Neujahrsempfang des Kreises
Thema Pflege im Mittelpunkt

Interessante Runde auf dem Podium im Kreishaus (v.l.): Johannes Klockenbrink, Dr. Frauke Hartung (verdeckt), Franzi Udelhofen, Hermann Gemke, Michael Treutler und NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann. | Foto: Torsten Beulen
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  • Interessante Runde auf dem Podium im Kreishaus (v.l.): Johannes Klockenbrink, Dr. Frauke Hartung (verdeckt), Franzi Udelhofen, Hermann Gemke, Michael Treutler und NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann.
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Kreis Euskirchen - Pflege - irgendwann kommt dieses Thema auf jeden zu. Entweder, weil
man selbst Pflege benötigt! Oder aber, weil jemand aus dem
persönlichen Umfeld auf pflegerische Hilfe angewiesen ist. Landrat
Günter Rosenke hat „Die Zukunft der Pflege im Kreis Euskirchen“
in diesem Jahr zum Kernthema seines Neujahrsempfangs gemacht.

Klingt nach einer drögen Veranstaltung! Doch das war der 25.
Neujahrsempfang des Kreises Euskirchen ganz und gar nicht. Im
Gegenteil: Um das Thema Pflege in all seinen Facetten beleuchten zu
können, hatte Rosenke nicht nur mit NRW-Gesundheitsminister
Karl-Josef Laumann einen ausgewiesenen Experten und brillanten
Gastredner nach Euskirchen eingeladen, auch die Zusammenstellung der
Diskussionsrunde war gut gewählt.

Neben Minister Laumann nahmen die in der Ausbildung zur Altenpflegerin
befindliche Franzi Udelhofen, der examinierte Altenpfleger Johannes
Klockenbrink, der pflegende Angehörige Michael Treutler, die Oberin
der DRK-Schwesternschaft Bonn, Dr. Frauke Hartung, und Hermann Gemke,
Geschäftsführer des Kreiskrankenhauses Mechernich, auf dem Podium
Platz.

In seiner Begrüßungsansprache wusste Rosenke den rund 350 geladenen
Gästen zu berichten, dass es in NRW derzeit etwa 770.000
pflegebedürftige Menschen gibt, darunter mehrere tausend im Kreis
Euskirchen. Tendenz steigend! Um auch in Zukunft den Bedarf an
Pflegeplätzen abzudecken, müssten, so der Landrat, „mehr Alten-
und Pflegeheime gebaut werden“. Noch wichtiger sei aber, dass auch
mehr Pflegefachkräfte ausgebildet werden. Denn: „Was nützt das
schönste Zimmer, wenn niemand da ist, der sich um ältere Menschen
kümmert und sich Zeit für sie nimmt.“

Rosenke sprach sich deshalb für eine kreiseigene Pflegeschule aus.
Solch eine Einrichtung sei ein weiterer wichtiger Baustein, um die
Ausbildung für den Pflegeberuf im Kreis Euskirchen attraktiver zu
gestalten. Zwar gebe es im Kreis Euskirchen bereits hervorragende
Ausbildungsträger in den Pflegeberufen, doch „wir müssen insgesamt
unsere Kapazitäten ausbauen, um dem Fachkräftemangel vorzubeugen.“

Ob eine derartige Pflegeschule im Kreis Euskirchen sinnvoll sei, wolle
er an dieser Stelle nicht sagen, erklärte NRW-Gesundheitsminister
Laumann anschließend. Fakt sei aber, dass die Zahl der
pflegebedürftigen Menschen im Kreis in den kommenden 30 bis 35 Jahren
jährlich um 150 bis 180 steigen werde. „Das bedeutet, dass wir
jedes Jahr 70 bis 80 zusätzliche Pflegekräfte brauchen“, so
Laumann. Deshalb sei es wichtig, dass jeder, der einen Pflegeberuf
erlernen wolle, auch einen Ausbildungsplatz erhalte.

