Caritas Betreuungsvereine
Steigender Bedarf bei sinkenden Zuschüssen
KREIS EUSKIRCHEN - (bp). „Wenn ich den Betreuungsverein nicht gehabt hätte, wäre
ich heute noch obdachlos", sagt Heinz Breuer, der im Jahr 2000 nach
einem Schlaganfall seinen Beruf in einer großen Kölner Brauerei
nicht mehr ausüben konnte. „Mein ganzes Leben geriet aus den
Fugen", erzählt er heute. Er begann zu spielen, konnte Miete und
Stromrechnungen nicht mehr bezahlen. Das Familienleben begann zu
leiden, irgendwann sah sich sein Sohn der Situation nicht mehr
gewachsen.
Als der Betreuungsverein der Caritas für Heinz Breuer zuständig
wurde, war er ohne festen Wohnsitz und stand buchstäblich auf der
Straße. Wilfried Schmitz, Berufsbetreuer bei der Caritas Euskirchen,
kümmerte sich zunächst um die nötigsten Dinge: „Herr Schmitz
brauchte eine Wohnung und der Kühlschrank musste gefüllt werden."
Wichtig war ihm - neben der Unterstützung bei
Behördenangelegenheiten und beim Umgang mit seinen Finanzen - dass
man ins Gespräch kam und die nötigen Dinge gemeinsam auf den Weg
brachte.
Als Heinz Breuer hörte, dass die Caritas mit dem
Bundestagsabgeordneten Detlef Seif im „Café Insel" über die Arbeit
des Betreuungsvereins sprechen wird, war ihm wichtig, seine Geschichte
zu erzählen: „Sie haben mir geholfen, dann helfe ich ihnen, wenn
ich kann."
Denn Hilfe kann die Caritas - wie fast alle Betreuungsvereine in
Deutschland - laut Caritas-Vorstand Franz Josef Funken gut gebrauchen.
„Seit 2005 sind die Pauschalen für die Arbeit unserer gesetzlichen
Betreuer nicht erhöht worden", berichtet Funken. Dies führe zu
massiven Problemen. „Wir erwarten für das laufende Jahr ein Defizit
in Höhe von 50.000 Euro, welches wir aus Eigenmitteln ausgleichen
müssen", so der Caritas-Chef.
Dazu Detlef Seif, mit dem die Caritas bereits vor rund zwei Jahren
wegen dieser Problematik in Kontakt trat: „Das bestehende Modell
bedarf einer Überarbeitung. Wir haben in Berlin eine Studie zur
gesetzlichen Betreuung auf den Weg gebracht. Das Gesamtergebnis
erwarten wir für Mitte 2017, die Vergütungsfrage wird mit Priorität
bearbeitet. Hier werden für Ende 2016 Ergebnisse erwartet." Dieses
Vorgehen sei notwendig, um auf Grundlage fundierter Daten und
Erkenntnisse zukunftsfähige Lösungen für die gesetzliche Betreuung
auf den Weg zu bringen, zumal einem entsprechenden Gesetz die Länder
im Bundesrat zustimmen müssten.
Dies sei laut Funken auch dringend erforderlich. Allein im Kreisgebiet
haben in den vergangenen Jahren zwei Betreuungsvereine freier Träger
ihren Dienst eingestellt. „Wenn die Betreuungsvereine verschwinden,
stehen die ehrenamtlichen Betreuer ohne Hilfe und Begleitung da",
erklärt Schmitz. „Der Staat ist haushaltspolitisch dumm, wenn er
hier nicht nachbessert, denn ohne Ehrenamt wird es für die
Gesellschaft teurer", ist Seif überzeugt.
Denn neben den eigentlichen Betreuungen leisten Betreuungsvereine so
genannte Querschnittsaufgaben. Diese umfassen Maßnahmen, um es gar
erst nicht zu einer Betreuung kommen zu lassen, sowie die Gewinnung,
Qualifizierung, Beratung und Begleitung von ehrenamtlichen Betreuern.
Diese fördern der Kreis Euskirchen jährlich mit über 10.000 Euro
und das Land mit 8000 Euro. „Der Kreis Euskirchen ist hier
beispielhaft", betont Funken.
Rund 30 ehrenamtliche Betreuer unterstützt die Caritas Euskirchen in
ihrer Arbeit. Maggie Flacke ist eine von ihnen. In den vergangenen 25
Jahren hat sie fünf psychisch erkrankte Frauen betreut. Sie ist
überzeugt, dass ehrenamtliche Betreuer auf die Unterstützung durch
Betreuungsvereine angewiesen sind. Neben rechtlichen und
verwaltungstechnischen Problemen sei gerade die Möglichkeit des
Austauschs in schwierigen moralischen Fragen für sie eine große
Hilfe: „Eine von mir betreute Frau hatte Brustkrebs. Ich sollte
entscheiden, ob die Brust abgenommen oder erhalten wird."
„Besonders das Ehrenamt muss noch besser gestellt werden. Die
Querschnittsaufgaben sollten ausgebaut und nachvollziehbarer
finanziert werden", betont Seif mit Blick auf die Bundesländer. Zumal
sich das Klientel der Betreuten laut Maggie Flacke im Wandel befinde:
„Die Menschen, die auf unsere Hilfe angewiesen sind, werden jünger
und haben heute mehr Probleme als früher."
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.