Flüchtlingsgespräch
Viel Lob von der Landesmutter

Hannelore Kraft (r.) nahm sich viel Zeit für die Gespräche mit den Gasteltern und den jugendlichen Flüchtlingen, wie hier mit dem jungen Afghanen Jawid Ahmedi.  | Foto: Petra Grebe
  • Hannelore Kraft (r.) nahm sich viel Zeit für die Gespräche mit den Gasteltern und den jugendlichen Flüchtlingen, wie hier mit dem jungen Afghanen Jawid Ahmedi.
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KREIS EUSKIRCHEN - (pg). Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Gastfamilien
unterzubringen, das war die Idee von Kreisjugendamtsleiter Erdmann
Bierdel. Der Erfolg dieses Konzeptes - mehr als die Hälfte der jungen
Flüchtlingen leben im Kreis Euskirchen in Gastfamilien - drang bis
nach Düsseldorf und Ministerpräsidentin Hannelore Kraft wollte sich
vor Ort ein Bild machen.

Landrat Günter Rosenke hatte jetzt Gastfamilien zusammen mit ihren
Schützlingen ins Kreishaus eingeladen und Hannelore Kraft nahm sich
viel Zeit für die Gespräche. Rund zwei Stunden verbrachte sie in
Euskirchen, um mit den Jugendlichen und ihren neuen Familien zu
sprechen.

Bierdel hatte zunächst das Konzept vorgestellt. „Von Anfang an
stand bei uns nicht nur die Versorgung der Jugendlichen im
Mittelpunkt, sondern vielmehr die Frage der besten Integration", sagte
der Jugendamtsleiter. Die allermeisten unbegleiteten ausländischen
Minderjährigen bräuchten keine intensivpädagogischen Heime sondern
vielmehr vor allem ein Zuhause, Struktur und Zeit, meinte der
Jugendamtsleiter.

Im Herbst 2015 gab es einen Aufruf in den Medien „Minderjährige
Flüchtlinge - wer hilft", und die Resonanz überwältigte auch einen
erfahrenen Jugendamtsleiter wie Bierdel. 160 Menschen waren ins
Kreishaus gekommen und zeigten Interesse, ehrenamtlicher Vormund zu
werden oder sich als Gastfamilie zur Verfügung zu stellen. 80 Prozent
der Jugendlichen haben einen ehrenamtlichen Vormund, bei den
Gastfamilien sind es häufig die Gasteltern selbst.

Die Familie Haase-Rix aus Euskirchen ist eine von ihnen. Sie nahmen
den 15-jährigen Jawid Ahmedi aus Afghanistan bei sich auf. Das
Ehepaar hatte die Infoveranstaltung besucht und sich anschließend mit
ihren drei Töchtern beraten. Der Familienrat kam schnell zu dem
Schluss: Das machen wir!

Seit Februar lebt Jawid nun in der Familie und fühlt sich sichtlich
wohl. Es sei eine große Veränderung gewesen, meinte die 16-jährige
Rebecca, man hätte ihn ja nicht gekannt, aber man habe sich schnell
aneinander gewöhnt. Auf die Frage der Ministerpräsidentin, was er
denn in zehn Jahren machen wolle, antwortete der junge Afghane: etwas
mit Elektrik.

Mutter Petra Haase-Rix meinte, es habe auf beiden Seiten Kompromisse
gegeben, doch der Entschluss, den Jungen aufzunehmen, sei richtig
gewesen.

Auch Familie Reinartz hatte sich angesprochen gefühlt und den
17-jährigen Syrer Mahmoud Kahveci bei sich aufgenommen. Am Anfang sei
er noch sehr zurückhaltend gewesen, doch inzwischen klappt es immer
besser mit dem Deutsch und die Integration in die Familie schreitet
voran. Ein Vorteil sei, dass ihre Kinder noch sehr klein seien und
selbst noch in der Spracherwerbsphase seien, erzählten die Gasteltern
schmunzelnd. Mahmoud liebe es, mit den Kleinen Kindersendungen im
Fernsehen zu gucken.

Eine weitere Vorliebe des jungen Syrers, der in Damaskus sein Abitur
gemacht hat, kommt allen in der Familie zu Gute: „Er kocht gerne",
sagte Maria Reinartz lachend. Auch ihn fragte Hannelore Kraft, worin
er seine Zukunft sehe. Er wolle IT-Ingenieur werden, meinte der junge
Mann.

Die Ministerpräsidentin zeigte sich tief beeindruckt von den
Gesprächen an diesem Vormittag. Für diese Termine liebe sie ihren
Beruf, dass sie reinschauen dürfe, meinte Kraft. „Wir tun alles
dafür, dass diejenigen, die diesen schweren Gang machen mussten, sich
im Kreis Euskirchen wohlfühlen", sagte Landrat Günter Rosenke. Er
habe an diesem Vormittag öfter den Satz „Wir fühlen uns wohl"
gehört.

„Der Kreis Euskirchen hat gute Strukturen geschaffen", lobte Kraft
das Gasteltern-Modell und die Mitarbeiter in der Verwaltung. Wer
negativ gegenüber Flüchtlingen eingestellt sei, habe meist keinen
Kontakt zu ihnen. Hier habe sie jedoch das Gefühl bekommen, dass man
vielmehr schaffen könne, als man sich noch im Herbst vorigen Jahres
habe vorstellen können.

Es werden auch weiterhin noch Gastfamilien gesucht. Bei Interesse
stehen Jugendamtsleiter Erdmann Bierdel (Tel. 02251 15641, oder per
E-Mail an erdmann.bierdel@kreis-euskirchen.de) sowie der Leiter der
Sozialen Dienste, Benedikt Hörter (Tel. 02251 15639, oder per
E-Mail an benedikt.hoerter@kreis-euskirchen.de) zur Verfügung.

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