Nordeifelwerkstätten
Wechsel in der Geschäftsführung
Kreis Euskirchen - (epa). Bei den gut 1200 Menschen mit Behinderung sowie 300
Mitarbeitern, die bei den Nordeifelwerkstätten (NEW) und in deren
Tochterunternehmen tätig sind, hat es sich längst rumgesprochen: Der
Chef geht in den Ruhestand.
Für viele war die Nachricht einfach undenkbar, denn wenn Wilhelm
Stein hat die Geschicke des Unternehmens 37 Jahre lang geleitet, und
das von Anfang an als ihr Geschäftsführer. Ein anderer Chef ist für
die meisten Beschäftigten sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter also
nur schwer vorstellbar.
Der gebürtige Kölner machte zunächst eine Ausbildung in einer
Steuerberaterkanzlei, da ihm der Umgang mit Zahlen und die Beratung
von Menschen Freude machten. Dann schloss sich ein Studium der Volks-
und Betriebswirtschaft an der Uni Köln an. In seinem Studium legte er
dann seinen Schwerpunkt auf die Gemeinwirtschaft. Sein Ziel war es
immer, einerseits wirtschaftlich zu arbeiten und damit Wohlstand zu
schaffen, andererseits dafür zu sorgen, dass alle und nicht nur
wenige etwas von dem Erfolg einer Firma haben.
Im Sozialbereich sammelte er erste berufliche Erfahrungen bei einer
DRK-Einrichtung und bei einem Krankenhausträger. Stein: „An
Menschen mit Behinderung habe ich damals noch gar nicht gedacht.“ Er
bewarb sich aber dann auf eine Stellenanzeige der „Werkstatt für
Behinderte im Kreis Euskirchen“, dem Vorläufer der NEW, die gerade
eine kleine Werkstatt in Ülpenich mit 150 Werkstattplätzen eröffnet
hatte und übernahm am 1. September 1982 dort die Leitung. Er
initiierte schon bald eine Entwicklung, innerhalb derer aus einer
kleinen Behindertenwerkstatt im Kreis Euskirchen eine facettenreiche,
überregional bekannte Unternehmensgruppe mit einem breiten
Dienstleistungs- und Arbeitsangebot für Personen mit Handicap wurde,
in der heute insgesamt rund 1500 Menschen arbeiten.
„Als ich damals in Ülpenich anfing, bemerkte ich sogleich, dass es
einen enormen Bedarf an weiteren Werkstattplätzen gab. Mir war klar,
dass wir weitere Standorte aufbauen mussten, um der Nachfrage gerecht
zu werden“, erinnert sich Stein, dessen 37-jährige Tätigkeit bei
NEW mit einer anhaltenden Bautätigkeit verbunden war: 1984 erwarben
die NEW ein leerstehendes Industriegebäude in Zingsheim, das nach
zweijähriger Bauzeit eine weitere Werkstatt mit 80 Arbeitsplätzen
bot. Diese wurde1992 um weitere 80 Arbeitsplätze erweitert. Im
Schreinereibereich wurden erste Saunakabinen als Eigenprodukt der
Nordeifelwerkstätten hergestellt, die zunächst an Baumärkte und
später über Fachhändler vertrieben wurden.
2002 wurde dort eine neue Holzfertigungswerkstatt errichtet, 2009 um
eine weitere Werkhalle erweitert. Am Standort Zingsheim stehen damit
heute 250 Werkstattplätze zur Verfügung. Zwischenzeitlich wurde auch
die Ülpenicher Werkstatt 1990 und 1999 in zwei Bauabschnitten auf 330
Plätze erweitert.
1997 wurde im ehemaligen belgischen Kasino in Euskirchen eine
Werkstatt für Menschen mit psychischen Erkrankungen und Behinderungen
mit zunächst 60 Werkstattplätzen eröffnet. Der Zuspruch war so
enorm, dass eine Erweiterung notwendig wurde, die man in
Euskirchen-Kuchenheim umsetzte: Nach 18-monatiger Bauzeit konnte der
neue Standort mit 85 Plätzen fertiggestellt und eingeweiht werden.
Die Werkstatt wurde durch den Neubau weiterer Hallen und die Anmietung
von Nachbargebäuden bis heute auf 300 Plätze erweitert.
1995 mieteten die NEW einen leerstehenden Betrieb im Kaller
Gewerbegebiet an und eröffneten eine weitere Zweigwerkstatt (45
Plätze) für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen. Die
Werkstatt wurde durch Anbauten in 2000 und den Bau einer Werkhalle in
2014/2015 stetig erweitert.
