AOK-Gesundheitsreport
Viel Nachholbedarf bei der Vorsorge
Kreis Euskirchen - Mit dem Gesundheitsreport möchte die AOK Rheinland/Hamburg
alljährlich einen Beitrag zur gesundheitspolitischen Diskussion
leisten. Denn aus dem umfassenden Datenmaterial lassen sich
Handlungsbedarfe ableiten - und zwar direkt vor Ort, aber auch für
die Politik.
Für den Kreis Euskirchen darf die Aussagekraft des Gesundheitsreports
durchaus als hoch bezeichnet werden. Immerhin ist die AOK mit rund
67.000 Versicherten und einem Marktanteil von rund 32 Prozent die
größte regionale Krankenkasse vor Ort und verfügt damit über
belastbare Daten. Die Ergebnisse des Gesundheitsreports für den Kreis
Euskirchen stellte Helmut Schneider, Chef der AOK-Regionaldirektion
Rhein-Erft-Kreis/Kreis Euskirchen, jetzt zusammen mit der Nicole Bauer
vom Fachservice Marketing und Vertrieb der hiesigen Regionaldirektion
vor.
Erstmals wurde im aktuellen Gesundheitsreport das Thema Zahngesundheit
betrachtet. Aus den vorliegenden Zahlen geht hervor, dass die
Zahngesundheit und Zahnvorsorge in direktem Zusammenhang zum
sozioökonomischen Status der Versicherten steht. „Je geringer das
Einkommen ist, desto seltener werden die zahnärztlichen
Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch genommen“, berichtet Helmut
Schneider.
Gleiches gilt für die Versiegelung der ersten und zweiten großen,
bleibenden Backenzähne, der so genannten Molaren, bei
Minderjährigen. Verstehen kann es der Gesundheitsexperte freilich
nicht, denn dabei handelt es sich um eine Leistung, deren Kosten die
gesetzliche Krankenkasse übernimmt. Schneider: „Man muss nur
hingehen und es machen lassen.“
Ein weiteres Thema des diesjährigen AOK-Gesundheitsreports ist die
Pflegebedürftigkeit im Kreis Euskirchen. Demnach ist die Zahl der
pflegebedürftigen Personen zwischen Weilerswist und Losheim höher
als in allen Regionen im Gebiet der AOK Rheinland/Hamburg. Im Kreis
Euskirchen sind 5653 Menschen je 100.000 Einwohner pflegebedürftig,
in Köln beispielsweise nur 3383. Der Durchschnitt liegt bei 4247.
Auch bei der Zahl der Menschen die in einer stationären
Pflegeeinrichtung leben, belegt der Kreis Euskirchen mit 1248 je
100.000 Einwohner die Spitzenposition. Helmut Schneider kritisierte in
diesem Zusammenhang den Mangel an Plätzen in der Kurzzeitpflege:
„Das könnt deutlich besser sein.“
Besser, also in dem Fall geringer, könnte auch die Zahl der Menschen
sein, die an Lungenkrebs sterben. Nach Angaben des Statistischen
Landesamtes NRW sind im Jahr 2016 von 100.000 Einwohnern 88,9 daran
gestorben; bundesweit waren es „nur“ 55,7. Auch bei den
Herzerkrankungen als Todesursache liegt der Kreis Euskirchen mit 144,1
je 100.000 Einwohner in der Spitzengruppe. „Eine Erklärung dafür
habe ich nicht“, musste Helmut Schneider zugeben.
Außerordentlich gut schneidet der Kreis Euskirchen im neuen
AOK-Gesundheitsreport bei der Notversorgung von Herzinfarktpatienten
ab. Jeder Patient, der einen Herzinfarkt erleidet, kann im Krankenhaus
sofort an einem so genannten Linksherzkathetermessplatz versorgt
werden. Verbesserungsbedarf gibt es hingegen noch bei der
Notfallversorgung von Schlaganfallpatienten. Nur 86,2 Prozent können
umgehend in einer Stroke-Unit versorgt werden.
Durchaus Nachholbedarf gibt es nach Ansicht der AOK beim Thema
Prävention. Von 1000 Menschen sind im Kreis Euskirchen nur 236
Mitglieder in einem Sportverein. Damit liegt an direktionsweit zwar
über dem Durschnitt, aber noch weit entfernt von der Spitze, wo der
Kreis Kleve mit 313 rangiert. „Die Kinder sitzen heutzutage länger
in der Schule und am Computer. Ein Ausgleich ist deshalb umso
wichtiger“, weiß Helmut Schneider. „Denn mit einem gesunden und
trainierten Körper lernt es sich leichter.“
Noch schlechter schneidet der Kreis Euskirchen bei den
Vorsorgeuntersuchungen für Frauen und Männer im Alter von 35 bis 64
Jahren ab. Nur jede zweite Frau nimmt diese kostenlose Leistung in
Anspruch; bei den Männern sind es sogar nur 42,4 Prozent. Mit beiden
Werten liegt der Kreis ganz unten im Ranking. Auch die gynäkologische
Krebsfrüherkennungsuntersuchung wird nur von 47,7 Prozent aller
Frauen im Alter zwischen 20 und 64 Jahren wahrgenommen.
Noch einmal deutlich geringer ist die Zahl der Männer im Alter
zwischen 45 und 64 Jahren, die die urologische
Krebsfrüherkennungsuntersuchung in Anspruch nehmen: 19,3 Prozent. Und
die Darmkrebsvorsorge für Männer im Alter von 55 bis 59 Jahren
lassen gar nur 17,8 Prozent tatsächlich durchführen. „Männer sind
halt Untersuchungsmuffel“, so das Urteil von AOK-Regionalchef
Schneider.
Auch die Inanspruchnahme der Früherkennungsuntersuchungen für Kinder
und Jugendliche könnte im Kreis Euskirchen deutlich besser sein.
Während die zwischen dem 34. und 36. Lebensmonat anstehende U7a noch
bei 96,4 Prozent aller Kinder durchgeführt wird, sind es bei im Alter
von sieben bis acht Jahren fälligen U10 nur noch 56,6 Prozent. Und
bei der J1, die zwischen dem 13. und 15. Lebensjahr durchgeführt
werden sollte, sind es sogar nur noch 34,3 Prozent. Innerhalb der AOK
Rheinland/Hamburg liegt der Kreis Euskirchen damit auf dem
drittletzten Platz.
Ganz weit unten im Ranking liegt der Kreis auch beim Thema
Masernimpfung. Bei 92,8 Prozent aller Kinder wird die erste
Masernimpfung durchgeführt, jedoch nur noch bei 84,9 Prozent die
zweite, durch die erst der komplette Schutz vor einer Masernerkrankung
gewährleistet ist. „Das ist deutlich zu wenig“, sagt Helmut
Schneider. „Masern sind keine leichte Erkrankung, sondern sie kann
sogar tödliche Folgen haben. Das Impfrisiko ist im Vergleich zu dem,
was aus einer Masernerkrankung erwachsen kann, nicht
erwähnenswert.“
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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