„Wir müssen die Pflege dahin bringen, wo die betroffenen Menschen
sie haben wollen“, sagte Laumann weiter. Deshalb sei er froh, dass
die Pflegeversicherung das Geld bereitstelle, die Menschen aber selbst
entscheiden könnten, ob sie ambulant, stationär, teilstationär oder
von Angehörigen gepflegt werden möchten. Vor allem für letzteren
Fall gab es von Laumann am Ende seines launigen Vortrags dann noch
einen Tipp: „Es macht großen Sinn, so zu leben, dass es, wenn man
alt ist, noch ein paar Menschen gibt, die einen mögen.“

Bei der anschließenden, von Sebastian Tittelbach moderierten
Podiumsdiskussion, sprach sich Laumann vehement für die Schaffung
einer Pflegekammer als Interessensvertretung für alle Menschen aus,
die in Pflegeberufen tätig sind. Mit rund 1,3 Millionen Mitgliedern,
einer noch nie da gewesenen Größe einer Berufsvertretung, könne
diese maßgeblich Einfluss auf bundespolitische Themen nehmen und so
die Anliegen dieses Berufsstandes und die Anliegen der
Pflegeempfänger bestmöglich vertreten.

Möglicherweise würden sich damit auch die Arbeitsbedingungen für
Franzi Udelhofen und Johannes Klockenbrink verbessern. Beide - das
wurde im Interview deutlich - üben ihren Beruf mit großer
Leidenschaft aus. „Man bekommt von den Menschen unheimlich viel
zurück“, berichtete die 19 Jahre alte Auszubildende. Deshalb sei es
schade, dass der Pflegeberuf in den Medien häufig zu negativ
dargestellt werde. Klockenbrink kritisierte vor allem die enge Taktung
seines Jobs. Mitunter habe er nur etwa fünf Minuten Zeit für einen
Besuch. „Manchmal bleibe ich aber länger“, gestand er, „denn
häufig ist das der einzige Kontakt für diese Menschen.“

Sehr bewegend war, was Michael Treutler aus seinem Alltag als
pflegender Angehöriger zu berichten hatte, dessen Frau an Multipler
Sklerose (MS) erkrankt ist. Seit fünf Jahren pflegt er sie - und zwar
rund um die Uhr. Vor allem nachts, wenn er seine Frau wegen der
Druckstellen und der Schmerzen umlagern müsse, komme er schon mal an
die Grenze der Belastbarkeit. Um diese fortwährende Belastung
überhaupt aushalten zu können, gönnt sich der pensionierte
Bundeswehrsoldat zweimal im Jahr eine zweiwöchige Auszeit. Sofern
dies möglich ist, denn, so Treutler, „es herrscht ein großer
Mangel an Plätzen in der Kurzzeitpflege.“

Dr. Frauke Hartung warb ausdrücklich für den Pflegeberuf. „Der
Beruf ist anspruchsvoll, aber auch vielfältig“, so die Oberin der
DRK-Schwesternschaft Bonn, die auch in Euskirchen ausbildet. Wichtig
seien eine sehr ausgeprägte soziale Kompetenz und die Bereitschaft in
Beziehung zu gehen.

Sehr zu Freude von Gesundheitsminister Laumann kündigte Hartung an,
die Zahl der Ausbildungsplätze um ein Drittel zu erhöhen. Das
versprach auch Kreiskrankenhaus-Geschäftsführer Hermann Gemke:
„Wir können zeitnah von 75 auf 110 erhöhen.“

Bevor sich die Gäste mit den Köstlichkeiten der Eifeler Landfrauen
stärken konnten, oblag Landrat Günter Rosenke das Schlusswort eines
aufschlussreichen Abends, der musikalisch vom Jungen Chor „Feel the
Spirit“ umrahmt wurde. „Mein Respekt für die Menschen, die den
Pflegeberuf ausüben ist noch weiter gestiegen. Hier wird eine
unglaubliche wertvolle Arbeit geleistet“, sagte Rosenke und
kündigte an, in Kürze einen Tag als Pfleger arbeiten zu wollen.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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