2009 wurde das Integrationsunternehmens „EuLog Service
gemeinnützige GmbH“ in Kuchenheim gegründet. Als weitere
Tätigkeitsfelder wurden in 2013 handwerkwerkliche Dienstleistungen
und in 2014 ein CAP-Lebensmittelmarkt in Kuchenheim aufgebaut. Es
arbeiten aktuell mehr als 50 Personen im Integrationsunternehmen.
2012 startete der Fachdienst „NEW-JOB“, der Außenarbeitsplätze
der NEW in Fremdunternehmen begleitet und betreut. Aktuell werden 30
Einzelarbeitsplätze und eine gleiche Anzahl von Praktika von vier
JOB-Coaches betreut. 2014 öffnete der Nahversorgungsmarktes
„NimmEssMit“ im Zentrum von Bad Münstereifel seine Pforten. Und
nicht zuletzt muss der auf gut 900 Quadratmeter angelegte neue
Heilpädagogische Arbeitsbereich in Zingsheim erwähnt werden, der im
vergangenen Jahr fertig gestellt wurde.
Für Stein gab es in seiner Tätigkeit viele Meilensteine. Besonders
viel Freude hatte er bei der Aufbauarbeit. Zu sehen, wie geplante
Dinge umgesetzt werden und erfolgreich funktionieren, waren für ihn
besondere Momente. Stolz ist er auch auf die vielen verschiedenen
Arbeitsplätze, die die NEW für Menschen mit Handicap bietet. Hierbei
hebt er die von NEW entwickelten Saunakabinen hervor, tolle und
hochwertige Eigenprodukte, die seit mehr als 30 Jahren erfolgreich
verkauft werden. Inzwischen ist NEW einer der großen Saunahersteller
in Deutschland und vertreibt seine Saunen bundesweit und in vielen
europäischen Nachbarländern.
Auch die Aktivitäten der Tochterunternehmen Eulog und Euskirchener
Integrationsförderungsgesellschaft und die Außenarbeitsplätze sieht
er als wichtige Weiterentwicklung der NEW. Es ist für Ihn aber
besonders schön zu sehen, wie sich die Beschäftigten in den
verschiedenen Bereichen immer weiterentwickeln und fachlich ebenso wie
in ihrer Persönlichkeit große Fortschritte machen.
Emotional am meisten bewegt hat Stein während seiner Dienstzeit der
Brand am 2. Juni 2011, als ein Feuer 3000 Quadratmeter Produktions-
und Lagerfläche mit Sanitär- und Sozialräumen am NEW-Standort
Ülpenich zerstörte, also an jenem Ort, an dem für Stein 1982 alles
begonnen hatte. „Wir haben damals sofort nach Lösungen gesucht und
waren bereits nach einer Woche an einem neuen Standort wieder
produktionsbereit“, erinnert sich Stein. Sehr viel Unterstützung
habe man dabei von den Industriepartnern, der Firma Miele in
Euskirchen und dem Zülpicher Unternehmen Vetter erfahren, die
Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt hätten und bei der
Einrichtung der Ersatzarbeitsplätze geholfen haben. Sogleich
kümmerte er sich auch um den Wiederaufbau der zerstörten Ülpenicher
Werkstatt, die bereits 2013 mit hellen, modernen Räumen
fertiggestellt wurde. Es sei damals eine tolle Gemeinschaftsleistung
gewesen, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bis heute sehr eng
zusammengeschweißt habe.
Mit der Suche nach einem neuen Geschäftsführer habe man es sich
nicht leicht gemacht, verriet Stein. Bereits vor zwei Jahren habe sich
der Verwaltungsrat mit dem Thema Nachfolge befasst und man habe sich
auch die Frage gestellt, ob nur ein einziger Geschäftsführerposten
für die Unternehmensgruppe noch angemessen sei. Man habe sich
schließlich für eine Doppelspitze entschieden und dem neuen
Geschäftsführer den langgedienten Verwaltungsleiter Wilfried Fiege
zur Seite gestellt, zumindest für die nächsten drei Jahre, bis auch
Fiege in den Ruhestand geht. Fiege ist bereits seit 34 Jahren bei den
NEW und kennt als bisheriger Verwaltungsleiter und Prokurist die
Abläufe des Unternehmens aus dem Effeff.
