der Stärkung des Schwerpunktes infektionsmedizinische Gefahrenabwehr, dem Anschluss an das „mre-netz regio rhein-ahr“ und der in den kommenden zwei Jahren digitalen Transformationen des Gesundheitsamtes baut der Kreis Euskirchen neue Strukturen auf, die auch überregionalen Modellcharakter besitzen. Bürger und Mitarbeiter des Gesundheitsamtes profitieren zukünftig von diesen Neuerungen nicht nur beim Auftreten exotischer oder komplizierter Infektionen, sondern vor allem durch einen schnelleren und verlässlichen Zugang zu Informationen zu interessanten Hygienethemen.
Redakteur/in:Holger Slomian aus Pulheim |
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