Über einen Dienstleister habe man schließlich eine Ausschreibung
für den neuen Geschäftsführerposten erstellt. „Wir wollten auf
jeden Fall wieder jemanden mit einem betriebswirtschaftlichen und
kaufmännischen Hintergrund, da bei NEW ein Budget von mehr als 40
Millionen Euro im Jahr zu erwirtschaften ist und Geschäfts- und
Finanzierungsprozesse zu steuern sind“, berichtete Stein. Aber auch
die menschliche Komponente sei sehr wichtig gewesen. Man sei sich
sicher, mit Georg Richerzhagen den Menschen gefunden zu haben, der
allen Anforderungen gerecht werde. Zudem stehe ihm ein
hochprofessionelles Leitungsteam zur Seite, das über die notwendigen
pädagogischen und sozialen Fachkenntnisse und Erfahrungen für die
Begleitung von Menschen mit Behinderung verfüge.
Der 50-jährige Richerzhagen stammt genau wie Wilhelm Stein gebürtig
aus Köln und lebt seit 2000 mit seiner Frau und seinen drei Kindern
in Euskirchen. Der neue Geschäftsführer der NEW, der seit dem 1.
Juni im Amt ist, ist studierter Diplom-Kaufmann und arbeitete mehr als
zehn Jahre in einem großen Keramikunternehmen, wo er sich vom
Assistenten des Vorstandsvorsitzenden zum Leiter Konzerncontrolling
entwickelte. Seit 2006 war er Geschäftsführer in drei weiteren
Keramikbetrieben und arbeitete unter anderem in Sachsen, Bayern und
Mecklenburg-Vorpommern. „Aber keine Sorge“, scherzte er, „ich
möchte bei den NEW keine Töpferwerkstatt aufbauen.“
Richerzhagen sieht sich in erster Linie als Kaufmann, auch wenn er die
Geschäftsführung in einer sozialen Einrichtung ganz bewusst gesucht
habe. Seine ersten Eindrücke bei den NEW beschreibt er so: „Hell,
freundlich, aufgeräumt, offen - und vor allem ist alles sehr
professionell.“ Man habe ihn mit offenen Armen empfangen und er
hoffe, die Erfolgsgeschichte der NEW fortsetzen zu können.
„Zunächst aber muss ich mich hier noch zurechtfinden und viele
Leute kennenlernen“, sagte er, „es ist unglaublich, wie Herr Stein
fast jede Mitarbeiterin und jeden Mitarbeiter mit Namen ansprechen
kann und bei unseren Runden durchs Unternehmen offen für jedes
Gespräch ist.“ Er selber sehe sich als Teil eines Teams und sei von
seinen hochmotivierten Mitarbeitern schon jetzt begeistert.
Einig sind sich der alte und der neue Geschäftsführer darin, dass es
in einem Unternehmen besonders wichtig ist, das menschliche Potenzial
der Mitarbeiter zu erkennen und zu nutzen. „Arbeit sollte nicht nur
als Motivation für ein Einkommen dienen“, sagte Stein, sondern
jeder müsse sich auch einbringen dürfen. Dem pflichtete Richerzhagen
bei: „Man muss Menschen sich entwickeln lassen, ihnen Raum geben und
sie auch ins Rampenlicht stellen, wenn sie etwas gut gemacht haben.
Dadurch wachsen sie und geben dem Unternehmen durch ihre Zufriedenheit
wieder sehr viel zurück.“
So ganz will es allerdings mit dem Ruhestand bei Wilhelm Stein noch
nicht klappen. Zwar freut er sich, jetzt mehr Zeit für seine Familie
und vor allem seine Enkelkinder zu haben und der Familie, die bislang
immer auf ihn Rücksicht nehmen musste, etwas Zeit zurückgeben zu
können, doch dann fällt ihm ein, dass er schon bald dringend nach
Odessa reisen muss, denn dort unterstützt er gemeinsam mit der
Friedrich-Haass-Gesellschaft eine Behindertenwerkstatt. Und ja, sein
Ehrenamt bei der Lebenshilfe will er selbstverständlich auch weiter
fortsetzen.(epa) NEW-Geschäftsführer Wilhelm Stein geht nach 37
Jahren in den Ruhestand.
Bei den gut 1200 Menschen mit Behinderung sowie 300 Mitarbeitern, die
bei den Nordeifelwerkstätten (NEW) und in deren Tochterunternehmen
tätig sind, hat es sich längst rumgesprochen: Der Chef geht in den
Ruhestand. Für viele war die Nachricht einfach undenkbar, denn wenn
Wilhelm Stein hat die Geschicke des Unternehmens 37 Jahre lang
geleitet, und das von Anfang an als ihr Geschäftsführer. Ein anderer
Chef ist für die meisten Beschäftigten sowie Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter also nur schwer vorstellbar.
Der gebürtige Kölner machte zunächst eine Ausbildung in einer
Steuerberaterkanzlei, da ihm der Umgang mit Zahlen und die Beratung
von Menschen Freude machten. Dann schloss sich ein Studium der Volks-
und Betriebswirtschaft an der Uni Köln an. In seinem Studium legte er
dann seinen Schwerpunkt auf die Gemeinwirtschaft. Sein Ziel war es
immer, einerseits wirtschaftlich zu arbeiten und damit Wohlstand zu
schaffen, andererseits dafür zu sorgen, dass alle und nicht nur
wenige etwas von dem Erfolg einer Firma haben.
Im Sozialbereich sammelte er erste berufliche Erfahrungen bei einer
DRK-Einrichtung und bei einem Krankenhausträger. Stein: „An
Menschen mit Behinderung habe ich damals noch gar nicht gedacht.“ Er
bewarb sich aber dann auf eine Stellenanzeige der „Werkstatt für
Behinderte im Kreis Euskirchen“, dem Vorläufer der NEW, die gerade
eine kleine Werkstatt in Ülpenich mit 150 Werkstattplätzen eröffnet
hatte und übernahm am 1. September 1982 dort die Leitung. Er
initiierte schon bald eine Entwicklung, innerhalb derer aus einer
kleinen Behindertenwerkstatt im Kreis Euskirchen eine facettenreiche,
überregional bekannte Unternehmensgruppe mit einem breiten
Dienstleistungs- und Arbeitsangebot für Personen mit Handicap wurde,
in der heute insgesamt rund 1500 Menschen arbeiten.Mit der Suche nach
einem neuen Geschäftsführer habe man es sich nicht leicht gemacht,
verriet Stein. Bereits vor zwei Jahren habe sich der Verwaltungsrat
mit dem Thema Nachfolge befasst und man habe sich auch die Frage
gestellt, ob nur ein einziger Geschäftsführerposten für die
Unternehmensgruppe noch angemessen sei. Man habe sich schließlich
für eine Doppelspitze entschieden und dem neuen Geschäftsführer den
langgedienten Verwaltungsleiter Wilfried Fiege zur Seite gestellt,
zumindest für die nächsten drei Jahre, bis auch Fiege in den
Ruhestand geht. Fiege ist bereits seit 34 Jahren bei den NEW und kennt
als bisheriger Verwaltungsleiter und Prokurist die Abläufe des
Unternehmens aus dem Effeff.Über einen Dienstleister habe man
schließlich eine Ausschreibung für den neuen Geschäftsführerposten
erstellt. „Wir wollten auf jeden Fall wieder jemanden mit einem
betriebswirtschaftlichen und kaufmännischen Hintergrund, da bei NEW
ein Budget von mehr als 40 Millionen Euro im Jahr zu erwirtschaften
ist und Geschäfts- und Finanzierungsprozesse zu steuern sind“,
berichtete Stein. Aber auch die menschliche Komponente sei sehr
wichtig gewesen. Man sei sich sicher, mit Georg Richerzhagen den
Menschen gefunden zu haben, der allen Anforderungen gerecht werde.
Zudem stehe ihm ein hochprofessionelles Leitungsteam zur Seite, das
über die notwendigen pädagogischen und sozialen Fachkenntnisse und
Erfahrungen für die Begleitung von Menschen mit Behinderung
verfüge.Der 50-jährige Richerzhagen stammt genau wie Wilhelm Stein
gebürtig aus Köln und lebt seit 2000 mit seiner Frau und seinen drei
Kindern in Euskirchen. Der neue Geschäftsführer der NEW, der seit
dem 1. Juni im Amt ist, ist studierter Diplom-Kaufmann und arbeitete
mehr als zehn Jahre in einem großen Keramikunternehmen, wo er sich
vom Assistenten des Vorstandsvorsitzenden zum Leiter
Konzerncontrolling entwickelte. Seit 2006 war er Geschäftsführer in
drei weiteren Keramikbetrieben und arbeitete unter anderem in Sachsen,
Bayern und Mecklenburg-Vorpommern. „Aber keine Sorge“, scherzte
er, „ich möchte bei den NEW keine Töpferwerkstatt aufbauen.“
Richerzhagen sieht sich in erster Linie als Kaufmann, auch wenn er die
Geschäftsführung in einer sozialen Einrichtung ganz bewusst gesucht
habe. Seine ersten Eindrücke bei den NEW beschreibt er so: „Hell,
freundlich, aufgeräumt, offen - und vor allem ist alles sehr
professionell.“ Man habe ihn mit offenen Armen empfangen und er
hoffe, die Erfolgsgeschichte der NEW fortsetzen zu können.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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